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Oktoberfest

Oktoberfest

Titel: Oktoberfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scholder Christoph
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zuvor.
    »Die Landesregierung von Baden-Württemberg hat uns Hilfe angeboten. Sie können unverzüglich fünfhundert Mann Bereitschaftspolizei in Marsch setzen. Sie bieten auch die Mitwirkung von zweihundert Mann des Technischen Hilfswerks mit schwerem Gerät und fünfzig Rettungswagen an. Soll ich das Angebot in Ihrem Namen annehmen, Herr Ministerpräsident?« Fragend sah er seinen Chef an.
    Der Ministerpräsident nickte müde. »Ja, tun Sie das. Wir werden jeden Polizisten brauchen, den wir bekommen können. Wenn morgen früh der Flughafen nicht wieder geöffnet wird, haben wir hier in der Stadt ein unglaubliches Chaos.«
    »Ich werde in diesem Sinne antworten.« Der Büroleiter verließ den Raum, um zu telefonieren.
    Langsam erholte sich auch der Oberbürgermeister von seinem Schock und fand die Sprache wieder.
    »Die Forderungen der Täter müssen jetzt ernster genommen werden denn je. Sind wir in der Lage, die geforderte Menge an Diamanten bereitzustellen? Wo kriegt man solche Mengen überhaupt her? Wie sollen wir den Kauf von so vielen Diamanten refinanzieren? Wir brauchen schließlich mindestens zwei Milliarden Euro.«
    Der Innenminister nickte und wandte sich an den Ministerpräsidenten.
    »Der Oberbürgermeister hat recht. Auf alle Fälle müssen wir am Donnerstagmittag in der Lage sein, die geforderte Menge an Diamanten zu übergeben.«
    »Das ist Angelegenheit von Berlin. Diese Sache muss der Bundesfinanzminister abwickeln. Da können wir nichts tun.«
    »Wir müssen aber etwas tun. Wenn sich Berlin aus Gründen der Staatsräson weigert zu bezahlen, haben wir hier siebzigtausend Leichen. Das müssen wir unter allen Umständen verhindern«, sagte der Oberbürgermeister.
    »Sie wollen gegen einen eventuellen Entschluss der Bundesregierung aktiv werden?«
    »Wenn es sein muss, ja. Das ist keine Frage der Staatsräson, das ist ein Gebot der Menschlichkeit.«
    *
    Professor Peter Heim war sich mittlerweile sicher, die Situation richtig einzuschätzen. Er und alle anderen Menschen im Zelt waren Geiseln. Die Männer in den schwarzen Anzügen waren Geiselnehmer. Verbrecher. Der Mann, der vorhin gesprochen hatte, musste der Anführer sein.
    Allem Anschein nach kamen die Männer aus Deutschland. Der Anführer hatte ohne Akzent gesprochen. Und er hatte einige Redewendungen gebraucht, wie sie nur ein Deutscher benutzen würde. Er hatte ihnen erklärt, dass niemandem etwas geschehen würde, wenn alle ruhig blieben und sich an die Anweisungen hielten. Für ihr leibliches Wohl würde bestens gesorgt. Das war eine der sprachlichen Wendungen gewesen, die dem Professor aufgefallen waren. Dass Essen und Trinken als leibliches Wohl bezeichnet werden, steht in keinem Wörterbuch, hatte er im Stillen konstatiert.
    Seine verletzte Wange schmerzte noch immer.
    Er beobachtete, wie auf dem rechten Balkon Schlafplätze eingerichtet wurden. Die Männer klappten die Bänke und Tische zusammen und bauten Feldbetten auf. Die Menschen, die dort gesessen hatten, wurden zu anderen freien Plätzen eskortiert.
    Da tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter.
    Peter Heim schrak zusammen und wandte sich um.
    Der Mann, der ihn vorhin nach der Uhrzeit gefragt hatte, lächelte ihn an. Wann war das gewesen? Wie lange war das her? Es kam Peter Heim so vor, als wäre seitdem eine Ewigkeit vergangen.
    Er erinnerte sich. Es war zwanzig vor sechs gewesen. Der Mann hatte Englisch gesprochen. Seiner Aussprache nach zu urteilen, handelte es sich um einen Amerikaner. Sein Haar war grau und militärisch kurz geschnitten. Der Mann mochte Anfang fünfzig sein. Trotzdem war sein Oberkörper breitschultrig und muskulös. Peter Heim sprach ihn in seinem Akademikerenglisch an. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Ja, das können Sie. Ich habe nicht alles verstanden, was der Mann auf der Bühne gesagt hat. Mein Deutsch ist nicht so gut. Könnten Sie das für mich noch einmal zusammenfassen?«
    Peter Heim erklärte dem Mann die Situation. Dabei blickte er in aufmerksame, wache Augen. Manchmal fragte der Mann auch nach oder bat ihn, bestimmte Passagen zu präzisieren.
    »Haben Sie den Eindruck, der Mann ist Deutscher? Oder haben Sie einen Akzent erkannt, irgendetwas, das darauf schließen ließe, dass er sich nicht seiner Muttersprache bedient hat?«, fragte der Amerikaner schließlich.
    Peter Heim runzelte die Stirn. »Wieso interessiert Sie das? Wer sind Sie überhaupt?«
    »Oh, entschuldigen Sie, dass ich mich nicht vorgestellt habe. Mein Name ist Patrick

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