Oktoberfest
daraus. Sehen Sie, die Wahl dieses Ziels hat keine persönlichen Gründe«, log er. »Ich habe das Ziel vielmehr nach dem Ausschlussverfahren ausgesucht. Ich brauchte einen überschaubaren Ort, an dem sehr viele Menschen zur gleichen Zeit in unterschiedlichen Räumen versammelt sind. Außerdem sollte dieser Ort idealerweise in einem reichen Land liegen, dessen Militär keinerlei Kampferfahrung hat. Kurzum, ich brauchte ein Land mit viel Geld und wenig Kampfgeist. Ein Land von wohlhabenden Weicheiern. Eine Nation von vollgefressenen Jammerlappen. Da blieb nur Deutschland übrig.« Blochin schwieg einige Sekunden. »Der Ort war dann schnell gefunden.« Wieder folgte eine kurze Pause. »Eine gute Wahl, finden Sie nicht?«, setzte er spöttisch hinzu.
22:18 Uhr
Brigadegeneral Xaver Moisadl betrat das Krankenzimmer des Amerikaners. Patrick McNamara hieß der Mann und war ein hoher Offizier der Marineinfanterie. Er war im Universitätskrankenhaus operiert worden. Die Ärzte hatten das Bein retten können. Ob das Kniegelenk allerdings seine volle Bewegungsfähigkeit wiedererlangen würde, war ungewiss. Nachdem er aus der Narkose erwacht war, hatte er verlangt, den Stadtkommandanten zu sprechen.
Die Ärzte hatten sich zunächst gesperrt. Er brauche jetzt Ruhe und solle sich nicht anstrengen.
Aber McNamara hatte darauf bestanden. Und er hatte verlangt, dass Moisadl Grundrisszeichnungen des Benediktiner-Zeltes mitbrachte.
Die Frau des Amerikaners, die neben seinem Bett gesessen hatte, stand auf und begrüßte Moisadl. Ihr Mann wandte den Kopf und nickte ihm zu. Dann hob er langsam eine Hand und winkte dem General, zu ihm zu kommen.
Moisadl trat neben das Bett und salutierte. Dann griff er nach der Hand des Mannes, die wieder auf die Bettdecke gesunken war, und drückte sie zur Begrüßung.
»Oberstleutnant McNamara, ich grüße Sie. Wie geht es Ihnen? Werden Sie gut behandelt? Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte er in fließendem Englisch mit bayerischem Akzent.
McNamara antwortete mit leiser, brüchiger Stimme. »Danke der Nachfrage, General. Es geht mir den Umständen entsprechend gut, wie man so sagt. Die Ärzte sagen, ich hätte Glück gehabt. Die inneren Verletzungen sind nicht so schwer wie ursprünglich angenommen.« Der amerikanische Offizier schluckte trocken und befeuchtete seine Lippen mit der Zunge, bevor er weitersprach.
»Ich habe verlangt, mit Ihnen zu reden, weil ich Ihnen meine Beobachtungen mitteilen wollte. Und nur Ihnen. Mit Ihnen kann ich von Soldat zu Soldat sprechen. So muss ich nicht alles noch erklären.« McNamara hustete und verzog das Gesicht. Sein Blick suchte nach dem Wasserglas auf seinem Nachttisch.
Die Frau hielt ihrem Mann das Glas hin. Mühsam hob er den Kopf und trank einige Schlucke. »Bitte, lass uns jetzt allein, Brighid.«
»Wie du willst, mein Liebling« Sie streichelte ihrem Mann zärtlich über die Stirn und wandte sich an Moisadl. »Ich warte vor der Tür. Und denken Sie daran, die Ärzte haben gesagt, er soll sich nicht anstrengen.«
Der General nickte. »Ich weiß.«
Die Frau verließ das Krankenzimmer. Die Tür fiel ins Schloss.
McNamara holte tief Luft. »Ich will versuchen, einen möglichst vollständigen Bericht zu liefern. Wegen der Schmerzmittel fällt es mir schwer, mich zu konzentrieren. Trotzdem will ich es versuchen.« Wieder ein tiefer Atemzug. »Sie haben es mit einer Kompanie Kommandosoldaten zu tun. Ich habe neunzig Mann gezählt. Im Zelt habe ich mit einem deutschen Professor gesprochen, der der Meinung war, es handele sich um Deutsche. Wir haben uns das beide nicht recht erklären können. Kann ja eigentlich nicht sein. Aber der Professor meinte, der Kommandeur spreche so gut Deutsch, dass es ausgeschlossen sei, dass es sich um einen Ausländer handelt. Er meinte, der Mann habe Redewendungen benutzt, die nur ein Muttersprachler kennt und benutzt. Auch die Bewaffnung spricht dafür. Die Männer tragen MP5s.«
Die Augen des Amerikaners wanderten wieder zu dem Glas. Moisadl reichte ihm das Wasser. Nachdem er einige Schlucke getrunken hatte, gab er dem General das Glas zurück. Moisadl nickte. »Das deckt sich mit den Erkenntnissen unserer Aufklärung.«
» Ihrer Aufklärung?« McNamara sah ihn verblüfft an. »So etwas haben Sie? Woher kommen diese Informationen?«
»Verdeckte Operateure. Mehr darf ich nicht sagen«, lautete die knappe Antwort.
Der Amerikaner nickte. »Verstehe. Haben Sie die Grundrisse dabei, um die ich gebeten hatte?«
Wortlos
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