Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
schwarz.“
Wendt blickte zu Hell hinüber. Bisher waren sie davon ausgegangen, es sei ein normaler Elektroschocker benutzt worden. Aber nun war das fragwürdig. „Sie sind sicher?“
„Ja, da bin ich sicher.“ Flottmann nickte heftig.
„Fällt Ihnen sonst noch etwas ein? Hat er einen besonderen Geruch gehabt? Ein Rasierwasser oder hat er nach Schweiß gerochen?“
„Nein, er war nur stark wie ein Ochse. Er hat mich durch den Flur geschoben, als wäre ich ein Leichtgewicht. Und er hat mich in den Wagen der Polizei gewuchtet, als sei ich ein Sack Zement.“
„Ok, Herr Flottmann, das waren alles sehr wichtige Hinweise. Ich danke Ihnen für ihr Kommen. Sie können jetzt gehen. Noch einen schönen Tag.“ Hell nahm seinen Aktenordner in die Hand und stellte ihn vor sich auf den Tisch. Schon stand er auf. Wendt blickte ihn an. Sein Chef wusste sicher, was er tat. Auch die beiden Männer auf der anderen Seite des Tisches waren überrascht. Flottmann quälte sich hinter dem Tisch hervor, sagte etwas zu seinem Anwalt und die beiden Männer gingen hinaus. Die Türe blieb offen stehen.
„Wir haben einige neue Informationen erhalten. Was für ein Schocker ist das? Kennen sie so einen Schocker?“
„Nein, ich kümmere mich.“ Wendt war ebenfalls aufgestanden und trat neben seinen Chef.
„Und wir wissen, wie der Mann gekleidet war, wir wissen, er trug einen Rucksack, wir wissen, er ist Rechtshänder und er ist stark. Alles brauchbare, neue Informationen.“ Hell war zufrieden, er blickte Wendt kämpferisch an. Es war zwar nicht viel, aber eine erste Spur. Wendt schaute seinen Chef skeptisch an. Hell trat noch näher an ihn heran.
„Wir haben ein Bild, Wendt, wir haben eine Beschreibung.“
„Ja Chef, stimmt. Wir haben eine Beschreibung. Aber hätten wir ihn nicht weiter ausquetschen sollen? Weiter über die Szene meine ich.“ Wendt lehnte sich gegen den festgeschraubten Stuhl.
„Ja, das hätten wir tun können. Wir schnappen ihn uns ohne seinen Anwalt. Das ist effektiver.“
Er klopfte Wendt den Aktenordner vor die Brust und ging hinaus. Wendt blieb eine Weile noch gegen den Stuhl gelehnt stehen. Dann ging er los und suchte im Internet nach der Waffe, die gegen Flottmann eingesetzt worden war. Sehr schnell fand er heraus, dass es sich um einen Bullenstopper handeln musste. Die wurden auf Bauernhöfen und auf Schlachthöfen eingesetzt um wild gewordene Stiere oder Bullen zur Raison zu bringen. Im Internet konnte man sie nicht einfach erwerben, es sei denn, man war ein Schlachtbetrieb. Also musste der Täter dort arbeiten oder das Gerät anderweitig erworben haben. Er legte Hell eine Notiz auf den Tisch und verließ das Präsidium. Auf dem Weg zu seinem Auto telefonierte er mit seiner Freundin. Er verabredete sich mit ihr zum Abendessen in einer Pizzeria in der Bonner Innenstadt.
Als Oliver Hell nach Hause kam, hatte er erwartet, seinen Sohn wieder vorzufinden. Doch der war nicht da. Kein Fernseher lief. Irgendwie beruhigte ihn das. Er hängte sein Jackett auf den Garderobenständer und löste seine Krawatte. Er fragte sich, wieso er sich das antat und bei den heißen Temperaturen auch noch eine Krawatte trug. Er streifte sie vollends ab und öffnete den obersten Hemdknopf. Er kramte den Autoschlüssel aus der Hosentasche und legte ihn auf die Ablage in der Diele. Er freute sich auf eine ausgiebige Dusche. Vorher wollte er aber noch ein Glas Wasser trinken und ging in die Küche. Er öffnete den großen amerikanischen Kühlschrank, in dem auch ein Eiswürfelspender eingebaut war. Den hatte seine Frau damals unbedingt haben wollen. Seitdem sie ausgezogen war, hatte er den Eiswürfelspender nicht ein einziges Mal benutzt. Edelstahloptik hatte sie haben wollen. Schließlich hatte er nachgegeben und den Kühlschrank bestellt. Er öffnete die große Türe, schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein. Er schloss die Türe und betätigte den Knopf für die Eiswürfel. Die Maschine rumpelte los und einige Würfel purzelten in sein Wasserglas. Er trank einen großen Schluck. Dann stellte er das Glas auf die Anrichte und wollte gerade das Brot aus dem Brotkasten nehmen, als sein Blick auf einen Gegenstand fiel, der in der Küche nichts zu suchen hatte. Er erstarrte. Neben dem freistehenden Küchenblock, über dem die große Dunstabzugshaube hing, stand ein Benzinkanister. Ein Benzinkanister aus Metall. So wie sie die Armee benutzte. Er war olivgrün lackiert. Die kleinen Haare in Hells Nacken stellten sich
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