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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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auf die Papierkugeln legte
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    und dann das Papier anzündete. Ich wollte die blöde Ein-heizerei erlernen. Morgen, werter Müller, dachte ich, wirst du dich nicht mehr lustig machen können über mich.
    Als die Spandeln knisternd und flackernd brannten, machte der Müller das obere Türl zu, trug uns auf, das untere Türl offen zu lassen, sonst habe das Feuer zu wenig Zug, und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Die Joschi füllte einen Topf mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Zum Geschirrwaschen, sagte sie. Wie eine Brummhummel wieselte sie durch die Küche und suchte Dreckgeschirr zusammen und ordnete es in Glas, Porzellan und Blech. Sie sagte, man müsse zuerst das Glas, dann das Porzellan und zum Schluß das Blech waschen, wenn man nicht in fließendem Wasser, sondern in stehendem wasche. Mir trug sie auf, mit Zeitungspapier den groben Dreck aus dem Geschirr zu putzen, auf daß das Wasser hinterher nicht so arg ver-schmutze. Ich machte mich an die Arbeit, aber da war kein wischbarer Dreck. Die Essensreste klebten eingetrocknet und beinhart an dem Zeug. So nahm ich ein Messer und kratzte halt. Worauf der Müller aus der Stube kam und sich nach dem nervtötenden Geräusch, dem scharrenden, erkundigte. Ich wies stolz auf das Hauferl undefinierbaren Unrat, den ich schon abgekratzt hatte, der Müller bemühte sich um ein beifälliges Nicken, aber ich merkte doch, daß er ein belustigtes Grinsen nur mühsam verbarg. Dann schaute er zum Ofen, machte das obere Türl auf, seufzte, deutete auf den leeren Rost mit den zwei winzigen Glutbröserln drauf und sprach:
    »Oh, ihr Kummerkinder! Feuer braucht Nahrung. Nachle-gen muß man schon!« Und eilte aus dem Haus, um neuerlich Spandeln zu machen.
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    Um die Sache abzukürzen: Der Müller übernahm die Kü-
    chenoberleitung, die Joschi assistierte ihm, und ich dödelte zwischen ihnen herum. So nützlich wie ein Klopfstaubsau-ger in der Wüste kam ich mir vor! Und der Müller tröstete mich noch hämisch mit Aussprüchen wie »Mach dir nichts draus, auch der Alltag ist erlernbar!« und »Aber daß die Milch, bevor sie ins Fackel kommt, in einer Kuh war, weißt du schon, oder?«
    Ich kann nicht sagen, daß mir das sehr gefiel. Und schon gar nicht freute mich, daß die Joschi über diese Aussprüche lachte. Und überhaupt himmelte sie meinen zerknitterten Zwilling ungeheuer an. Als wir dann schon beim Eierspeis-essen saßen und der Müller wieder so eine fiese Bemerkung machte, irgend etwas über Knabenhände, zu feingliederig für andere Tätigkeiten als Flipperbedienen, wurde ich stocksauer. »He, he, schrecklich witzig!« fauchte ich.
    Der Müller entschuldigte sich bei mir. Er sei, sagte er, eben ein kindischer Trottel, er fühle sich der Situation, in die ich ihn gebracht habe, nicht gewachsen und versuche das durch dumme Reden zu vertuschen. Es sei weiß Gott nicht einfach, urplötzlich seinem vierzehnjährigen Sohn gegenüber-zusitzen, noch dazu, wo der von zu Hause abgehauen sei und ein ebenfalls getürmtes Mädchen mitgebracht habe.
    Damit war der Anpfiff zum ernsten Teil des Abends getan, und der Müller ließ den Ankick auch gleich folgen.
    Er fragte:
    »Also, was erwartet ihr von mir, ihr Kummerkinder?«
    Während ich die Antwort überlegte, holte er sich eine Flasche Wein und ein Glas. Als er bereits das halbe Glas aus-getrunken hatte, hatte ich noch immer keine Antwort parat.
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    »Irgendwas werdet ihr euch doch vorgestellt haben, als ihr euch auf die Socken gemacht habt!« sagte der Müller.
    Die Joschi sagte: »Eigentlich nur, daß ich nimmer nach Haus gehsn kann. Und daß ich irgendwo hin muß. Und dem Wolfgang sind nur Sie eingefallen. Er ist wirklich nur wegen mir von zu Haus weg. Er hat's ja sowieso dufte und Powidl!«
    Ich seufzte, um anzudeuten, daß das eine irrige Meinung sei, doch die Joschi machte bloß eine abschätzige Red-keinen-Plunder-Handbewegung und fuhr fort: »Der Wofi kann auch jederzeit wieder heim, mehr als ein bißl Kepple-rei hat er sicher nicht zu erwarten. Sonst hätte ich auch gar nicht zugelassen, daß er mit mir geht.«
    Sie schmierte mit einem Stück Brotrinde ihren Teller aus und steckte den eingefetteten Happen in den Mund. »Aber ich geh nie mehr heim, nie mehr.« Die Joschi schluckte den zerkauten Happen. »Da geh ich lieber als Kuhdirn zu einem Bauern. Oder geheim auf den Strich!«
    »Mädchen, Mädchen«, sagte der Müller. »Du redest von Sachen, von denen du keine Ahnung hast!« Er goß neuen Wein in

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