Oliver Hell - Das zweite Kreuz
den Zacken, die ihren Herzschlag darstellten.
„ Erinnern Sie sich bitte noch einmal genau an den Wortlaut ihres letzten Gespräches.“
Walters raufte sich die Haare. „Was soll das bringen? Ich habe es Ihnen doch bereits mehrfach gesagt. Ich weiß nicht mehr.“ Sein Blick war unstet.
„ Wo geht ihre Schwester normalerweise hin? Wer sind ihre Freunde? Vielleicht hat sie einem von ihnen etwas gesagt. Kann das sein?“, fragte Klauk.
„ Meine Schwester lebt recht zurückgezogen. Sie wäre nicht hier, wenn sie es jemandem gesagt hätte. Wenn sie es sich von der Seele hätte reden wollen und können. Der einzige wirkliche Vertraute in ihrem Leben bin ich.“
„ Hat sie irgendwelche fremden Namen erwähnt. In der letzten Zeit vielleicht?“ Klauk bemühte sich, mit seinen Fragen rücksichtsvoll zu bleiben.
Walters stöhnte entnervt.
„ Nein, verdammt. Hat sie nicht.“ Einige Haarsträhnen standen zerzaust von seinem Kopf ab.
„ Hat sie etwa berichtet, dass sie etwas tat, was sie sonst nie getan hat?“
Klauk bemerkte, wie ein Ruck durch seinen Körper ging. Kaum merklich. Er drehte sich herum. Blieb wortlos vor Klauk stehen. In seinen Augen flackerte etwas auf. Hoffnung. Wissen.
„ Da war etwas. Sie sprach davon, dass sie einen Nachtspaziergang machen würde. Dort wollte sie sich mit solchen Leuten treffen, die Schätze suchen. Wissen Sie? Aber sie sprach danach nicht mehr darüber. Daher habe ich es vergessen.“
„ Geocaching?“
„ Ja, so hieß es.“
Er atmete einige Atemzüge lang tief durch. „Hilft Ihnen das weiter?“
Klauk zückte das Handy. „Ihre Erinnerung hat ein perfektes Timing. Und ja, das könnte ein wichtiger Hinweis sein.“
Klauk streckte sich, als er aufstand. „Hallo Lea“, sagte er, als Rosin ans Handy ging, „Sag mal, kannst Du deinen Geocacher kontaktieren und ihn fragen, ob es Listen gibt über die Anmeldungen für die nächtlichen Schatzsuchen? Das würde uns helfen. Emilie Walters hat an so einer Schatzsuche teilgenommen. Wir müssen wissen, wer die Suche leitete.“
„ Du denkst an Ingo Adelberg?“
„ Ich denke noch nichts, aber Adelberg wäre eine Option.“
Meinte es Klauk so, wie er es sagte, oder war das vielleicht endlich die Spur, nach der sie gesucht hatten? Rosin suchte auf ihrem Smartphone nach der Telefonnummer von Felix Rath. Sie wischte über das Telefon. Es klingelte.
Rath antwortete.
„ Hallo, hier spricht Lea Rosin. Wir haben vorletzte Nacht eine Schatzsuche zusammen gemacht. Erinnern Sie sich?“
„ Ja, ich erinnere mich. Wollen Sie eine neue Schatzsuche buchen, oder war es nur mein Charme, der sie zwingt, mich anzurufen?“ Er flirtete am Telefon. Sie ignorierte es. Rosin hatte mit so einer Anmache irgendwie gerechnet. „Nein, weder noch. Ich bin Polizistin und ich muss wissen, wer den Cache geleitet hat, an dem eine Emilie Walters teilgenommen hat“, sagte sie völlig unbeeindruckt.
Stille.
„ Polizistin?“
„ Ja, Kripo Bonn. Wir ermitteln in einem Mordfall. Haben Sie Listen über die Teilnehmer?“
„ Ja, die haben wir. Aber ich bin gerade nicht daheim. Die Listen sind auf meinem Rechner. Wäre es in Ordnung, wenn ich Sie später anrufe?“ Er klang plötzlich sehr förmlich, der schmeichelnde Ton war aus seiner Stimme verschwunden.
„ Ja, aber bitte beeilen Sie sich. Es geht um Menschenleben“, antwortete Rosin.
Rath schluckte. „Ja, mache ich.“ Dann war das Gespräch beendet. Sie informierte Klauk, der wiederum rief Hell an und übermittelte ihm die Nachricht über diese mögliche Querverbindung.
*
Auf dem Parkplatz vor dem Beerdigungsinstitut stand Dr. Beisiegel. Sie hatte die Mitarbeiter der KTU dabei unterstützt, die Arme von Karsten Olbrichs von dem S-Draht zu befreien. Der Draht steckte jetzt in einer großen Asservatenkiste. Seib hatte sie sorgfältig beschriftet.
Er war froh, dass er ein wenig normale Arbeit erledigen konnte. Jemand anderes übernahm seinen Job an der Wand. Er hatte genug Blut gesehen. Seine Augen schmerzten von den Reflektionen der vielen Blitze, mit denen er sie Blutflecken abgelichtet hatte.
Er trat ebenfalls vor die Türe. Einige Atemzüge wartete er, bis er sich darüber klar war, dass seine Lungen wieder mit klarer, frischer Luft gefüllt waren. Der Geruch des Todes war verflogen.
„ Lassen Sie sich ablösen, wenn es zu viel wird“, sagte Beisiegel zu ihm.
Er versuchte ein Lächeln. „Nein, nicht nötig. Ich kriege das schon hin.“ Mit seiner Schutzmütze
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