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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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rollte Moisadl die Pläne des Benediktiner-Zeltes aus. Er zückte einen schwarzen Filzstift und sah den amerikanischen Offizier erwartungsvoll an.
    Der orientierte sich kurz auf dem Plan. »Insgesamt fünf MG-Stellungen. Russische Modelle. PKS. Hier, hier, hier, hier und hier.« Sein Finger deutete auf verschiedene Stellen des Grundrisses. Moisadl markierte die Positionen mit dem Stift.
    »Die beiden Dreier-Lafetten der Raketen stehen hier und hier. Sechs Scharfschützen.« Er zeigte Moisadl die Stellungen. »Acht stationäre Zweier-Posten.« Wieder glitt sein Finger über das Papier. Moisadls Stift folgte ihm.
    Dann ließ McNamara seinen Kopf auf das Kissen sinken. Sein Mund zeigte ein schwaches Lächeln. »Ach, und noch etwas, der Kommandeur kann seinen rechten Arm nicht mehr benutzen. Ich habe dem Bastard die Schulter ausgekugelt.«
    Moisadl grinste.
    »Eine schlimme Einschränkung für einen Wichser wie ihn.«
    Ein einzelner Lacher kam über die Lippen des Amerikaners. Sofort verzog sich sein Gesicht. »Verdammt! Ich sollte nicht lachen. Lachen tut weh.«
    Die Miene von Brigadegeneral Xaver Moisadl wurde wieder ernst. Er sah auf den Plan, der auf der Bettdecke lag, und wiegte den Kopf hin und her. Nach etwas mehr als einer Minute begann er zu sprechen: »Ich frage mich, warum die Sie haben gehen lassen. Denen muss doch klar sein, dass Sie uns Informationen zugänglich machen. Bislang hat der Gegner keinen Fehler gemacht. Und jetzt plötzlich so eine Schlamperei. Ohne zwingenden Grund. Das ist merkwürdig.«
    »Sie haben recht. Vielleicht war es ja beabsichtigt, dass Sie diese Informationen erhalten. Aber warum? Einschüchterung?«
    »Oder sie wollen, dass wir bei einem Sturmangriff, den wir aufgrund dieser Informationen planen, ins offene Messer laufen. Diese Art der Täuschung würde zu dem bisherigen Verhalten des Gegners passen.«
    McNamara nickte. »Das wäre eine Erklärung.« Er atmete mehrfach tief ein. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. »Ich fühle mich noch sehr erschöpft. Ich habe starke Kopfschmerzen.«
    Die letzten Minuten hatten den amerikanischen Offizier enorm angestrengt. Er schloss für mehrere Sekunden die Augen, bevor er weitersprach.
    »Bitte entschuldigen Sie, General. Aber ich glaube, wir machen morgen weiter. Mir fällt im Moment auch nichts ein, was für Sie noch von Bedeutung sein könnte.«
    Moisadl rollte die Pläne wieder zusammen. »Geht in Ordnung, Oberstleutnant. Vielen Dank für Ihre Informationen. Gute Besserung! Ich werde Ihnen Ihre Frau wieder ins Zimmer schicken.«
    Brigadegeneral Moisadl salutierte abermals.
    »Gute Nacht, Oberstleutnant McNamara! Schlafen Sie gut!«
    *
    Kopenhagen, 10:10 Uhr
    Am nächsten Vormittag pünktlich um zehn Minuten nach zehn landete die Fokker-Maschine der Baltic Air aus Kaliningrad in Kopenhagen. Nachdem Dr. Urs Röhli sein Gepäck in Empfang genommen hatte, begab er sich in einen der großzügigen Toilettenräume.
    Identitätsübergabe.
    Ein Operateur der Abteilung A&Ω erwartete ihn bereits. Von Statur und Größe glich er Wolfgang Härter. Ein sogenanntes Stand-in. Der Mann hatte in der Toilette bereits die Tarnung angelegt. Die Kleidung, die Haare, die Brille und natürlich der schwarze Samsonite-Koffer. Alles identisch.
    Ein eventueller Beobachter würde in ihm Dr. Urs Röhli erkennen. Einem biometrischen Vergleich der Gesichter würde das Manöver zwar nicht standhalten, aber dieses Risiko war nicht zu vermeiden.
    Er musste improvisieren. Die Zeit drängte.
    Sechs Minuten später verließ Dr. Urs Röhli die Toilette. Er kaufte sich die aktuelle Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung . Dann ging er mit etwas unsicheren Schritten zum Loungebereich für Erste-Klasse-Passagiere der Swiss. Die nächste Maschine nach Zürich würde erst in vier Stunden starten.
    Er ließ sich mit dem charakteristischen Seufzen in den Sessel sinken und schlug die Beine übereinander. Ein Kaffee wurde serviert. Sein Gesicht verschwand hinter der aufgeschlagenen Zeitung.
    Mit großem Interesse begann Dr. Röhli, die Berichte und Kommentare über die Vorgänge in München zu studieren. Er hatte Zeit.
    Weitere vier Minuten später verließ ein Deutscher namens Alexander Schmidt die Toilette. Der Außendienstmitarbeiter einer Vertriebsfirma für wasserdichte Reißverschlüsse hatte keine Zeit. Bereits in einer Stunde hatte er einen dringenden Termin in Hamburg.
    Herr Schmidt durchquerte mit zielstrebigen Schritten den Flughafen, bis er das Terminal für Charterflüge

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