Oliver Hell - Das zweite Kreuz
wie man es schreibt?“ Sie öffnete das Notizprogramm auf ihrem Smartphone und schaltete Rath auf laut.
„ Ja“, dröhnte es über die Straße. Sie hielt es für an der Zeit, das Gespräch zu beenden.
„ Herr Rath, ich muss jetzt meine Vorgesetzten informieren. Vielen Dank.“
„ Ja, schon gut“, nuschelte er etwas pikiert ins Telefon.
„ Ciao.“
Rosin hob ihre Tasche vom Boden auf, die sie einfach hatte fallen lassen, nachdem sie das Handy herausgefischt hatte. Tausend Gedanken kreisten ihr durch den Kopf. Diese Gedanken musste sie in eine sinnvolle Reihenfolge ordnen. Wie mechanisch tippte sie auf den Knopf für den Aufzug. Den beiden Beamten im Foyer warf sie nur einen flüchtigen Gruß zu. Hätte man sie gefragt, welche der uniformierten Kollegen dort gerade ihren Dienst verrichteten, sie hätte die Frage falsch beantwortet.
Im zweiten Stock huschte sie den Flur entlang. Vor Hells Türe blieb sie stehen und riskierte einen Blick hinein. Wie zu erwarten war niemand dort. Sie ging weiter und schon flog die Türe zu ihrem Büro auf.
Der überraschte Klauk wurde von ihr direkt überfallen. „Sebi, Du musst mir helfen. Rath hat sich gemeldet, Adelberg ist derjenige, der mit Emilie Walters den Geocache gemacht hat!“ Sie ließ ihrem Kollegen kaum Zeit zum Begreifen.
„ Was machen wir denn jetzt?“
Klauk kam in der Situation an.
„ Erst mal ruhig. Das sagt uns noch nichts weiter, als das diese zwei Menschen sich kennen.“
„ Keine Fahndung?“ Sie warf ihre Tasche auf den Stuhl, blieb aber selber neben Klauk stehen. Der hatte seine Arbeit unterbrochen.
„ Wie denn ohne Anhaltspunkte?“
„ Aber sie kennen sich!“, sagte sie echauffiert.
„ Was noch nichts sagt.“
„ Rath sagte noch, er hätte überraschend Besuch erhalten und deshalb den Cache an dem Abend abgesagt. Hörst Du? Überraschenden Besuch! Hallo. Er nennt die Entführten einen überraschenden Besuch!“
„ Was Du auch nur vermutest“, sagte Klauk wieder betont ruhig.
Rosin war enttäuscht darüber, dass ihr Kollege ihre Euphorie nicht teilen wollte.
„ Sebi, was hast Du? Warum siehst Du die Zusammenhänge nicht?“ Sie schaute beinahe verzweifelt.
„ Ich sehe, dass es Zusammenhänge sein können, aber nicht sein müssen.“
Rosin war das zu viel.
„ Ich rufe jetzt Hell an.“
Klauk fasste seinen Stift zwischen Zeige – und Mittelfinger und tippte damit langsam auf den Aktenordner, der vor ihm lag.
In dem Ordner waren Listen und Briefe zusammengestellt, die von der KTU übermittelt worden waren. Darin war eigentlich nichts. Es waren die Briefe, die bisher bei Rosalie Lindemann gefunden worden waren. Er sollte sie nach den neuesten Erkenntnissen untersuchen. Was bedeutete, das er sie auf Kontakte zu eventuellen anderen Prostituierten zu untersuchen. Die KTU war durch die vielen unterschiedlichen Einsatzorte überlastet. Bis zu der überraschenden Enthüllung über die Biografie von Frau Lindemann hatte er das Gefühl gehabt, dem Entführer nicht einen Schritt weiter gekommen zu sein. Doch jetzt keimte in ihm Hoffnung auf.
Als Rosin ihr Gespräch mit Hell beendet hatte, schaute er zu ihr hinüber. Ihre Laune hatte sich nicht verbessert.
*
Kapitel 9
Vermutlich war es eines der letzten Verhöre, welches das alte Verhörzimmer mit der verspiegelten Durchsichtscheibe noch erleben sollte. Das neue Verhörzimmer im neuen Präsidium war moderner. Heller. Dort waren die Stühle nicht am Boden verankert. Dort gab es moderne Aufzeichnungsmedien. Mehrere Kameras waren so platziert, dass sie Bilder der verhörten Person aufnehmen konnten. Von dort erfolgte direkt über eine Gesichtserkennungssoftware ein Abgleich mit dem Schengener Informationssystem (SIS).
Der international zugänglichen Fahndungs - und Informationsdatenbank, in der alle Täter und Serientäter mit ihren speziellen Merkmalen erfasst waren. So wusste man über jeden, der die zweifelhafte Ehre erhielt, dort im neuen Verhörraum einen Platz zu ergattern direkt, was er auf dem Kerbholz hatte. Die Aufzeichnung erfolgte digital, wurde direkt ebenso aufgezeichnet und konnte von allen PCs der Dienststelle abgerufen werden.
Aber nun erfolgte das Verhör noch nach guter alter Manier mittels eines Bandaufzeichnungsgerätes, was mitten auf dem Tisch stand.
Das Einzige, was gleich geblieben war, es gab dort ebenfalls eine verspiegelte Durchsichtscheibe.
Auf der andern Seite des Spiegels im alten Präsidium standen gerade Hell und Klauk und beobachteten Simon
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