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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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heißt da wiedererkannt, dachte ich. Wovon redet der Kerl eigentlich, dachte ich. Aber ich schwieg.
    »Na ja«, sagte der Müller. »Das muß ja jetzt auch schon wieder zwei, aber was sag ich, drei Jahre muß das schon her sein. In deinem Alter verändert man sich da!«
    »Ich sehe Sie heute zum ersten Mal«, sagte ich.
    Der Müller nickte zustimmend. Dann fragte er:
    »Sag einmal, weiß deine Mutter überhaupt, daß du zu mir gefahren bist?«
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    »Sie weiß nicht einmal, daß ich weiß, daß es Sie gibt«, sagte ich. »Das hab ich selber herausgekriegt.« Und dann, nach ein paar Sekunden, fügte ich hinzu: »Und ich hab auch nicht gewußt, daß Sie mich kennen. Ich hab so eine Art Tagebuch von der Mama gefunden, und da steht crin, daß sie alles vor Ihnen geheimhält und so. Ich hab geglaubt, Sie wissen gar nicht, daß es mich gibt.«
    »Ach, du mein liebes Bißchen«, seufzte der Müller. »Das ist ja noch wesentlich verzwickter, als ich dachte. Ich hab gedacht, die Lady hat dir deine Abstammung zum vierzehn-ten Geburtstag offenbart, oder so was in der Preisklasse!«
    Ich schüttelte den Kopf, aber das sah der Müller, die Straße beobachtend, wahrscheinlich nicht. Ich schaute ihn mir ziemlich verstohlen von der Seite an und versuchte, die Zigarette genauso wie er, ohne Hilfe der Finger, im linken Mundwinkel festzuhalten. Was mir nicht gelang. Rauch stieg mit in die Nase. Ich mußte husten.
    »Zuerst hab ich tatsächlich nicht gewußt, daß deine Mutter schwanger ist«, sagte der Müller. »Keine Ahnung hab ich gehabt. Unsere Beziehung war nicht so -so - na ja, es war eine eher lockere Beziehung halt. Und dann bin ich weg, ins Ausland ...«
    »Nach Griechenland«, unterbrach ich ihn. »Ich hab das herausgekriegt. Von einer ehemaligen Freundin von Ihrem anderen Sohn!«
    »Aber so was kann ja kein Geheimnis bleiben«, fuhr der Müller fort. »Man hat ja Freunde und Bekannte. Das redet sich doch herum. Ist ja auch lächerlich zu glauben, so was verheimlichen zu können. Schon wie ich in Griechenland war, hab ich es erfahren. Aber, um ganz ehrlich zu sein, ich hab damals mit der Botschaft nicht viel anzufangen gewußt.
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    Noch einen Sohn zu haben, hat mir getaugt wie die Kröte in der Bohnensuppe!« Er fuhr langsamer, wendete sich mir zu und fragte: »Nimmst du mir das übel?«
    »Aber nein«, antwortete ich, eher höflich als ehrlich.
    »Wie ich dann aus Griechenland zurück war«, sagte der Müller, »da wollte ich dich kennenlernen. Aber deine Mutter war dagegen. Und irgendwelche Rechte hab ich ja nicht gehabt. Und ich hab mir gedacht, die Beziehung zu dir muß ohnehin schieflaufen, wenn deine Mutter dagegen ist. Ein paarmal, an verkitschten Gemütstagen«, der Müller lachte,
    »da bin ich zu deiner Schule gegangen und hab gewartet, bis du rauskommst. Und ein paarmal hab ich dich auch in eurem Garten beobachtet, beim Spielen. Einmal hat mich deine Mutter dabei gesehen und hat mir nachher telefonisch eine Riesenszene gemacht, daß sie mich auf Besitzstörung verklagen wird!«
    »Auf Besitzstörung?« fragte ich entsetzt.
    »Pardon«, sagte der Müller, »das war nur eine böse Pointe von mir. Sie hat irgend etwas anderes angedroht, ich weiß nicht mehr genau was. Jedenfalls war sie ganz hysterisch und hat gesagt, ich greife in Leben ein, die mich nichts an-gehen!«
    Weiter kam der Müller in seinem Bericht nicht, denn vor uns auf der Straße - mitten auf der Straße - im Scheinwer-ferlicht, stand die Joschi mit flehend erhobenem Daumen.
    »So ein Trampel«, rief der Müller und bremste so scharf, daß es den Alfa querstellte, aber die Joschi überfuhr er gott-lob nicht. Den Riesenhund schleuderte die Notbremsung vom Rücksitz, er bellte empört. Der Müller und ich sprangen aus dem Auto.
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    »Mädchen, bist du des Teufels?« brüllte der Müller. »Auf die Art wirst nicht lang leben!«
    Die Joschi zitterte wie das berüchtigte Espenlaub. Mehr als
    »Ich hab nicht gewußt, daß du im Wagen bist!« brachte sie nicht heraus. Ich führte sie zum Alfa, schob sie zur Tür am Beifahrersitz hinein und drückte sie auf den zerschlissenen Polstersitz. Der Müller stieg auch in den Wagen. Und ich versuchte, den Riesenhund, der sich wieder auf den hinteren Sitzen breitgemacht hatte, so weit zu verdrängen, daß ich auch Platz fand. Das gelang mir halbwegs. Der Müller startete wieder mehrmals, fluchte über den Alfa, sagte zwi-schendurch zur Joschi, daß sie ihm mindestens zehn weiße Haare eingebracht habe

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