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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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zau-berte mein berühmtes Grübchenlächeln in die Mundwinkel, weil dem angeblich - zumindest laut Tante Fee - niemand widerstehen kann.
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    Der alte Zwilling tat desgleichen. Allerdings zuckte sein linker Mundwinkel beim Lächeln ein wenig nervös. Nach kurzer Zeit des einander-Belächelns, legte mein alter Zwilling eine dritte Falte auf der Stirn zu und fragte: »Bist du zu mir gekommen?«
    Ich legte auch eine dritte Falte zu und sagte:
    »Genau!«
    Da griff der Johannes Müller wieder zum Bierkrügel, trank es leer, holte einen Zwanziger aus der Hosentasche, legte ihn auf die Theke neben das leere Glas und sagte:
    »Na, dann gehen wir halt!«
    Eigentlich sagte er das eher zum Hund, ich fühlte mich aber trotzdem betroffen und ging mit dem Müller aus der Gaststube. Der Hund flitzte zur offenen Haustür hinaus, auf den alten Alfa zu.
    »Das Vieh ist ein leidenschaftlicher Autofahrer«, sagte der Johannes Müller.
    Ich schaute mich nach der Joschi um, aber die war nirgendwo zu sehen. Ich deutete zur Doppelnull-Tür. »Meine Freundin ist noch im Klo«, erklärte ich. »Ich war auch gar nicht gekommen, wenn die nicht war. Wegen ihr bin ich da.
    Sie sitzt nämlich halshoch im Dreck!« »Ach, so ist das«, murmelte die Dörrpflaume, aber ich glaube, er kannte sich absolut nicht aus. Ich ging zur Häuseltür. Ich wollte klopfen, aber die Klotür war bloß angelehnt. Das Klo war leer.
    Ich lief vors Haus und rief: »Joschi, Joschi!« Nichts rührte sich, keine Joschi war zu sehen. Aber viel war überhaupt nicht zu sehen, weil es schon ziemlich dunkel war.
    Der Johannes Müller kam auch vors Haus. »Wie seid ihr denn hergekommen?« fragte er. Ich gab ihm keine Antwort, ich rief weiter nach der Joschi.
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    »Na, dreh bloß nicht durch«, sagte der Müller. »Weit kann sie ja nicht sein!«
    Ich hörte mit dem Joschi-Gebrüll auf und erklärte dem Müller, daß die Joschi in einer gefährlichen psychischen Lage sei. Im Telegrammstil teilte ich ihm sämtliche Joschi-Verhängnisse mit. Der Müller tat durch Seufzer seine An-teilnahme kund. Davon tauchte die Joschi aber leider nicht auf. Wir suchten die Umgebung ums Haus herum ab, wir gingen ins Haus zurück, durch den Flur, zum Hof. Auch dort war keine Joschi. Dem Riesenhund kam das Benehmen seines Herrchens sonderbar vor. Er sauste zwischen dem Alfa und uns hin und her. Und bellte. Ganz so, als wollte er sagen: Hör mit dem Idiotenspiel auf und steig ins Auto und fahr endlich heim! »Jetzt können wir zweierlei machen«, sagte der Müller. »Entweder wir gehen wieder ins Wirtshaus und warten, daß sie kommt, oder wir fahren sie suchen!« Er zeigte zum Alfa hin. »Wenn sie weggegangen ist, müssen wir sie ja bald eingeholt haben.«
    »Ich weiß doch nicht, in welche Richtung sie gegangen sein könnte«, wandte ich ein.
    Der Müller ging aufs Auto zu. Als er den Autoschlüssel aus der Hosentasche holte, beruhigte sich der Riesenhund. Er hörte zu bellen auf. »Dann fahren wir zuerst einmal Richtung Schönau«, sagte der Müller. »Und wenn wir sie nicht sehen, drehen wir um und fahren Richtung Gfurt.« Er öffnete die Tür zum Fond, und der Hund sprang in den Wagen.
    Mich ließ er auf den Beifahrersitz. Und holte fluchend den Brotsack und den Eierkarton unter dem Hund hervor. »Nowak, du Luder«, schimpfte er. »Spinnst, oder was? Haut sich der Depp einfach über die Eier drüber!« Er stellte die Eier und das Brot in den Kofferraum, dann setzte er sich
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    hinter das Lenkrad. Und sagte: »Hoffentlich springt er an!
    Er hat nämlich so seine Tücken!«
    Das Auto hatte tatsächlich seine Tücken! Ewig lang kam es mir vor, bis der Motor endlich nicht mehr abstarb und wir losrollten. Wir fuhren die Straße, Richtung Schönau. Kein Auto kam uns entgegen, keine wandernde Joschi holten wir ein. Nach etwa zwei Kilometern sagte der Müller:
    »Ich kehr um! So weit kann sie ja noch gar nicht gekommen sein in den paar Minuten!«
    An einer Bushaltestelle, wo die Straße etwas breiter war, wendete der Müller:
    »Im Handschuhfach sind Zigaretten«, sagte er. »Falls du magst!«
    Ich wollte.
    »Für mich bitte auch eine«, sagte der Müller, als ich mir eine Zigarette anzündete. Ich zündete also auch eine für ihn an und reichte sie ihm.
    »Ich hab dich zuerst gar nicht wiedererkannt«, sagte der Müller dann. »Du hast dich verändert. Wie ich dich das letzte Mal gesehen habe, da warst du noch wie ein Kind.
    Ganz anders!«
    Was heißt da, verändert, dachte ich. Was

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