Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
gekannt.“
„Klar, habe ich den gekannt. Schließlich steht mein Pferd hier. Noch.“ Sie zurrte mit einem energischen Griff einen Steigbügel zu Recht.
„Was meinen Sie mit ‚noch‘?“
„Hier gehen seltsame Dinge ab. Hier stehen Pferde für ein paar Tage ein und sind dann plötzlich nach diesen Seminaren wieder verschwunden. Aber keiner der Teilnehmer reitet.“
„Seminare?“
„Ja, wissen Sie das noch nicht? Dempf hat hier Seminare abgehalten für Geschäftsleute. Dann stand der Hof immer voller Nobelkarossen. Nur so dicke Schlitten.“
„Aha“, sagte Hell, „Wann waren diese Seminare?“
„Das letzte Mal war eines an dem Tag, als Robert Lohse verschwand.“
„Robert Lohse war verschwunden?“
„Ja, an dem Abend, bevor er tot aufgefunden wurde. Dempf hat ihn überall gesucht.“
„Sehr interessant“, sagte Hell, „Würden Sie mir bitte ihre Anschrift geben. Wir laden Sie dann zur Aussage ins Präsidium ein.“
„Ja gerne. Aber erst möchte ich meine Runde reiten. Wären Sie so nett und öffnen das Gatter für mich?“
Hell ging zum Gatter herüber und entriegelte es. Die junge Frau trabte langsam auf das geöffnete Gatter zu und gab auf der anderen Seite dem Braunen heftig die Sporen. Hell sah ihr lange nach. Dann ging er hinüber ins Büro von Thomas Dempf und überraschte seine Kollegen mit dem Wissen über die Seminare.
„Woher wissen sie das denn, Chef?“ Meinhold schaute ihn völlig perplex an. Sie wusste ja, dass ihr Chef jede Menge Überraschungen im Köcher hatte. Aber woher er das mit den Seminaren wusste, konnte sie sich nicht erklären. Schließlich hatten sie selber von diesen Seminaren eben erst erfahren.
„Das hat mir ein Pferd geflüstert. Ach, bevor ich es vergesse. Fordert bitte einen Leichenspürhund an.“ Hell ging vergnügt aus dem Büro. Beinahe hätte er vor sich hin gepfiffen. Wie weggeblasen waren die üblen Bilder, die ihn noch kurz zuvor gequält hatten.
Als Hell und Meinhold zusammen auf der Bank saßen, war die Sonne schon so weit gewandert, dass Hell ohne Sonnenbrille da saß. Er hatte ihr eben sein Geheimnis offenbart. Wie er zu seinem Wissen über die Seminare gekommen war. Meinhold hatte daraufhin die Personalien der jungen Reiterin aufgenommen, als sie von ihrem Ausritt zurückgekehrt war. Jetzt saßen beide auf der Bank.
„Es ist so friedlich hier“, sagte Meinhold in die Stille hinein. Hell schien das aber nicht zu hören.
„Wir müssen die Handyverbindungen der Leute checken lassen. Dempf, Bündgen, Flottmann, meinetwegen auch noch einmal Lohse.“
„Die Handys von Lohse, Zylau und Flottmann wurden bereits gecheckt, ebenso ihre E-mail-Accounts. Die agieren so vorsichtig. Da ist kein Kontakt nachzuweisen.“
Hell schaute auf den gegenüberliegenden Hügel, als läge dort die Antwort. „Aber sie müssen doch eine Art der Kommunikation haben, die sie über die Treffen informiert. Hat Wendt noch einmal bei Facebook geschaut? Vielleicht ist da etwas zu finden oder in den einschlägigen Websites der Zoophilen?“
„Ich spreche ihn drauf an.“
Hell nickte. Eine Viertelstunde später kam der Hundeführer an. Er hatte einen belgischen Schäferhund bei sich. Der Hund hieß Rocky und war schon lange im Dienst. Hell machte eine Handbewegung und der Hundeführer, der ebenfalls kurz vor seine Pensionierung stand, kam durch den Stall zu ihnen herüber. Sein Name war Otte.
„Hallo, Herr Otte, wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, wie geht es Ihnen, wie geht es dem Hund?“
„Danke Herr Kommissar, uns geht es prächtig. Wir stehen beide vor der Pensionierung.“ Er blickte zu seinem Hund herunter. Der saß brav neben seinem Herrchen und schaute erwartungsvoll zu ihm hinauf.
„Ich will nicht lange um den heißen Brei reden. Wir ermitteln hier gegen die Zoophilenszene. Meine Idee ist, dass sie hier irgendwo auf dem Grundstück Tiere vergraben haben, die bei den Praktiken zu Tode gekommen sind. Ist ihr Hund in der Lage auch tote Körper zu finden, die schon länger tot sind?“
Der Hundeführer nickte. Sie begannen im Stall. Der Hund nahm Witterung auf, zog hinaus ins Helle und gab auf der Koppel das erste Mal laut. Hell fühlte sich bestätigt. Das Stroh in der Koppel war frisch. Das war ihm aufgefallen. Frischer als im Stall selber. Der Hundeführer gab dem Hund ein Zeichen und er suchte weiter. Hell kratzte mit dem Fuß eine Markierung auf dem Boden.
Der Hund zog sofort wieder an. Er verließ die Koppel und zog in Richtung
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