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Olfie Obermayer und der Ödipus

Olfie Obermayer und der Ödipus

Titel: Olfie Obermayer und der Ödipus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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Nowak hielt Abstand zu uns. Er lag in der hintersten Kü-
    chenecke. Sicher auch wegen der Zwiebeln. Gerade als wir bei den letzten drei Zwiebeln waren, hörten wir ein Auto-motorengeräusch, das näherkam und lauter wurde. Ich lief zum Küchenfenster. Das Auto war der R 5 der Mama. Mein Herz begann stark zu klopfen. Im Sieben-achtel-Takt.
    »Ist sie es?« fragte die Joschi.
    Ich nickte. Der rote R 5 fuhr an unserem Haus vorbei. Ver-dattert schaute ich ihm nach.
    »Keine Sorge«, sagte der Johannes. »Die Lady kommt zu-rück. Nach zwei Kilometern hört der Weg auf. Beim er-stenmal Herkommen fahren die meisten vorbei!«
    Der Johannes schnitt seelenruhig die Zwiebeln fertig, tat Schmalz in eine Pfanne und schüttete den Zwiebelwürfel-berg dazu. Ein paar Zwiebelwürfel fielen auf die Herdplatte und verkohlten zischend.
    Der Johannes rührte in den Zwiebelwürfeln herum. »Und wie geht es nun weiter, mein Sohn?« fragte er.
    »Kommt ganz darauf an, wie die Mama ihre Rolle anlegt«, sagte ich so cool wie möglich.
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    »Hintergründig, nehme ich an«, sagte der Johannes. Er putzte mit dem Kochlöffelstiel die verkohlten Zwiebel-bröckerln von der Herdplatte. »Aber ich will wissen, ob mir auch eine Rolle in dem Stück zugeteilt ist?«
    »Du bist mein treuer Vasall«, sagte ich. »Du stehst mir bei, so gut du kannst!«
    »Inwiefern? Mit welchem Ziele, mein Sohn?« fragte der Johannes. Doch bevor ich ihm weitere Regieanweisungen für den letzten Akt geben konnte, war der R 5 schon wieder vor dem Haus. Diesmal blieb er stehen. Der Nowak erhob sich, lief aus der Küche, drückte die Haustür mit dem Schä-
    del auf und raste auf den R 5 zu. Die Mama, die gerade beim Aussteigen war, zog sich wieder ins Auto zurück. Der Nowak legte die Vorderpfoten an die Seitenfenster und bellte ins Auto hinein.
    »Ich werde mich in die Kammer zurückziehen«, sagte die Joschi.
    »Du bleibst da und rührst mir die Zwiebeln.« Der Johannes drückte der Joschi den Kochlöffel in die Hand und lief aus dem Haus und holte den Nowak vom Auto herunter. Er hielt ihn am Halsband fest. Die Mama stieg aus dem Auto.
    Maßlos grimmig schaute sie drein.
    »Geh doch raus, begrüße sie«, sagte die Joschi zu mir.
    Aber ich ging in die Stube und setzte mich aufs Bett vom Johannes. Eine Begrüßung fand ich unpassend. Wer von daheim abhaut, kann doch nicht einen Tag später seine Frau Mutter begrüßen, als ob nichts passiert wäre. Und wie man jemanden begrüßt, wenn viel passiert ist, das wußte ich nicht.
    Ich überlegte mir, ob eine korrekt sitzende oder eine lässig lümmelnde Position vorteilhafter sei, aber ich kam zu kei-
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    ner En:scheidung, weil die Mama schon in die Stube ein-marschierte. Sie ließ kurz einen irritierten Blick über die sagenhafte Unordnung gleiten, dann fixierte sie mich. Ungeheuer arrogant schaut sie mich an. Und sie sagte:
    »So, werter Knabe! Jetzt sag brav ba-ba, und dann fahren wir nach Hause!«
    »Nein!« sagte ich und versuchte, genauso arrogant dreinzu-schauen.
    »Doch!« sagte die Mama. »Mach schon!« Der Nowak kam in die Stube und zu mir her. Er lagerte sich zu meinen Fü-
    ßen. Der Johannes kam auch in die Stube, er fegte ver-mischten Kram vom großen Polstersessel auf den Boden.
    »So setz dich doch«, sagte er zur Mama. Die Mama ignorierte diese Empfehlung.
    »Olf! Mach mich nicht wild«, sagte sie. »Ich beherrsche mich ohnehin nur sehr mühsam. Du kommst jetzt mit mir.
    Alles weitere bereden wir zu Hause!«
    »Ich denke gar nicht daran«, sagte ich. »Aber wenn du Gewalt anwenden willst, dann bitte!« Ich hob die Arme. »Ich ergebe mich! Trag mich raus!«
    »Ich trag dich einen Dreck raus«, rief die Mama. »Entweder du kommst freiwillig, oder ich hole die Gendarmerie zu Hilfe!«
    »Moni, mach dich nicht lächerlich«, sagte der Johannes.
    »Du halt den Mund«, zischte die Mama. Der Johannes hielt nicht den Mund, sondern der Mama den Telefonhörer hin.
    Dazu nannte er die Nummer der Gendarmeriestelle.
    »Wenn du das tust, Mama«, sagte ich, »dann schau ich dich mein Lebtag lang nimmer freundlich an. Ehrenwort!«
    Die Mama nahm den Telefonhörer trotzdem. Einen Augenblick lang dachte ich: Die spinnt! Die holt wirklich den
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    Gendarmen! Aber dann gab die Mama dem Johannes den Telefonhörer zurück, und der Johannes legte ihn auf.
    Die Mama setzte sich in den Polsterstuhl. Sie holte Zigaretten aus der Handtasche, steckte eine in den Mund und suchte in der Tasche nach Feuer. Der Johannes wollte

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