Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
Motorraum. Der BMW-Motor schnurrte vor sich hin. „Nichts.“
Hell drehte den Zündschlüssel aus dem Schloss. Das Motorengeräusch erstarb schlagartig. Hell zog seine Waffe, stellte sich neben Wendt, der ebenfalls die Waffe im Anschlag hatte. Auf ‚drei‘ öffnete er den Kofferraum. Die Beamten schauten gespannt hinein. Der war leer. Mit einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung steckten beide die Waffen wieder in den Holster.
„Das war eine Ablenkung. Er ist noch hier. Ich weiß das. Verdammtes Arschloch!“ fluchte Wendt und schlug die Kofferraumhaube mit Wucht zu.
„Haben Sie Blut gesehen?“, fragte Hell seinen Mitarbeiter. Er konnte die Emotionalität seines Kollegen verstehen. Doch jetzt war ruhiges Nachdenken angesagt.
„Nein.“
„Dann schauen Sie nach, ob Sie welches sehen.“
Wendt ließ sich nicht gerne Vorschriften machen, doch sah er ein, dass es wichtig war. Schließlich gab es einen Vermissten. Der konnte durchaus mit dem BMW transportiert worden sein. Und bei Hesse ging es immer blutig zu. Das hatte er bewiesen. Er öffnete den Kofferraum erneut. Nach kurzer Augenschau schüttelte er den Kopf. „Ohne Luminol und die Lampe der KTU kann ich nichts sagen.“
„Rufen Sie einen Abschlepper. Sie sollen den BMW in der KTU untersuchen.“
„Ja, mache ich. Wo ist Hesse?“
„Sie haben Recht. Er ist womöglich noch hier. Das hier ist ihm nicht spektakulär genug.“ Hell griff erneut zur Zigarettenschachtel. Das Feuerzeug blitzte auf. Sie entfernten vom Fundort des Wagens. Wendt machte sein Telefonat.
„Ok, wir wurden eben unterbrochen. Was ist außer den Terminals öffentlich genug?“ Wendt.
„Was hat Doktor Leck gesagt? Ein Mord, eine Verstümmelung, wieder ein Mord. Hat sie Recht, kommt jetzt wieder eine Verstümmelung.“ Hell.
„Wer denn? Der Detektiv?“ Wendt.
„Der hat nix mit der Szene zu tun. Der ist ein Kollateralschaden. Eine Randfigur. Damit hält er sich nicht lange auf“, entgegnete Hell und saugte an seiner Zigarette als fände er in dem Nikotin eine Antwort.
In dem Moment hastete Klauk auf sie zu. „Und? Was ist passiert?“ Er atmete schwer, als er mit schlaksigen Armen vor ihnen austrudelte.
„Wir haben Hesses BMW, aber nicht Hesse. Er ist noch hier, da sind wir sicher. Alle beteiligten Beamten haben sein Foto. Wir können nur warten.“
„Oder mitsuchen“, sagte Klauk.
„Das wäre blinder Aktionismus, oder?“
„Ich tu lieber etwas Sinnloses als nichts.“
Hell wollte gerade seine Kollegen zur Ordnung rufen, als sein Handy erneut klingelte. Die Rufbereitschaft war dran. Es gab Anrufe aus der Bonner Innenstadt. Nachbarn von Gregor Bündgen, dem Druckereibesitzer, haben Licht und eine ungewöhnliche Dekoration aus der Druckerei gemeldet.“
„Jetzt wissen wir Bescheid, Kollegen. Er hat Bündgen, den Druckereibesitzer“, sagte er und schaute Wendt und Klauk an, „Nachbarn haben angerufen und ungewöhnliche Vorgänge gemeldet. Klauk, hier ist momentan nichts zu tun, was wir nicht alleine schaffen. Wollen Sie das übernehmen?“
Klauk war begeistert. „Klar Chef. Bin schon unterwegs.“ Er drehte sich um und ging schnell davon.
„Ja, Bündgen. Eigentlich logisch. Der war auch auf der Beerdigung. Hesse kannte ihn. Stand er nicht unter Polizeischutz?“
„Nein“, sagte Hell, „Er hatte das abgelehnt. Er sagte, das sei geschäftsschädigend, wenn die Kunden die Polizei vor dem Hause sähen.“
„Selber schuld. Hoffentlich hat Doktor Leck recht mit der Reihenfolge.“
Hell fragte einen der Bundespolizisten, die nach wie vor den Verkehr regelten, ob die Kollegen weiter nach Hesse Ausschau hielten. Das bestätigte der junge Beamte, es gäbe aber noch keine Sichtung.
„Er hält uns zum Narren. Wir sitzen hier, in Bonn rufen die Nachbarn nach der Polizei. Er geht davon aus, dass wir hier jetzt alles abbrechen und nach Bonn fahren“, sagte Hell.
„Möglich.“ Wendt klang desillusioniert.
„Aber das Spiel spielen wir nicht mit. Wo ist er, verdammt. Sein Auto ist er los. Will er hier weg, dann geht das zu Fuß oder mit einem Bus oder Taxi. Wendt ruf bei der Taxizentrale an, ob jemand einen Fahrgast hatte, der auf seine Beschreibung passt. Die sollen ein Fax mit dem Bild hinschicken.“
*
Welche Figur war als nächste am Zug? Hesse oder die Polizisten? Schwarz oder weiß? Hesse hatte seine Strategie bis hierhin mühelos durchgezogen. Das nötigte den Beamten eine gewisse Hochachtung ab. Ja, er war ein Mörder. Aber einer, der sich
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