Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
Bildern verdiente man Geld. Er grinste vor sich hin, nahm erneut das Handy zur Hand und wählte die Nummer von Kommissar Hell. Er strich sich mit der anderen Hand über das Haar. Eine unbewusste Geste, denn sein Blick ruhte noch immer auf dem Flughafengelände.
Der Fall war richtig in Bewegung gekommen. Am Anfang war jeder kleine Hinweis ein Fortschritt. Mittlerweile gab es jeden Tag neue Erkenntnisse. Doch das wirkliche Motiv von Hesse lag weiter im Dunkeln. Erst hatte es den Eindruck, als gäbe es den Täter nicht, doch jetzt war es klar, wer es war. Doch wie schon am Anfang war er ihnen einen Schritt voraus. Hell stand mit Wrobel in der KTU. Die DNA-Spuren, die am Tatort Bündgen gefunden wurden, waren eindeutig Hesse zuzuordnen. Dessen Wagen, ein Ford Kuga, war verschwunden, den hatte sicher Hesse.
Der Wagen war zur Fahndung ausgeschrieben. Bisher erfolglos. Wrobel mutmaßte gerade, dass Bündgen sehr wahrscheinlich nicht wieder auftauchen würde. Da klingelte Hells Handy. Er entschuldigte sich, nahm das Gespräch an. Es war Maier. Er berichtete mit kurzen Sätzen, was geschehen war. Hell versprach, ihn auf dem Laufenden zu halten.
„Packt eure Sachen. Auf dem Flughafen ist ein gefesselter Mann auf der Startbahn beinahe von einem Flieger erwischt worden. Er ist jetzt bei der Bundespolizei. Wetten wir, dass es Bündgen ist? Der Mann ist wohl momentan bewusstlos.“
Wrobel starrte ihn an. Seine Prophezeiung hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst. Er war aber schnell wieder bei sich.
„Schicken wir der Bundespolizei ein Foto, dann weiß sie, mit wem sie es zu tun hat.“
Es gab ein paar Sekunden der Stille. Die Stille tat gut. Doch dann rief Wrobel seine Leute zusammen und fuhr mit ihnen Richtung Flughafen. Hell kehrte in sein Büro zurück. Ein Ziehen tief im Inneren gab ihm die Gewissheit, auf etwas zuzusteuern, was außerhalb seiner Macht lag. Er dachte an seinen Sohn, er dachte an Meinhold. Sein gesamtes Team litt unter diesem Fall. Es war das erste Mal, dass sie gemeinsam so eine Herausforderung zu meistern hatten. Doch es gab keine Abbiegung, es gab keinen Weg zurück. Hesse diktierte die Geschwindigkeit, er diktierte alles. Hesse war ein Perfektionist. Er hatte die Kontrolle. Galt es, noch perfekter zu sein, um ihn zu überführen?
Plötzlich schneite Klauk in sein Büro. Er wedelte mit einer Brötchenhälfte. „Chef, ich war in der Innenstadt. Ich habe wegen dieser handgenähten Schuhe recherchiert. Die, die auf den Fotos zu sehen sind, wissen Sie? Und der Besitzer des Ladens hat nur für eine Handvoll Männer diese Art Schuhe gefertigt. Und nun raten Sie mal, wer da mit auf der Liste steht?“ Er biss in sein Brötchen und lehnte sich gut gelaunt in dem Sessel zurück.
„Culmann?“ Klauk nickte und schickte den Rest seines Brötchens auf seine letzte Reise.
„Ich informiere Gauernack.“
Klauk grinste. „Ich weiß schon, was er sagen wird. Aber egal, wir sammeln weiter Mosaiksteinchen, und wenn’s dann ausreicht, dann schnappen wir uns den feinen Herren.“
„Apropos schnappen. Hesse hat Bündgen vermutlich auf dem Flughafen ausgesetzt. Dort ist ein Mann beinahe in eine startende Maschine gelaufen.“
Klauk zog die Augenbrauen hoch und wischte sich die Brötchenkrümel vom Mund. „Oha. Fahren wir?“
Hell nickte. Auf dem Weg zur Tiefgarage holte er sich noch einen Schokoriegel aus dem Automaten. Plötzlich verspürte er Hunger. Er schob sich den Riegel rein und zog sich direkt noch einen weiteren.
Klauk fuhr. Sie passierten Autos, Passanten, Häuser, erreichten die Ausfallstraße, fuhren über den Kreisel und erreichten schließlich die Autobahn. Sie wechselten bald die Autobahn und fuhren auf der A59 weiter bis zur Ausfahrt, auf der die Flughafenschilder zu sehen waren. Ein Passagierjet im Landeanflug kreuzte die Autobahn. Er verschwand kurz drauf hinter den Bäumen. Das Start– und Landeverbot war wieder aufgehoben.
Kapitel 8
Die Kirche roch nach Weihrauch. Hesse erinnerte dieser Geruch an seine erste Depression. Diese Depression war sehr wahrscheinlich auf die Angst zurückzuführen, in der er ständig lebte. Die ständige Angst seinen Vater zu enttäuschen. Die Zeit, in der er in der Kirche seines Vaters im Konfirmandenunterricht war. Sein Vater war evangelischer Pfarrer. Und er war sich nicht einmal sicher, ob irgendjemand von den Nachbarn etwas von seiner Depression mitbekommen hatten. So sehr wurde alles unter dem Teppich gehalten.
All das gehörte der
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