Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
öffneten sie die Türe und gingen in den Vorraum. Jeder der Ermittler hatte seinen Tatortkoffer dabei. Sie leuchteten mit Taschenlampen in den hinteren Bereich. Sie trafen niemand dort an. Klauk interessierte sich vor allem für die Bücher im Schaufenster. Er steuerte zielsicher auf das Buch zu, was ihm schon von draußen aufgefallen war. Ob Hesse diese Seite bewusst aufgeschlagen hatte?
Er blätterte darin, fand noch mehr Fotos von dem Mann mit den teuren handgenähten Schuhen. Vielleicht konnte der Besitzer eines bekannten Schuhladens, der in der Bonner Innenstadt eben genau diese Schuhe vertrieb, Auskunft geben, wer so etwas in Bonn kaufte und trug. Seit dem Umzug der meisten Ministerien nach Berlin kauften sicher nicht mehr so viele Minister oder Botschaftsangehörige solches Schuhwerk. Er tütete das Buch in einen Plastikbeutel ein.
Seib rief ihn von gegenüber. Er ging durch die Türe in den Raum dahinter.
„Wir haben das da entdeckt.“ Er zeigte auf einen schwarzen Pfeil, der in einem Holzschrank steckte. Klauk trat an den Schrank heran und betrachtete den Pfeil aufmerksam.
„Genau wie die anderen. Er macht sich nicht mehr die Mühe die Spuren zu verwischen. Er weiß, dass wir wissen, wer er ist. Oder er wird generell nachlässig, weil wir an ihm dran sind“, resümierte Klauk.
„Zeitnot hatte er jedenfalls nicht. Was er hier alles bewegt hat.“ Er deutete auf den Koffer, der auf der Theke stand. „Hier, auf dem Boden sind auch mehrere kleine Blutspritzer. Wir nehmen die DNA-Proben.“
„Womöglich hat es einen Kampf gegeben.“ Kirsch kniete schon nieder und tupfte den kleinen Wattestab in das Blut.
„Nehmt ihr bitte noch Abdrücke von den Büchern und auch von den Kisten, in denen sie verpackt waren. Ich will wissen, ob das nur Bündgen war, der die angefasst hat.“
Hesse hatte die Kisten alle auf einen Haufen geworfen, nachdem er die Bücher ausgepackt hatte. Seib nickte.
Klauk trat in den Vorraum zurück und schaute auf die Bücher in der Auslage. Eine Präsentation des Grauens. Was auch immer Hesse mit Bündgen noch angestellt hatte, ruiniert hatte er ihn bereits. Er nestelte umständlich sein Handy aus der Tasche, was wegen des Schutzanzuges recht beschwerlich war und rief Hell auf dem Flughafen an.
„Chef, wir haben einen Pfeil und wir haben neue Bücher mit zoophilem Inhalt und Fotos. Hesse hat ganze Arbeit geleistet. Bündgen kann seinen Laden dichtmachen.“
*
Als die drei Beamten von der KTU den BMW übernahmen, gingen Hell und Wendt wieder in den Ankunftsterminal herüber. Noch immer keine Spur von Hesse. Hell brach eine halbe Stunde später die Observierung ab und schickte auch die Einsatzkräfte wieder nach Hause. Er war wütend und enttäuscht. Hatte sie doch der Täter wieder an der Nase herumgeführt und war ihnen jetzt schon das x-te Mal durch die Lappen gegangen. Einzig die Meldung von Klauk machte etwas Mut. Hesse wurde nachlässiger, warum auch immer. Vielleicht macht er ja doch irgendwann den entscheidenden Fehler, machte sich der Kommissar selber Mut. Er fuhr zum Präsidium und legte sich auf seine harte Couch. Drei Etagen unter ihm schlief sein Sohn auf der Pritsche. Hell träumte nichts. Sein Sohn auch nicht.
Christina Meinhold hörte nicht das Klingeln des Handys. Sie hörte auch den Wecker nicht. Es war weit nach halb sieben, als sie ihre Augen aufschlug. Es machte ihr Mühe, den Kopf zu heben und auf den Radiowecker zu schielen. Sie sprang auf, bereute aber sofort den Aktionismus, denn sie hatte das Gefühl, ihr Gehirn könne der plötzlichen Bewegung nicht folgen. Ihr Mund war trocken und sie hatte das Gefühl, ein totes Tier hätte in ihrem Mund übernachtet. Sie riss die beiden Türen ihrer Balkontüre auf, um frische Luft hineinzulassen. Ihr war heiß. Sie wollte sich duschen.
Gemächlich schlurfte sie ins Badezimmer und trank einen ganzen Becher Wasser auf ex. Das Spiegelbild war nicht ihres. Es konnte nicht ihres sein. Die Frau dort sah aus, als hätte sie mächtig einen über den Durst getrunken. Sie warf der Frau Wasser ins Gesicht. Meinhold führte die Bürste mechanisch durch ihr Haar. Langsam, ganz langsam. Hinter ihrer Stirn lag eine weiße, bleierne Schwere. Der Kreislauf kam nicht auf Touren. Das Wasser lief minutenlang. Ihr Zustand besserte sich nicht. Auch nicht, als sie die Dusche verließ und auch nicht, als sie die ersten Tassen Kaffee getrunken hatte. Ihr Kopf versuchte, sich an den letzten Abend zu erinnern. Sie trat mit einem
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