Oktoberplatz oder meine großen dunklen Pferde - Roman
mitbringen, wenn ich das erste Mal nach Hause käme, aber ja nichts, was ich auch Tatsiana mitbrächte. Ich schnaubte.
Ich hatte nicht vor, Tatsiana je noch etwas mitzubringen.
Heimweh ist mein großväterliches Erbe
1. Alle Wäschestücke sind mit Identitätskennzeichen des Internatsschülers in folgender Reihenfolge zu versehen:
a. Familienname,
b. Vorname,
c. Vatersname.
2. Der Wäschewechsel findet wie folgt statt: Unterwäsche zweimal pro Woche: Mittwoch auf Donnerstag, Samstag auf Sonntag; Bettwäsche: einmal im Monat, erstes Wochenende, das ein Heimfahrwochenende ist.
3. Freitag ist Duschtag. Jeder Internatsschüler hat einen Zeitraum von zehn Minuten zur Durchführung des Vorgangs.
4. Wecken ist um sechs Uhr morgens. Dem ist ausnahmslos Folge zu leisten, es sei denn, es liegt ein schulärztliches Attest vor. Nach dem Wecken ist ohne weitere Aufforderung wie folgt vorzugehen:
a. Bettwäsche verwahren,
b. Toilette und Leibwäsche,
c. Antreten zum Frühstück,
d. Patriotischer Dienst.
5. Die Küche ist für den Internatsschüler strikt verbotenes Terrain. Ausgenommen sind diejenigen, die zum Küchendienst eingeteilt worden sind. Sie unterstehen dem Küchenkollektiv und haben seinen Dienstanweisungen Folge zu leisten. Diebstahl, insbesondere Küchendiebstahl, ist unvereinbar mit denPrinzipien einer sozialistischen Erziehung und hat sofortige Relegation zur Folge.
6. Jedem Internatsschüler steht ein abschließbarer Spind für die persönliche Habe zur Verfügung. Das Schließfach wird regelmäßig vom Erziehungskollektiv auf Ordnung und Inhalt geprüft, auch in Abwesenheit des Internatsschülers.
Die Betten. Weiße Eisenbetten, überall sprang der Lack ab, nachts zerrieben wir unter der Decke Farbreste zu Staub. Das Weiß fand sich unter den Fingernägeln, zu kleinen Spänen geformt schoben sie sich unter die Haut, entzündeten sich.
Jedes zweite Fenster hatte einen Sprung. Jedes fünfte war zerbrochen. Die meisten waren blind, zumindest unten. Oben, wohin Köpfe und Rücken der Internatsschüler nicht reichten, konnte man an Herbsttagen die Vögel nach Süden ziehen sehen.
Bohnerwachs und Fußschweiß. Es roch nach fabrikneuer Plaste und altem Holz. Es roch nach gebratenen Kartoffeln und Roter Beete, wenn man sich der Küche, nach Desinfektionsmittel und Fischhalle, wenn man sich den Wasch- und Toilettenräumen näherte. Das ständige Übergeben morgens, in der Nase den Pißgeruch der Ablaufrinnen, mit abwechselnd gelben und rostroten Streifen. Das Schlangestehen vor dem Abtritt, Fürze wie Maschinengewehrsalven, das Lachen der einen, die stolz auf ihr stahlhartes Gedärm waren, das Fluchen der anderen, die, wie ich, noch die Aura der Nacht um sich hatten.
Oder die der Migräne.
Dann die Technik der morgendlichen Katzenwäsche. Augenmerk auf Ohren und Fingernägel, die wurden kontrolliert. Wer unter den Achseln stank, zog sich nur den Spott der Zimmergenossen zu, drei an der Zahl. Der Genosse Zimmerältestehatte beim Appell Bericht zu erstatten. Von ihm hingen Wohl und Wehe eines Internatsschülers ab, was er verschwieg, bedeutete eine Runde Strafdienst oder einen Spießrutenlauf weniger. Manche ließen sich für diese Dienste gut bezahlen, andere drängte es einfach nur danach, ihren Sadismus auszuleben. Endlich Zimmerältester! war die Parole. Von jetzt an waren das Schuheputzen, der Fischhallendienst und das Wodka- und Zigarettenschmuggeln vorbei. Von jetzt an hatte man seine willfährigen Diener.
Ich hatte Glück. Mein Zimmerältester war ein Schwächling, der seine Frischlinge in Ruhe ließ, wenn sie ihn in Ruhe ließen. Das hieß: An Wochenenden, an denen wir nicht heimfahren durften, mußten wir ihn den Kater vom Freitag, den Kater vom Samstag ausschlafen lassen. Keinen Mucks auf dem Zimmer, das ganze Wochenende nicht. Wir waren im Geschäft.
Erst nach Tagen las ich den Zettel, den Stanislau mir zugesteckt hatte. Ich weiß selbst nicht, wie ich ihn hatte vergessen können, diese einzige Verbindung nach Daheim.
Sie griffen Jesus und führten ihn hin und brachten ihn in des Hohenpriesters Haus. Petrus aber folgte von ferne. Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Hof und setzten sich zusammen; und Petrus setzte sich unter sie. Da sah ihn eine Magd sitzen bei dem Licht und sah genau auf ihn und sprach: Dieser war auch mit ihm. Er aber verleugnete ihn und sprach: Weib, ich kenne ihn nicht. Und über eine kleine Weile sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch deren einer. Petrus aber
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