Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
Vom Netzwerk:
Musik entgegen. Klauk vermutete etwas Modernes, doch wie er später erfuhr, war es ein Stück von Rachmaninow. Erst nach dem dritten Klingeln, worüber er schon etwas ungehalten war, wurde Ihnen die Türe geöffnet. Eine Dame, gut gekleidet und mit einem Haarschnitt, wie ihn viele gutsituierte Frauen trugen, stand vor ihnen mit den Worten:
    „ Da sind sie ja endlich. Was glauben Sie denn, wie lange ich noch warten kann? Mein Mann …“ Sie brach den Satz ab, hob ihre Hand theatralisch an die Stirn wie eine Stummfilm-Diva aus den zwanziger Jahren und Klauk hatte die arge Befürchtung, sie würde gleich einen Schwächeanfall mimen. Lea Rosin stützte sie, bevor die Frau Ernst machen konnte.
    Mit einer großen Geste wies die Frau den beiden Beamten den Weg ins Wohnzimmer. Rosin hob genervt die Augenbrauen, was allerdings nur Klauk sehen konnte. Das Wohnzimmer war ganz im Stil des Shabby Chic gehalten. Hell, mit vielen kleinen Regalen, auf denen kleine Väschen mit künstlichen Blumen standen. An der Wand sorgte eine stilisierte Blumentapete, abwechselnd mit hell marmorierten, farblosen Flächen, für den Kontrast. Das Sofa war ebenfalls aus hellem Stoff und erstickte in Kissen, die mit gehäkelten Blümchen versehen waren.
    Klauk kannte diese Kissen noch von seiner Oma. Scheinbar waren sie nun wieder modern. Die Frau setzte sich, nicht ohne sich vorher Platz auf dem Sofa zu schaffen, und wies den beiden Beamten die Sessel an.
    „ Nein, ich war schon ganz in Auflösung“, sagte sie weiter mit einem theatralischen Tonfall. Rachmaninow dröhnte immer noch aus den Lautsprechern. Man verstand sein eigenes Wort kaum.
    „ Frau Olbrichs, es wäre sinnvoll die Musik ein wenig leiser zu drehen“, sagte Rosin. Dafür erntete sie einen bitterbösen Blick. „Das ist Rachmaninow“, ereiferte sich Frau Olbrichs.
    „ Das mag sein, wer will, für eine Unterhaltung ist es zu laut“, sagte sie und stellte eigenmächtig die Musik aus.
    „ Also nein, so ein Benehmen. Das muss man sich im eigenen Haus nicht gefallen lassen. Ich werde mich über sie beschweren, sie junges Ding.“
    Klauk mischte sich ein. „Frau Olbrichs, wir sind hier, weil Sie uns gerufen haben. Sie sagten, ihr Mann sei nicht nach Hause gekommen. Kommt so etwas öfter vor?“
    „ Nein, er war immer pünktlich. Mein Mann gehört zur alten Generation. Da hat man noch Respekt gelernt“, sagte sie und warf Rosin erneut einen bösen Blick zu.
    „ Haben Sie ein Bild von ihm?“, fragte Klauk. Nachdem, was sie bisher von Frau Olbrichs erlebt hatten, konnte Klauk den Mann sehr gut verstehen. Welcher Mann kam schon gerne heim zu solch einer Frau?
    „ Ein Bild? Ja, dort hinten auf dem Regal steht eins. Aber darauf ist mein Mann …“ Wieder brach sie den Satz ab, verzichtete aber diesmal auf die Theatergeste. Klauk stand auf und ging zu dem Regal herüber.
    Er brauchte das Bild gar nicht in die Hand zu nehmen, um es näher zu betrachten. Es war ein typisches Fotografenbild. Halbporträt mit der linken Hand, die sich ans Kinn legte. Im unteren Drittel war sehr gut die Armbanduhr von Herrn Olbrichs zu sehen.
    Es gab keinen Zweifel. Der Mann auf diesem Bild und auf dem Bild, was in Klauks Handy auf seinen Auftritt wartete, trugen dieselbe Uhr.
    Im Vorbeigehen hielt er Rosin das Foto hin. Die verstand sofort. Klauk setzte sich auf die Spitze des Sessels. In der Hand hielt er das Foto im Silberrahmen. Er überlegt kurz, sagte dann: „Frau Olbrichs, wir haben heute Morgen einen Brief mit einem seltsamen Inhalt erhalten. Mit diesem Inhalt konnten wir bis zu diesem Moment nichts anfangen.“
    Die Frau folgte seinen Lippen. „Was wollen Sie mir damit sagen?“
    „ Was ich sagen will“, sagte Klauk und holte sein Handy aus der Jackentasche, „Hier das ist das Foto ihres Mannes, das hier hat man uns heute zugeschickt. Wir gehen davon aus, ihr Mann wurde entführt. Es tut mir leid, aber alles deutet darauf hin.“
    Er hielt ihr sein Smartphone hin. Wie angestochen zuckte sie zusammen. Ungläubig schaute sie auf das Display. Ihr Verstand wehrte sich noch gegen die Wahrheit, doch sah man ihren Augen an, dass sie begriff, was Klauk ihr gerade gesagt hatte.
    „ Das sagt aber doch nur, dass jemand entführt wurde, der ebenfalls eine Rado Armbanduhr trägt. Das können viele sein. Es muss nicht mein Mann sein, nein das muss nicht sein.“ Sie stand auf, ging ziellos im Zimmer herum.
    „ Sie kommen in mein Haus und erklären mir ganz ruhig, dass mein Mann entführt worden ist.

Weitere Kostenlose Bücher