Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
aber wenigstens Flottmann hätte dann bewacht werden müssen.
„Ich werde Gauernack darauf ansprechen.“
Die Gruppe schaute mit Aufmerksamkeit zu Meinhold herüber.
„Er musste sich auch darüber im Klaren sein, dass Lohse schon am selben Tag gefunden würde. Hat er das geplant oder ist das nur ein Nebeneffekt der Tat?“ Klauk schaltete sich ins Gespräch ein.
„Wenn wir ihn als Ersttäter betrachten, dann ist er mit dem Toten womöglich überfordert gewesen. Daher hat er ihn womöglich in Panik dort liegen lassen.“
„Glaube ich nicht“, erwiderte Klauk, “Wer so kaltblütig seinen Plan ausführt, der ist auch mit einer Leiche nicht überfordert.“ Meinhold blitzte kurz aus ihren blauen Augen zu ihrem Kollegen herüber.
Hell schaute noch einmal in die Runde. „Der Zusammenhang hängt noch in der Luft. Meinhold hat Recht. Wir müssen momentan davon ausgehen, dass er wieder zuschlägt.“
Die nichtgeplante Sitzung war zu Ende. Ohne dass er ihnen ihre Aufgaben zugeteilt hätte, wusste jeder, was er zu tun hatte.
Hell machte sich auf den Weg zum nächsten Geldautomaten, nachdem er bei Staatsanwalt Gauernack die Überwachung Flottmanns durchgesetzt hatte.
Kapitel 5
Daniel Hesse betrachtete das metallene Gerät, was er in seiner Hand hielt, mit einer gewissen Vorfreude. Schwer und kalt lag es in seiner Hand. Er legte es zurück in die Verpackung, stopfte die in den schwarzen Rucksack, zurrte ihn zu und stellte ihn im Flur neben die Eingangstüre. Er öffnete die Eingangstüre, schaute, ob die Zeitung schon geliefert worden war, nahm sie aus der Metallröhre, auf der geprägt der Name der Zeitung stand. Das war aber nur ein Vorwand. Eigentlich wollte er sich vergewissern, ob der silberne Golf, der ihm schon seit gestern immer wieder aufgefallen war, sich wieder in der Straße befand. Brav stand er auf der anderen Straßenseite. Hesse drehte sich um, hielt die Zeitung vor sich als wolle er die Schlagzeile lesen. Der Mann, der im Golf saß, war nicht deutlich zu erkennen. Er ging hinein, nahm den Rucksack, ging ins Wohnzimmer, schob die Türe zum Garten auf, ging hinaus und schob sie wieder zu. Er durchquerte den Garten, öffnete das hintere Gartentörchen und machte sich aus dem Staub, ohne dass der Mann im Golf auch nur das Geringste davon bemerkte.
Thorsten Flottmann saß in seinem Wohnzimmer. Die Gardinen hatte er völlig zugezogen. Licht gab es nur durch den Fernseher, der ohne Ton lief. Ihm war nicht einmal aufgefallen, dass er einen Verkaufssender eingeschaltet hatte. Er saß auf einem Sessel, neben sich auf dem Boden lagen einige bereits geleerte Flaschen. Er wollte sich besaufen. Die Polizei hielt ihn für einen Mörder, Zylau hatte in überfallen. Sein Leben war völlig aus den Fugen. Keiner der Nachbarn hatte ihm auch nur die Tageszeit gesagt. Er bildete sich ein, jeder auf der Straße sähe ihn seltsam an. Selbst der Arzt, bei dem er am Morgen gewesen war, hatte ihn seltsam angesehen. Oder er hatte es so empfunden. Egal, er wollte sich besaufen, um den ganzen Mist zu vergessen. Die Bilder flimmerten vor seiner Stirn, erreichten ihn aber nicht mehr. Der Alkohol und die Medikamente, die er genommen hatte, machten ihn benommen. Als es klingelte, fuhr er aus dem Schlaf hoch. Panik packte ihn. Sein Herz klopfte bis zum Hals. Er rappelte sich auf und wankte zur Haustüre. Er quetschte ein Auge an den Türspion. Draußen standen zwei Männer. Er kannte sie nicht. Einer der Männer drückte erneut auf die Klingel. Wieder Bullen durchfuhr es ihn. Sie würden ihn wieder abholen und auf dem Präsidium quälen.
„Herr Flottmann machen sie auf. Wir sind Zivilbeamte und zu ihrem Schutz hier.“
Er konnte gar nicht glauben, was er da hörte. War noch etwas passiert? Es musste noch etwas passiert sein, sonst würden sie ihn jetzt nicht schützen wollen. Er öffnete die Türe und schaute durch einen schmalen Spalt nach draußen.
„Herr Flottmann?“, fragte einer der Männer. Seine Stimme versagte. Er räusperte sich. „Ja.“
Sie hielten ihm ihre Dienstmarken vor die Nase und nannten die Namen Weiss und Schell. „Dürfen wir eintreten?“
„Nein“, sagte Flottmann spontan, „Ich bin krank und liege im Bett.“
„Wie Sie wollen. Wir sitzen im Dienstwagen vor der Türe. Wenn etwas ist, dann rufen sie uns an.“ Er steckte ihm eine Visitenkarte zu.
„Jaja, mache ich dann“, antwortete Flottmann, der eigentlich froh hätte sein sollen. Nun konnte kein Zylau mehr einfach bei ihm
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