Oliver Hell - Abschuss (Oliver Hells erster Fall) (German Edition)
an, Sex mit Tieren zu haben und sie dann zu töten. Sie sind Perverse.“
„Aber es sind nur Tiere.“
„Ich weiß, die Kirche hat gesagt, der Mensch solle sich die Geschöpfe untertan machen. Ist es das, was Gott sich darunter vorstellt?“
„Nein, das sicher nicht.“
„Ok, ist das jetzt deine Meinung oder das der Kirche? Es wird so viel Geld mit dem Tod und der Vermarktung der Tiere gemacht. Wir essen sie, wir töten sie, wir transportieren sie über tausende von Kilometern unter unerträglichen Bedingungen. Kennst du die Bilder? Kennst du sie? Das ist nicht das, was den Menschen zur Krone der Schöpfung macht. Nein, das ist es nicht. Und wenn es das ist, dann haben wir versagt, dann muss unsere Spezies irgendwann aussterben. Die Natur braucht uns nicht, wir aber die Natur.“
„Du stellst die Tiere über die Menschen, mein Sohn. So hat Gott sich das nicht gedacht.“
„Ach, du weißt, was Gott sich gedacht hat? Ich stelle nur das Verletzliche, das Schützenswerte über das Abartige, Entartete. Diese Menschen haben ihre Menschlichkeit verspielt, ja das haben sie.“
„Wer bist du, dass Du dich zum Herrscher über Leben und Tod aufspielst? Habe ich dir das beigebracht? Nein!“ Das letzte Wort zog er in die Länge und kam wie ein Irrer auf seinen Sohn zu.
Hesse wich ihm aus, der Pfarrer stürzte zu Boden. „Was habe ich nur falsch gemacht bei dir? Oh Gott.“ Er stützte sich auf beide Hände und schüttelte seinen Kopf.
„Das kann ich dir sagen, Vater. Du hast so ziemlich alles falsch gemacht, was man als Vater machen kann. Du hast mir nie eine Wahl gelassen, nie. Das war dein Fehler. Wenn ich nicht konform mit deinen Idealen ging, dann hast du gestraft. Nicht mit Schlägen, nein mit Liebesentzug. Das ist das Schlimmste für einen jungen Menschen überhaupt.“
„Was bitte sagst du da? Du tötest Menschen. Hast du einen Moment an deine Kinder gedacht? Hast du an Marie und Björn gedacht?“ Er setzte sich auf.
Hesse hatte mit dem Einwand gerechnet. Während der Zeit, nachdem seine Frau mit den Kindern das Haus verlassen hatte, hat er an nichts anderes gedacht. Er hatte sich eingeredet, dass er unentdeckt bleiben würde. Er plante seinen Job zu erledigen, dann seine Familie zurückzuholen. Er fühlte sich wie ein Agent, der seinen Spezialauftrag erledigt um dann wieder als liebender Familienvater nach Hause zu kommen. Wie er es immer erlebt hatte nach seinen Einsätzen in Afghanistan.
Aber der Plan ging nicht auf. Er war zu sehr von sich überzeugt gewesen. Der Krieg war anders in Afghanistan. Hier gibt es den Feind, aber es gibt vor allem viele Menschen, die neutral waren. Und es gab die Polizei, die sein Tun als Krieger vereiteln wollte. Das alles war anders. Es gab nicht nur schwarz und weiß.
Hesse hielt seinem Vater, der immer noch auf dem Boden saß, seine Hand hin. „Es war so nicht geplant. Mich sollte keiner enttarnen.“
Sein Vater nahm die Hand.
„Du wärst als Mörder zu deiner Familie zurückgekehrt?“
„Vater, ich bin mein halbes Leben als Mörder nach Hause gekommen. Wo ist da der Unterschied?“
„Du erkennst schon den Unterschied, oder?“
„Ja, der Unterschied, ist, dass ich hier eine selbstgewählte Aufgabe erfüllt habe, während ich sonst eine Marionette der Weltpolitik war.“
„Was sagst du da? Eine Marionette? Du hast für unser Land gekämpft, du hast unsere Religion verteidigt.“
„Das magst Du gerne glauben. Aber was ist das für ein Kampf? Wir haben hier ja nur das vor Augen, was wir sehen sollen. Keiner weiß, wie es da unten wirklich aussieht. Hast du die Kinder mit Bombengürtel gesehen, die sich vor dir in die Luft jagen? Nicht älter als Björn, aber voller Zorn. Hast du ihren hasserfüllten Blick gesehen, in dem Moment, wo sie sich töten? Warum hassen sie? Hast du ihre zerrissenen kleinen Körper gesehen? Für nichts, Vater, für nichts. Für eine Ideologie, für die Männer im Hintergrund, die die Religion als Mittel zur Macht missbrauchen. Was wir hier in den Medien sehen, ist nur ein kleiner Teil der Menschen, die dort lebt. Diese Menschen wollen Frieden und ihre Ruhe. Sie wollen keinen Krieg.“
„Daniel, ich kann mir vorstellen, wie sehr es dich getroffen haben muss. Du hättest einen Psychologen konsultieren sollen. Der hätte dir geholfen. Du hast ein Trauma erlitten.“
„Ich habe diese Scheißpsychologen besucht, ich habe ihnen alles erklärt. Doch die sind nur ein weiteres Rädchen im System. Sie sind das System. ‚Sie haben
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