Oliver Hell - Das zweite Kreuz
Gegensatz dazu irgendwie altbacken. Es war ganz in Weiß mit einigen farbigen Nuancen. Hell störten die vielen kleinen Regale, auf denen kleine Väschen mit künstlichen Blumen standen. An der Wand sorgte eine stilisierte lilafarbene Blumentapete, abwechselnd mit hell marmorierten, farblosen Flächen, für den Kontrast. Das Sofa war eine Oase der Ruhe dagegen. Nur die vielen Blümchenkissen empfand er als störend. Dieses Zimmer trug eindeutig die Handschrift einer Frau. Verspielt.
Hell schlenderte zurück in die Küche. Er fand einen Wasserkocher, suchte in den Schränken nach Tee und Tassen. Das Wasser kochte schnell. Er goss sich heißes Wasser in eine Tasse, tunkte den Teebeutel hinein, wartete einige Minuten und legte ihn in die Spüle.
Dann setzte er sich auf einen der modernen Küchenstühle. Draußen sah er die KTU-Ermittler Kisten in die Fahrzeuge laden. Er nippte an dem Tee. Franziska war der Meinung, dass der Entführer mit dem Morden noch nicht fertig war. Natürlich, das Rätsel war noch nicht gelöst. Aber Hell spürte eine Bewegung. Wie eine Welle, die von einem Stein ausgelöst wurde, den man in einen See warf. Wellen breiteten sich aus. Er fühlte sich bereit. Hell stand auf und ging zurück in das Büro.
Franziska war nicht mehr alleine dort. Zwei KTU’ler packten Akten in Kisten. Franziska saß noch hinter dem Schreibtisch.
„ Was gefunden, Schatz?“
Sie schaute auf.
„ Wie man‘s nimmt. Ich habe mir Folgendes überlegt. Wenn wir drüben ein Gerät stehen haben, was man zum Injizieren von Einbalsamierungsflüssigkeiten verwendet, dann gibt es sicher auch eine Firma, die solches Equipment vertreibt. An den Wänden hing nichts, keine Werbung oder so, keine Kalender, die so gerne als Weihnachtspräsent verschickt werden. Also habe ich mir überlegt, wie ich als Frau eines über sechzigjährigen arbeiten würde. Ich bin selber über sechzig. Also nutze ich keinen PC für so etwas. Ich mache es so, wie ich es immer gemacht habe.“
Sie schaute triumphierend.
„ Und wie?“, fragte Hell, der sich auf ihr Spiel einließ.
„ Mit Karteikarten.“
Sie hob ihre Hand hoch, in der sich eine Karteikarte befand, auf der eine Visitenkarte festgeklebt war.
Hell zog anerkennend seine Augenbraue hoch. Franziska griente.
„ Simon Vandenberg ist der Name des Vertreters der Firma. Ich habe sogar seine Handynummer.“
Einige Mitarbeiter der KTU trugen gerade Kisten in das Büro. „Wie weit seid ihr mit der Untersuchung? Es kann nicht sein, dass der Kerl keine Spuren hinterlassen hat. Er muss über Stunden hier gewesen sein“, raunte Hell einem der Männer zu.
„ Wir tun unser Bestes, Herr Kommissar. Bis jetzt ist alles sauber. Er war nicht umsonst so lange hier. Die Zeit hat er gut genutzt, um alle Spuren zu beseitigen, wie es scheint.“ Seine Antwort kam, ohne zu zögern.
„ Schon gut. Mund abwischen, weiter machen“, murmelte Hell.
*
Simon Vandenberg aß am Samstag immer mit seinen Eltern zu Abend. Bis dahin waren es noch ein paar Stunden. Er war auf der Autobahn, als sein Handy klingelte. Er schielte auf das Display.
Unbekannt.
Zögern.
Neugier.
„ Vandenberg. Ja bitte.“
„ Hell, Kriminalpolizei Bonn. Ich habe eine kurze Frage an Sie, Herr Vandenberg.“
„ Ich höre.“
„ Sind Sie auf der Autobahn? Können Sie einen Parkplatz anfahren? Ich will keinen Unfall verursachen.“
„ Freisprecheinrichtung, kein Problem.“
„ Ok. Sagt Ihnen der Name Karsten Olbrichs etwas?“
„ Ja“, sagte er und dehnte den Vokal sehr in die Länge, „Er ist ein sehr guter Kunde. Ist etwas passiert?“
Hell wartete nicht lange. „Karsten Olbrichs ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen.“
„ Oh mein Gott! Was ist passiert?“, fragte Vandenberg.
Hell blickte auf die Visitenkarte, die auf der abgewetzten Karteikarte klebte. „Das darf ich Ihnen leider nicht sagen, Herr Vandenberg. Wir haben im Institut eine Maschine ihrer Firma aufgefunden, mit der man Einbalsamierungsflüssigkeit injizieren kann. Dazu hätten wir ein paar Fragen. Würden Sie uns helfen, bitte.“
Vandenberg zögerte. Ein paar Sekunden lang sagte keiner etwas. „Wie lange würde das dauern? Ich habe noch einen Termin.“
„ Nicht lange“, log Hell. Wenn es sich bei dem Mann um den gesuchten Spezialisten handelte, den auch Livré bereits erwähnte, dann würde das Verhör sicher um einiges länger dauern.
„ Wohin soll ich kommen?“
„ Wenn Sie ins Beerdigungsinstitut Olbrichs kämen?“
„ In
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