Oktoberfest
erreichte. Der Pilot der einmotorigen Propellermaschine erwartete ihn bereits. Nachdem der Reißverschlussvertreter noch schnell einige E-Mails von seinem Laptop abgeschickt hatte, ging er an Bord des Lufttaxis.
Das kleine Flugzeug kletterte gemächlich in den bewölkten Kopenhagener Himmel.
Erwartete Ankunftszeit in Hamburg: 11:45 Uhr.
Kapitän zur See Wolfgang Härter haderte mit den Umständen. Er würde bei der Übergabe der Diamanten nicht anwesend sein können. Hoffentlich versuchte niemand einen Angriff auf die Geiselnehmer. Ein solcher Versuch würde mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Katastrophe enden.
Er hatte sowohl Alois Kroneder als auch Xaver Moisadl ausdrücklich davor gewarnt. Sogar den Bundeskanzler persönlich hatte er wissen lassen, dass es seiner Einschätzung nach das Beste wäre, die Diamanten wie gefordert zu übergeben.
Er sagte sich immer wieder, dass seine Sorgen unbegründet seien. Er kannte Moisadl. Ein besonnener Mann, der nicht zu unüberlegten Aktionen neigte.
Dennoch blieb ein ungutes Gefühl.
11:15 Uhr
Eigentlich hätte Generalmajor Oleg Blochin mit dem Verlauf der Operation zufrieden sein können. Die letzte Nacht war weitgehend ruhig verlaufen. Nur zwei Geiseln hatten einen Schreikrampf bekommen und waren von Dr. Kusnezow mit Valium ruhiggestellt worden. Er selbst hatte sechs Stunden geschlafen und reichlich gegessen.
Phase zwei war bereits am gestrigen Abend abgeschlossen worden.
Sämtliche stationären Posten und schweren Waffen waren an andere Positionen im Zelt verlegt worden. Blochins Idee dahinter war, den Gegner in die Irre zu führen. Mittlerweile hatte der freigelassene Amerikaner bestimmt detaillierte Informationen über ihre Waffen und deren Standorte im Zelt an den Gegner weitergegeben.
Sollte sich der Gegner aufgrund dieser Informationen zu einem Sturmangriff entschließen, würde ihm ein vernichtender Empfang bereitet. Alle Verteidigungswaffen waren nun so aufgestellt, dass sie einen Angriff, der auf ihre früheren Stellungen zielte, würden abfangen können. Der Gegner wäre von der neuen Situation überrascht und würde im Kugelhagel ihres Kreuzfeuers sterben.
Aber der erwartete Angriff war ausgeblieben.
Umso besser! Denn selbst ein gut vorbereitetes Gefecht birgt immer Unwägbarkeiten.
Auch sonst liefen die Vorbereitungen für den Fortgang der Operation nach Plan. In fünfundvierzig Minuten sollten die Diamanten übergeben werden. Vor dem Gefechtsstand waren mehrere Biertische aufgebaut worden. Daneben lag ein großer Stapel stabiler Plastikbeutel. Ein Gerät zum Vakuumieren und Verschweißen der Beutel war gerade angeschlossen worden und heizte sich nun auf.
Auf den Tischen standen ein Dutzend Präzisionswaagen. Neben diesen Waagen lagen ebenso viele Diamantenprüfgeräte vom Typ Mizar DiamondNite bereit. Diese kleinen, batteriebetriebenen Apparate ermöglichten eine sichere Überprüfung von Diamanten auf ihre Echtheit. Der Test eines Steines dauerte gerade mal eineinhalb Sekunden. Dennoch würden sie natürlich nicht die gesamte Menge der Diamanten testen können.
Zu wenig Zeit.
Stichproben mussten genügen.
Er erwartete jedoch nicht, dass der Gegner versuchen würde, ihnen falsche Diamanten unterzujubeln. Zu groß war das Risiko, dass weitere Geiseln getötet würden.
Über Funk hatte er erfahren, dass sowohl in der Halle der Import-Export-Firma als auch auf seinem Stützpunkt, dem »Spielplatz«, alles nach Plan lief. Dort stand die Yakovlev Yak-42D startbereit auf der Rollbahn. Sobald die Diamanten übergeben waren, würde das Transportflugzeug abheben. Die Vorbereitungen für die Operation zur Extraktion waren abgeschlossen.
Eigentlich hätte Generalmajor Oleg Blochin mit dem Verlauf der Operation zufrieden sein können. Aber drei Dinge machten ihn nachdenklich.
Da war erstens die Tatsache, dass die Operation bislang so glatt gelaufen war. Beinahe zu glatt. Das weckte sein Misstrauen. Zwar hatten sie ihr Vorgehen akribisch geplant. Seit eineinhalb Jahren hatten sie versucht, jede Eventualität vorauszuahnen. Sie hatten sich die bestmögliche Ausrüstung besorgt. Sie hatten das Terrain aufgeklärt.
Und dennoch … Das bisherige Ausbleiben größerer Probleme war ihm nicht geheuer. Er war es gewohnt, dass er im Feld auf unvorhergesehene Probleme reagieren musste. Doch diese Probleme waren bislang nicht aufgetaucht.
Dann war da zweitens das merkwürdige Verhalten seines Nahkampfspezialisten.
Oberst Iljuschin, Codename »Drache«,
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