Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
dabei, auf denen Tiere dabei getötet werden.“ Meinhold blinzelte mit den Augen, da sie von der Sonne geblendet wurde. Sie stand auf und schloss die Jalousie.
Meinhold hatte die richtigen Worte gewählt. Leck schaute zu ihr herüber und dachte kurz nach.
„Aus forensisch-psychiatrischer Sicht ergeben sich deutliche Hinweise, dass Tierquälereien als frühes Warnsignal für eine spätere deviante Entwicklung gelten müssen, die – wie Einzelfallanalysen gezeigt haben – bis hin zur späteren Mehrfachtötung von Menschen als Umsetzung einer „Maximalfantasie“ gehen kann.“ Die Worte klangen im Raum nach. So sprechen also Profiler, dachte Meinhold.
„Das will sagen, alle Tierquäler sind potentielle Killer und man kann es schon in der Kindheit ablesen?“ Klauk beugte sich nach vorne und verschränkte seine Arme auf dem Tisch.
„Ich beschäftige mich seit mehr als zehn Jahren mit diesem Thema. Mich interessierte einfach der Grund, warum Menschen in der Lage sind bestimmte Dinge zu tun, welche von der Gesellschaft als verwerflich und als moralisch nicht duldsam angesehen werden. Dies reicht vom kleinen Ladendiebstahl, über die Körperverletzung, bis hin zum Serienmord. Die Tatsache, dass der einfachste und geringfügigste Ladendiebstahl und der grausamste und verabscheuungswürdigste Mord ihre Wurzeln bereits in der frühen Kindheit haben können und wie wenig es eigentlich dazu bedarf, dass aus einem „normalen“ Kleinkind in späterer Folge einmal ein Verbrecher wird, erschütterte mich und gleichzeitig weckte es mein Interesse.“
„Ja, aber ich weiß nicht. War das jetzt eine Antwort auf meine Frage?“ Klauk schaute Leck an und Leck blickte ihn an.
„Symptome abnormalen Verhaltens, wie sie in späteren Handlungen und in Vorstufen derselben in Erscheinung traten, wurde in Untersuchungen soweit wie möglich, oft bis in die früheste Kindheit, nachgegangen.“
„Reden wir jetzt über die Zoophilen oder reden wir über den, der sich – nennen wir es mal so - um sie kümmert?“
„Ich denke, dass sie sich dort nicht groß unterscheiden.“
„Ach ja?“
„Nein, die Tierquäler sind noch auf einer anderen Stufe. Unser Mörder ist bloß schon einen Schritt weiter.“
„Ist er auch ein Perverser?“ Hell hätte das Wort lieber wieder zurückgenommen, doch hatte er es ausgesprochen.
„Das vermag ich nicht zu sagen. Er hat jedenfalls Freude daran, einen Menschen zu verstümmeln. Ich nenne das Tätowieren jetzt mal so. Damit verbindet er eine moralische Botschaft. Er sagt uns, seht her, ich kenne diese Menschen und ich richte sie. Euch ist es egal, was den Tieren passiert, mir nicht. Er handelt in seinen Augen moralischer als der Staat und das Gesetz.“
„Wer kann es sein? Was bringt ihn zu den Taten?“
„Ich kann jetzt nur mutmaßen: er ist irgendwie involviert. Die Taten sind für mich persönlich motiviert.“
„Sie denken, wir müssen den Täter auch im Umfeld der Zoophilen suchen?“
„Nein, weiß ich nicht. Das müssen wir herausfinden. Erwarten Sie bitte nicht von mir, dass ich den Fall hier und jetzt löse. Ich vermag ihnen das nicht zu beantworten. Wenn ich jetzt etwas sage, dann richte ich ihre Gedanken womöglich in die falsche Richtung. “
„Können wir ihn irgendwie aus der Reserve locken?“
„Da muss ich sie enttäuschen. Er hat momentan das Zepter in der Hand. Er hat das, was er gesucht hat. Er hat Aufmerksamkeit. Er hat Presse.“
„Und wenn wir die ihm nehmen oder ihn dort als unmoralisch darstellen? Gesetzt den Fall, er sieht sich wirklich als diese moralische Instanz, so wie Sie ihn darstellen.“
Leck war es aufgefallen, dass die einzige Frau im Team bislang ruhig geblieben war. Umso weniger war sie nun über diese Worte erstaunt. Meinhold hatte einen Volltreffer gelandet. Mit einem Satz hatte sie sich für Leck interessant gemacht. Einerseits hatte sie einen Plan geäußert, andererseits hatte sie mit ihrem Nebensatz ihre Kompetenz in Frage gestellt. So etwas imponierte Leck, weil sie es nur zu oft beobachtete, dass ihr junge Polizistinnen in den Arsch krochen, um sich einzuschleimen.
„Er hat die Presse, die er wollte. Man hätte die Presse außen vorhalten müssen. Dafür ist es zu spät.“
„In der Presse geht es aber bisher aber nur um den Angriff auf Flottmann. Es weiß niemand, dass er ein Zoophiler ist.“ Klauks Augenlider zuckten. Leck mustert ihn und ein fast spitzbübischer Ausdruck umspielt ihre Lippen.
„Bingo“, sagte sie, „Da
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