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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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Namens ganz zu schweigen. Für diesen Mitarbeiter wäre eine Enttarnung mit unmittelbarer Lebensgefahr verbunden.«
    Härter hatte begonnen, ungeduldig mit den Fingern auf die Tischplatte zu trommeln.
    »Wenn die Herren mit der Erörterung meiner Lebenserwartung fertig sind, würde ich mit Ihrer Erlaubnis gerne anfangen.«
    Der Kapitän fixierte den Bundeskanzler.
    »Einen Moment noch, Poseidon. Bevor Sie Ihre Überlegungen vortragen, möchte ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass mittlerweile eine Forderung der Geiselnehmer bei der bayerischen Staatsregierung eingegangen ist. Wir haben diese Forderung vor einer knappen Stunde erhalten.«
    Der Bundeskanzler atmete tief ein.
    »Sie wollen Geld. Viel Geld.«
    »Geld?« Der Kapitän verbarg seine Verblüffung nicht. »Einfach nur Geld?«
    »Nicht direkt Geld«, ergänzte der Verteidigungsminister. »Sie wollen Rohdiamanten. Einhundertfünfzig Kilogramm. Kein Stein unter eineinhalb Karat.«
    Härters Miene hellte sich auf, während er die Menge im Kopf überschlug. Gute zwei Milliarden Euro. Und nur einhundertfünfzig Kilogramm Gewicht. Wären die Steine erst einmal professionell geschliffen, würde sich ihr Wert vervielfachen.
    Er nickte. »Das passt schon eher ins Profil.«
    »Wir haben vier Tage Zeit, die Diamanten zu beschaffen. Übergabe ist am Donnerstag um zwölf Uhr mittags.«
    »High noon«, ließ sich der Innenminister vernehmen.
    »Das bedeutet«, fuhr der Verteidigungsminister fort, »dass die Täter die momentane Situation bis Donnerstag aufrechterhalten wollen. Daher …«
    Härter hob die Hand, und der Minister brach ab. Aller Augen richteten sich erwartungsvoll auf den Kapitän.
    »Dann wissen wir jetzt wenigstens, woran wir sind. Wir haben es mit Dieben zu tun. Mit ungewöhnlich gut bewaffneten Dieben. Aber mit Dieben. Und wir wissen, dass wir Zeit haben, unsere Schritte genau zu überlegen. Ich wollte sowieso am Anfang eine Bitte an den Herrn Bundeskanzler äußern. Bitte stellen Sie sicher, dass niemand in München etwas Unüberlegtes tut. Rufen Sie beim Ministerpräsidenten an. Polizei ist zwar Ländersache. In diesem Fall aber …« Er brach ab.
    Der Bundeskanzler nickte, griff zu dem Telefon, das vor ihm stand, und ließ sich mit dem bayerischen Ministerpräsidenten verbinden.
    Härter wandte sich an den Innenminister.
    »Wie ist der Status der GSG 9? Wie viele einsatzfähige Beamte sind derzeit in der Bundesrepublik? Die meisten sind meines Wissens in Afghanistan und im Irak zur Sicherung der Botschaften und des diplomatischen Personals.« Während er sprach, wanderte sein Blick zum Außenminister und wieder zurück zum Innenminister.
    Der Bundeskanzler telefonierte währenddessen.
    »Eine vollständige Einsatzeinheit – sechs Spezialeinsatztrupps – steht in St. Augustin bereit, Poseidon. Ich habe sie um neunzehn Uhr in Alarmbereitschaft versetzen lassen. Morgen im Laufe des Tages wird eine weitere Einsatzeinheit bereit sein. Wir holen die Männer gerade aus dem Urlaub zurück. Momentan sind zwei der vier Einsatzeinheiten der GSG 9 im Ausland tätig.«
    »Das heißt, dreißig Mann könnten sofort aufbrechen? Und morgen im Laufe des Tages noch einmal dreißig?«
    Der Innenminister nickte.
    »Wie sieht es mit den technischen Einheiten aus?«, fragte der Kapitän.
    »Ganz ähnlich. Wir haben einen Spezialeinsatztrupp Technik im Ausland. Die anderen beiden sind hier. Morgen werden also auch zwei technische Trupps bereit sein.«
    »Das sind ja mal gute Nachrichten.« Auf dem Gesicht des Kapitäns zeigte sich ein schmales Lächeln.
    Da ließ ihn die laute Stimme des Kanzlers herumfahren.
    »Sie haben WAS?« Der Bundeskanzler brüllte die Frage ins Telefon. »Brechen Sie sofort ab. SOFORT!«
    Der Regierungschef schwieg, während am anderen Ende der Leitung etwas entgegnet wurde.
    »Dann erwarte ich in wenigen Minuten Ihren Bericht. Rufen Sie sofort an, wenn Sie etwas wissen.« Wütend beendete er das Gespräch.
    »Der Ministerpräsident hat mir soeben berichtet, dass das SEK auf seinen Befehl hin mit der Evakuierung eines Zeltes begonnen hat.«
    Stille senkte sich über die Runde im Berliner Kanzleramt.
    »Diese hirnverbrannten Idioten!« Die Stimme von Kapitän zur See Wolfgang Härter war nur noch ein Flüstern.
    *
    Als die Frischluft in Orkanstärke aus dem Schlauch ins Zelt gepumpt wurde, riss sie die Bänke und Tische mit sich in die Höhe. Wirbelnd flogen die schweren Möbel durch die Luft, bevor sie auf die wehrlosen Sterbenden herabfielen.

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