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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Röhli nickte wortlos.
    »Woher Sie dieses Foto haben, ist mir egal. Ich will es auch gar nicht wissen. Ich kann Ihnen in dieser Sache nur einen freundschaftlichen Rat geben: Werfen Sie es einfach weg! Machen Sie einen großen Bogen um den Mann auf diesem Foto und um jeden, der mit ihm zu tun hat. Der Mann ist ein hochdekorierter Operateur bei Speznas. Seinen Klarnamen kenne ich nicht. Die Namen der Speznas-Offiziere sind geheimer als die Namen der Mätressen des Präsidenten.« Oberst Klarow hielt inne.
    Dr. Röhli schwieg.
    »Der Deckname dieses Mannes ist ›Drache‹. Ein überaus gefährlicher und sehr grausamer Mann. Dieser Mann tötet Menschen, wie andere Leute ihre Wäsche wechseln. Schlimmer noch, das Töten bereitet ihm Vergnügen. Tun Sie mir den Gefallen und halten Sie sich von diesem Mann fern. Ich schätze Sie und unsere Begegnungen sehr. Ich würde nur ungern darauf verzichten.«
    Härter hatte den Eindruck, in der Stimme des russischen Offiziers tatsächlich Angst hören zu können. Als der Russe fortfuhr, hatte er seine Stimme wieder unter Kontrolle. Die Furcht war ihm nicht mehr anzumerken.
    »Das meinte ich, als ich sagte, ich mache mir Sorgen um Ihre Gesundheit.«
    »Vielen Dank für Ihren guten Rat, Oberst Klarow. Auch ich freue mich immer, Sie zu sehen. Ihre Sorge um meine Gesundheit macht mich etwas verlegen. Seien Sie versichert, ich werde gut auf mich aufpassen.« Er hustete trocken. »Und Sie müssen mir versprechen, dasselbe zu tun. Und grüßen Sie Ihre Frau und Ihren Sohn von mir.«
    Oberst Klarow nickte. »Das werde ich. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder.«
    Die beiden Männer gaben sich die Hand. Dann ging Dr. Röhli mit etwas unsicheren Schritten zu dem Taxi, das auf ihn wartete.
    Oberst Wassilij Klarow sah ihm nach.
    Das Taxi fuhr ab.
    Er stand noch immer unbeweglich da, als der Wagen schon lange nicht mehr zu sehen war.
    *
    Seit sie das Zelt betreten hatten, war ihr der Kerl mit den unsteten Augen nicht mehr von der Seite gewichen. Bei der Leibesvisitation hatte er sie schamlos begrapscht. Jetzt schienen seine unverhohlen gierigen Blicke sie wieder und wieder auszuziehen.
    Doch damit nicht genug. Je länger der Kerl auf sie einredete, desto mehr verstärkte sich ihr Eindruck, dass er sehr viel über sie wusste. Zu viel. Woher? Und warum? Nur die Anwesenheit des Bundespräsidenten verhinderte, dass sie in Panik ausbrach.
    Der Kerl stellte ihr ein Bier hin, setzte sich neben sie und tätschelte ihr Knie. Die Berührung ließ Abscheu in ihr aufsteigen. »Hier, trink, Amelie! Das hilft gegen die Nervosität!« Hinter der kindlichen Freundlichkeit in seiner Stimme spürte Amelie die Anwesenheit eines lauernden Tieres.
    Dankbar setzte sie den Maßkrug an und trank einige große Schlucke. Das Bier beruhigte sie tatsächlich etwas. Das Staatsoberhaupt saß ihr gegenüber und lächelte sie aufmunternd an.
    »Immerhin haben die Geiselnehmer Wort gehalten und tatsächlich die Insassen eines Zeltes freigelassen. Sie werden sehen, Frau Karman, alles wird sich zum Guten wenden«, sagte er mit sonorer Stimme.
    Der Kerl griff sich mit der rechten Hand auf Höhe des Ohres an die Sturmhaube und drehte den Kopf zur Seite. Anscheinend bekam er gerade einen Funkspruch. Dann wandte er sich ihr wieder zu. »Bitte entschuldige mich, Amelie. Ich werde gebraucht. Aber ich komme zurück, sobald ich kann. Außerdem haben wir beide ohnehin noch so viel Zeit.« Seine Stimme klang wie die eines Kindes, das einen Streich ausheckt. Er erhob sich, nicht ohne vorher nochmals ihr Knie zu streicheln, und ging.
    Wenig später kam der Anführer an ihren Tisch.
    »Ich wollte mich vergewissern, dass Sie korrekt behandelt werden. Haben Sie Grund zu Beschwerden?«, fragte er mit sachlicher Stimme.
    »Ihr Kumpan, der bis eben hier war, ist aufdringlich«, entgegnete Amelie. Die Bestimmtheit ihres Tons erstaunte sie selbst. Unter dem Biertisch zitterten ihr die Knie.
    »Ich werde meinen Kameraden darauf ansprechen. Ich werde ihm sagen, dass Ihnen sein Verhalten unangenehm ist.« Blochin sah von ihr zum Bundespräsidenten. »Sonst noch was?«
    »Eine Frage hätte ich schon«, begann das Staatsoberhaupt. »Warum hier in Deutschland? Warum gerade München? Warum das Oktoberfest?«
    Blochin lächelte sein unsichtbares Lächeln unter der Sturmhaube. »Das waren schon drei Fragen, Herr Bundespräsident.« Er räusperte sich. »Aber ich wüsste nicht, warum ich Ihnen das nicht beantworten sollte. Vielleicht lernen Sie etwas

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