Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
sparte Geld und kündigte der Sicherheitsfirma. Nun trieben sich hier Obdachlose und Drogensüchtige herum, schliefen dort auch nachts. Es gab die ersten Graffitis an den Wänden.
Als noch die Sicherheitsfirma dort kontrollierte, war es ein sicherer Ort. Man konnte ungestört die Fotos machen. Der Wachschutz kam immer zur gleichen Zeit. Bis dahin und danach hatte man Zeit für die Aktivitäten gehabt und man fand auch noch Zeit, alles wieder zu säubern. Das war immer die Aufgabe von Lohse und ihm gewesen. Jetzt war es dort nicht mehr sicher. Zylau überlegte kurz. Es fiel ihm aber kein anderer Ort ein. Er öffnete die schwere eiserne Türe und schlüpfte hinein. Sein Schritt hallte in der leeren Halle. Er ging langsamer. Sein Ziel war der Raum, in dem der Vorarbeiter des Hallensegmentes gesessen hatte. Es gab dort eine Schiebetüre. Der Raum war fast fensterlos. Unter der abgehängten Decke gab es nur ein Lichtband, was den Raum spärlich mit Licht versorgte. Wieso der Vorarbeiter die Chance ungenutzt ließ, durch normale Fenster Sicht auf die Arbeiter der Schicht zu haben, kümmerte Zylau nicht wirklich. Der Raum war perfekt für sein Vorhaben, er konnte ihn mit der neu gekauften Kette und dem Vorhängeschloss sichern. Man konnte die Stahlkonstruktion nutzen um kletternd auf das Dach des Raumes gelangen. Dort hatte man einen Überblick auf die gesamte Halle, ohne gesehen zu werden. Zylau warf seinen Schlafsack auf das Dach. Es gab noch einen wackeligen Tisch in dem Raum. Dort stellte er seinen Rucksack hin und fing an sich zu rasieren. Er rasierte seine Koteletten ab, stutzte mit einer Schere den Kinnbart. Danach stellte er sich erneut vor den Spiegel, der an der Wand über dem Waschbecken hing. Er mischte die Haarfarbe zusammen, zog sich die Handschuhe an, die der Packung beilagen, und verteilte mit den Händen die Farbe auf seinem Kopf.
Nach einer halben Stunde goss er sich den Inhalt einer anderthalb Literflasche stilles Wasser über den Kopf und wusch sich so die Reste des Färbemittels aus den Haaren. Er blickte in den Spiegel und fing an zu lachen.
*
Die Gruppe traf sich um acht Uhr im Besprechungsraum. Hell hatte wieder in seinem Arbeitszimmer die Nacht verbracht. Daher hatte er es heute nicht weit. Sie wurden heute ergänzt durch Frau Doktor Leck und Tim Wrobel. Der Leiter der KTU hatte eine weitere Nachtschicht hinter sich gebracht, um die ersten Ergebnisse der Haussuchung bei Dempf zu erläutern.
„Wir haben auf einem Laptop in dem Seminarraum etliche Namen der Teilnehmer gefunden. Dempf war sich anscheinend sehr sicher, nicht enttarnt zu werden. Es sind Adressen von Geschäftsleuten und Unternehmern aus ganz Deutschland. Wenn die wirklich alle zur Szene gehören, dann ist sie größer als wir vermutet haben. Sehr interessant für uns ist ein Name, der auch auf der Liste steht.“ Wrobel schaute in die Runde und kostete die Spannung aus, die er erzeugte.
„Und?“
„Es handelt sich um einen Ministerialrat a.D., der hier in Bonn lebt. Ein sehr angesehener und honoriger Mann. Dr. Friedrich Culmann ist sein Name. Der dürfte Ihnen ein Begriff sein.“ Wieder schaute er in die Gesichter seiner Kollegen.
„Kenne ich nicht“, sagte Klauk, „Wer ist das?“
„Wenn ich richtig informiert bin, dann ist er unter Kohl eine dicke Nummer gewesen. Als Merkel an die Regierung kam, hat er sich zurückgezogen. Es soll dort Spannungen gegeben haben. Er taucht in schöner Regelmäßigkeit auf Wohltätigkeitsveranstaltungen auf und spendet dort immense Beträge.“
„Richtig“, sagte Wrobel, „Genau der ist gemeint. Ein Wohltäter. Er ist immer noch gesellschaftlich eine dicke Nummer. Wenn wir den angehen wollen, dann müssen wir so was von handfeste Beweise haben, sonst nehmen wir alle unseren Hut.“
„Wie kommt so jemand an die Zoophilenszene heran?“ Meinhold zuckte zusammen. „Wenn es stimmt, meine ich.“
Hell hatte bisher nichts gesagt. „Er kann meinetwegen der liebe Gott persönlich sein. Hat er Dreck am Stecken, nehmen wir ihn uns vor. Wie ich aber gestern schon bemerkt habe, wenn es politisch wird, müssen wir sehr sauber ermitteln. Diese Herrschaften haben Anwälte, die mehr verdienen als wir in einem Jahr und das an einem Tag. Und es darf nichts von den Ermittlungen vorher an die Öffentlichkeit dringen, sonst werden wir mit Anzeigen wegen übler Nachrede und allem Weiteren überzogen.“
Doktor Leck griff nach einem Keks, der auf dem Tisch in einer Schale lag. Sie wartete darauf, ihre
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