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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Haus angekommen, das dieser in einem der zahlreichen Neubauviertel gebaut hatte. Er ging durch den Vorgarten, klingelte und trat einen Schritt zurück.
    Nichts geschah.
    Er wartete.
    Er klingelte noch einmal.
    Diesmal länger.
    Vielleicht sollte er um das Haus herumgehen und schauen, ob er durch die Tür zum Garten etwas sehen könnte. In dem Moment hörte er drinnen ein Geräusch. Schritte, die auf die Tür zukamen.
    Die Tür öffnete sich. Romberg stand mit zerzausten Haaren vor ihm.
    »O Gott, entschuldige, Werner, ich habe verschlafen.« Romberg gähnte. Auf seiner rechten Wange waren noch deutlich die Abdrücke des Kissens zu sehen.
    »Komm rein und warte kurz. Ich halte nur meinen Kopf unter kaltes Wasser, dann können wir aufbrechen.«
    »Ich kann dich nur zu gut verstehen. Ich habe die letzte Nacht geschlafen wie ein Stein. Die letzten beiden Wochen waren wirklich heftig. Der Hirschmoser kann ja ein echter Despot sein. Ich weiß noch immer nicht, wo mir der Kopf steht.«
    Romberg rief etwas aus dem Badezimmer zurück, das Vogel nicht verstehen konnte, weil das Wasser rauschte. Dann kam Romberg wieder ins Zimmer, während er sich mit einem Handtuch den Kopf abtrocknete.
    »Ich hab ja schon ’ne Menge im Leben mitgemacht, aber so eine Wiesn, das ist der pure Wahnsinn. Weißt du, was ich gelesen habe? Im Jahr 2002 wurden vierhundertneunundfünfzigtausendzweihundertneunundfünfzig Brathähnchen vertilgt. Kaum zu glauben, oder? Aber wahr. Offizielle Statistik.« Romberg schnaubte. »Doch dieses Jahr ging’s auch ganz schön zu. Vor allem der Engpass am zweiten Wochenende hat mich geschafft. Plötzlich heißt es, die Würstl werden knapp. Roter Alarm!«
    Romberg und Vogel besaßen beide den Lkw-Führerschein. Eigentlich fuhren sie nur noch selten selbst, aber in den letzten zwei Wochen hatten sie beinahe pausenlos in der Fahrerkabine gesessen. Das Büro war in dieser Zeit verwaist, auf dem Anrufbeantworter häuften sich die Nachfragen der anderen Kunden. Gestern hatten sie deshalb gemeinsam beschlossen, so bald wie möglich eine Sekretärin einzustellen.
    »Das kannst du laut sagen!«, pflichtete Vogel ihm bei. »Mitten in der Nacht mit drei Lastzügen frische Bratwürste aus dem Chiemgau abholen. Ich habe ja erst gedacht, die machen einen Scherz.«
    »Wahrscheinlich war denen gar nicht die Wurstmaschine verreckt, sondern die ganze Truppe war am Tag vorher selbst auf der Wiesn. Von wegen der Techniker hat für die Reparatur so lange gebraucht. Die waren volltrunken.« Romberg grinste. »Und wer durfte es wieder ausbaden? Wir natürlich.«
    »Am nächsten Tag hat Hirschmoser persönlich angerufen und sich überschwenglich dafür bedankt.«
    »Na toll!«
    Romberg knöpfte sein Hemd zu.
    »Davon hatte ich aber auch keinen Schlaf. Außerdem ist das ja wohl das mindeste. Ich möchte nicht wissen, wie viel der in den letzten zwei Wochen verdient hat.«
    »Na ja, wir können uns eigentlich nicht beschweren.« Jetzt war es Vogel, der lächeln musste. »Wir sind auch nicht gerade leer ausgegangen.«
    Nickend zog sich Romberg seine Krawatte gerade. »Und heute Abend werden wir ordentlich reinhauen. Zumindest wissen wir sicher, dass die Sachen, die Hirschmoser uns auftischt, frisch sind.« Beide lachten.
    Nachdem Romberg sich noch einmal kritisch im Spiegel betrachtet hatte, brachen sie auf. Sie gingen zu Vogels Wagen.
    »Sollen wir nicht lieber ein Taxi nehmen?« Romberg sah die Maßkrüge mit Freibier bereits vor sich.
    »Von mir aus. Du kannst mir meinen Wagen ja morgen ins Büro mitbringen.«
    Auf dem Weg zum nächsten Taxistand unterhielten sie sich weiterhin angeregt. Sie hatten sich viel zu erzählen. Während der letzten zwei Wochen hatten sich reichlich Anekdoten angesammelt.
    So bemerkten sie nicht den Wagen, der gegenüber von Rombergs Haus parkte. Auch nicht den Mann, der in dem Wagen saß. Auf dem Schoß des Mannes lag eine Spiegelreflexkamera mit Teleobjektiv. Er hatte Romberg und Vogel beim Verlassen des Hauses fotografiert und folgte ihnen jetzt mit seinen Blicken.
    Der Mann wusste, dass man sich wiedersehen würde.
    Spätestens nächstes Jahr.
    Zum Oktoberfest.
    *
    Grosny, Tschetschenien, 1994
    Er war ihnen in die Falle gegangen wie ein Anfänger. Oberst Blochin ärgerte sich maßlos über seine eigene Dummheit. Und wenn man schon so einen Fehler machte, dann musste natürlich das Funkgerät den Geist aufgeben.
    Jetzt saßen sie in der Nähe des Minutka-Platzes fest und hatten keine Möglichkeit, Hilfe zu

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