Oktoberfest
dann kann er etwas schlafen.«
Blochin verließ den Sanitätsraum. Er ging zu seinen Männern, die hinter den Fensterhöhlen in Deckung lagen. Eine weitere Explosion prüfte das Haus auf seine Standfestigkeit. Instinktiv zogen die Männer die Köpfe ein.
»Polkownik Blochin!« Der Mann, dem er den Auftrag gegeben hatte, den Funk für kurze Distanzen zu überwachen, kam aus einem anderen Raum herangestürzt. »Ein Trupp Versprengter hat sich gemeldet. Unsere Leute. Sie liegen einen Block weiter südlich in Deckung. Sie sagen, sie seien keine Kampftruppen, sondern von einer Versorgungseinheit. Sie bitten um Feuerschutz. Sie wollen zu uns kommen.«
»Sagen Sie ihnen, wir holen sie rein. Sie bekommen ihren Feuerschutz. Sagen Sie ihnen, sie hätten Glück.« Blochin sprach sehr viel leiser weiter. »Wir sind die Elite. Wir sind Speznas.«
Der Sanitäter kam unverrichteter Dinge wieder durch das Treppenhaus herunter. Er stieg über einen herabgestürzten Balken. »Da war nichts mehr, was das Einsammeln gelohnt hätte«, sagte er mit tonloser Stimme, bevor er müde zum Lazarettraum schlurfte.
Blochin ging zu den Soldaten, die an der südlichen Ecke des Hauses die Stellung hielten.
»Es kommt ein Trupp von unseren rein. Sie brauchen Feuerschutz. Auf mein Kommando Feuer auf alle bekannten Gegnerstellungen.« Er wandte sich zu einem seiner Männer. »Bringen Sie noch einen Kasten für das MG.«
Der Mann nickte und holte die Munition.
»Sie warten auf unseren Feuerschlag. Sie sind bereit.« Der Mann am Funkgerät.
»Dann lasst sie uns reinholen. Feuer frei!«
Das MG ratterte los. An der Fassade der gegenüberliegenden Häuserfront konnte man der Reihe der Einschläge folgen. Ein Gegner, der sich gerade in einer Fensterhöhle erhob, um zu feuern, wurde nach hinten gerissen.
Einen Häuserblock weiter rannten ein halbes Dutzend Gestalten aus einem Hauseingang.
Staub wirbelte auf.
Dreck spritzte hoch.
»Sie laufen zu nah an der Mauer!« Blochin fluchte. »Sagen Sie ihnen, sie sollen sich von den Mauern fernhalten.« Das sind wirklich keine Kampftruppen, dachte er. Ein übler Fehler, so nah an den Mauern entlang.
Die Männer rannten buchstäblich um ihr Leben. Einer stolperte, wurde jedoch von seinem Nebenmann hochgerissen. Taumelnd fand er wieder in den Lauf.
Noch zwanzig Meter.
Eine 40-mm-Rakete wurde vom Dach gegenüber abgefeuert. Sofort antwortete das MG mit einem wütenden Feuerstoß. Der Mann mit dem Raketenwerfer auf der Schulter drehte sich um die eigene Achse. Dann kippte sein Körper über den Dachrand und fiel auf die Straße.
Zischend zog die Rakete über die flüchtenden Männer hinweg. Der Sprengkopf schlug mit einer mächtigen Detonation drei Meter neben ihnen auf der Straße ein.
Sie hasteten weiter.
Bis auf einen.
Schließlich erreichten sie den Eingang der Hausruine. Sie lehnten sich an die Innenwände und rangen nach Atem. In der Luft mischten sich der Geruch von Pulver, Schwefel, Öl und verbranntem Fleisch.
Ein Mann lag noch auf der Straße und schrie vor Schmerzen.
»Der Major ist getroffen worden!« Einer der Ankömmlinge fand die Sprache wieder. Seine Miene zeigte Ungläubigkeit. Darüber, dass er in Sicherheit war. Zumindest vorläufig.
Neben Blochin kniete ein Leutnant, die AK-47 in Feuerstellung. Blochin sah den Mann an.
Heller Fels.
»Ich habe noch nie dabei zugesehen, wie einer meiner Männer verblutet. Ich werde heute nicht damit anfangen. Ich werde ihn holen gehen.« Der Leutnant riss die Augen auf. »Aber …« Der Leutnant stotterte. »Ääää, Polkownik Blochin, das …«
»Über uns sind nur die Sterne.« Blochin murmelte mehr, als dass er sprach.
»Feuerschutz!« Die Stimme des Leutnants füllte brüllend den Raum. Er zog den Sicherungsstift aus einer Nebelgranate und warf sie auf die Straße. Zwei weitere Soldaten folgten seinem Beispiel. Rauch wallte auf.
Die Elitekämpfer schossen, was die Läufe hergaben.
Oberst Blochin rannte los.
Mitten ins Feuer.
*
Werner Vogel kam erst um elf Uhr ins Büro. Er war noch immer leicht verkatert. Nach der dritten Maß Bier hatte Karl Romberg sich verabschiedet. Daraus leitete Vogel ab, dass er wohl noch etwas bleiben könnte.
Er befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem angeregten Gespräch mit einer jungen Dame. Einer jungen Dame, die ihm ausnehmend gut gefiel.
Zum Glück hatten sie später die Telefonnummern ausgetauscht.
Romberg saß in seinem Büro, als Vogel hereinkam. Mit einer beinahe andächtigen Miene füllte er
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