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Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Oliver Hell - Das zweite Kreuz

Titel: Oliver Hell - Das zweite Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wagner
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aber auch nicht ein Schatten eines interessanten Mannes dabei. Einige halten sich dafür, aber durch mein Raster fallen alle.“
    Sie lachten, Meinholds Lachen mündete direkt wieder in einem Hustenanfall. Rosin bekam Mitleid.
    „ Soll ich dir einen Tee machen, Chris?“
    „ Ja, das wäre lieb von dir. Du kannst den wegschütten, der noch in der Kanne ist. Und bei dir? Eine männliche Begleitung in Sicht?“ Christina Meinhold bekam einen ganzen Satz ohne einen Huster hin.
    „ Nein, ebenso nichts in Sicht“, antwortete Rosin, die sich gerade nach dem Tee in der obersten Etage reckte. Ihr fiel die Reisschlacht auf der Anrichte auf. Wenn man so in den Seilen hing wie Christina, dann kümmerte einen auch so etwas nicht.
    „ Was ist mit Sebi?“, fragte Christina provokativ.
    „ Was soll mit Sebi sein?“, fragte sie zurück, trotzdem sie den Inhalt der Frage sehr wohl verstanden hatte.
    „ Ich meine, wäre der denn nichts für dich?“, klang Christinas nasale Stimme durch die Türe zu Rosin in die Küche.
    „ Never fuck the company“, antwortete Rosin knapp.
    “ Aha, aber nett findest du ihn schon, oder?“
    „ Sicher, aber was bedeutet schon nett? Nett ist Durchschnitt. Nett ist fast eine Beleidigung, oder?“ Rosin hatte den Tee in ein Teeei gefüllt und wartete darauf, dass das Wasser endlich kochte.
    „ Schon, ja. Also ist er netter als nett?“, fragte Meinhold, die eine ziemliche Ausdauer in dem Thema bewies.
    Lea Rosin fiel es natürlich auf, doch wollte sie Christina nicht maßregeln. Sie fand Klauk sehr anziehend, doch hatte sie die feste Überzeugung, Beziehungen unter Kollegen würden nur Stress mit sich bringen. Aus Erfahrung wurde man schlau. Die Erfahrung hatte sie gemacht. Auf der Stelle goss sie das Wasser über den Tee und stellte zwei noch saubere Tassen auf ein Tablett.
    „ Sebi ist ein Schatz. Und er ist ein lieber Kollege. Dabei soll es bleiben“, sagte sie, als sie das Tablett auf dem Wohnzimmertisch abstellte. Dabei musste sie den Pizzakarton beiseiteschieben.
    „ Sorry, der ist noch von gestern.“
    „ Was ist denn eigentlich aus dem Streit mit Wendt geworden?“, lenkte sie das Thema weg von ihren Belangen.
    „ Ich denke, das ist gegessen. Ich habe zwar nicht mit ihm gesprochen, aber ich denke, die Zeit, wo wir uns nicht jeden Tag sehen, wird uns gut tun“, antwortete Meinhold.
    „ Ist da nicht auch mehr, als Du dir eingestehst?“
    „ Was? Nein. Nein, wirklich nicht. Wendt ist ein Filou. Außerdem passe ich nicht in sein Beuteschema“, antwortete sie und nippte an dem heißen Tee.
    „ Aha, höre ich da ein gewisses Bedauern?“
    „ Nein, ich möchte keine Kerbe in Jan-Philipp Wendts ‚Ding‘ sein“, lachte sie. Husten.
    Rosin lachte ebenfalls.
    „ Du denkst, er macht Kerben in sein ‚Ding‘? Ist das nicht sehr schmerzhaft?“
    Lachen.
    „ Ach was weiß ich“, er ist ein guter Polizist und er hat manchmal irre Ideen, die einen weiterbringen. Das wars.“
    Sie blickte von dem Teeglas auf und sah Rosin vielsagend an.
    „ Naja, wenn ich das jetzt mal resümiere, dann haben wir wirklich nichts mit unseren Kollegen am Hut“, sagte Rosin.
    „ Hmh, stimmt.“
    An diesem Nachmittag passierte nicht mehr viel, Meinhold hatte Hustenanfälle. Rosin Lachanfälle.
    Klauk kam mit zwei riesigen Einkaufstüten zurück. Er hatte zusätzlich noch Obst besorgt. Vitamine sind wichtig, hatte er gesagt. Meinhold freute sich darüber. So lange, bis die Wohnung in ein heimeliges Abendlicht getaucht war, blieben die Kollegen noch.
    *
    Normalerweise hätte er jetzt an einem reich gedeckten Abendbrottisch gesessen. Stattdessen lag er ausgestreckt auf dem nackten Boden in einem Keller im Nirgendwo. Gefesselt, voller Angst. Auf irgendein Geräusch lauernd, was ihm auch nur einen kleinen Anhaltspunkt gegeben hätte, wo er sich befand. Nichts. Er hatte keine Ahnung.
    Stille.
    Olbrichs hatte ebenfalls keine Ahnung, wie spät es war, doch verriet ihm das Knurren seines Magens, dass es schon weit über die abendliche Fütterungszeit hinaus war. Er hatte Hunger. Hunger kannte er nicht. Bei allem Terror, den er daheim erlebte, sein Essen hatte er immer pünktlich auf dem Tisch. Männer wie er, Handwerker wie er, hatten eine Vorliebe für Pünktlichkeit. Eine deutsche Tugend. Ebenso wie eine Frau, die am Herd stand. Frauen gehörten nicht in die Verwaltung oder die Chefetagen von Firmen oder großen Konzernen. Frauen gehörten ins Haus.
    Dass seine Frau daran zugrunde gegangen war, das kümmerte

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