Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
Oder war er im Ausland? Würde sich jemand um ihn kümmern? Oder hatte man ihn hier zum Sterben abgelegt. Nein, dafür war er zu wichtig. War er das?
„ Du bist wichtig“, sagte er sich, als er begann, weiter am Wahrheitsgehalt seiner Gedanken zu zweifeln.
Du wä rst bereits tot, wenn sie dich nicht mehr benötigten. Also braucht man dich noch als Druckmittel. Ein Polizist war immer ein sehr gutes Druckmittel. Sonst hätten sie dich nicht entführt. Oder hätten nicht den Versuch gestartet, Christoph zu entführen. Mit seinem Sohn wollten sie ihn unter Druck setzen. Jetzt hatten sie einen hochrangigen Polizisten in ihrer Gewalt. Damit könnte man die ganze Polizei beeinflussen. So dachten sie womöglich.
Agayer.
Steckte er dahinter, so würde sein Team nicht ruhen, bis sie ihn gefunden hatten.
Ein Hoffnungsschimmer.
Seine Gedanken machten trotzdem keine Pause.
Was war mit dem Mann, auf den er geschossen hatte? Die Kugel aus Hells Waffe traf ihn in der Nä he des Herzens. Er hatte den Einschuss gesehen. Das Blut. Der Mann war nach hinten getaumelt. Doch hatte er Hell nicht noch gepackt, dabei geholfen ihn auf die Ladefläche zu werfen? Oder war das ein anderer Mann gewesen? Je mehr Hell versuchte, sich an die Ereignisse zu erinnern, desto unklarer wurde alles.
In die Stille hinein hö rte er Schritte. Stimmen. Weit entfernt. Beides näherte sich. Hell stand auf und tastete sich vorwärts bis zur Türe. Jeder Muskel seines Körpers spannte sich an.
*
Mitten in der Nacht wacht Jan-Phillip Wendt auf. Er hatte geträumt. Von Hell. Sie hatten ihn befreit. Es hatte einen Schusswechsel gegeben. Wieder wurde Meinhold von einer Kugel getroffen. Mit trockenem Mund stand er auf und ging in die Küche. Die Uhr, die er im fahlen Licht der Straßenlaterne sehen konnte, zeigte drei Uhr nachts. Er war wach. Und er spürte, dass er keinen Schlaf mehr finden würde. Daher füllte er Wasser in seine Kaffeemaschine und stellte sie an. Als der Kaffee in die Kanne floss, stand er bereits unter der Dusche.
Eine Stunde spä ter saß er im Präsidium auf seinem Platz, und erledigte Schriftkram, den er erledigen musste, weil es nun seine Aufgabe war. Er hasste das. Vorher hatte er auf Hells Tisch einige Formulare zusammengesucht. Unter anderem wollte er dafür sorgen, dass Lea Rosin den Dienstwagen von Meinhold erhielt. Er füllte den Antragsbogen aus, legte ihn zusammen mit anderen Formularen in den Postausgangskorb.
Wie konnte er Gauernack dazu bewegen, einer erneuten Observation zuzustimmen? Hell hatte ihnen einen Bä rendienst erwiesen, als er Agayer provozierte. Man konnte natürlich mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Agayer ein Alibi für den Nachmittag haben würde. Doch sollten sie genügend Argumente haben, wenigstens eine erneute Befragung bei Mamedov durchzusetzen.
Gauernack oder sein Vorgesetzter sollten ihm do ch einmal schlüssig erläutern, wer anders, als einer dieser beiden Männer, hinter der Entführung steckte. Es gab keinen aktuellen Fall außer dem, an dem sie gerade arbeiteten.
Sicher wü rden sie ihm entgegnen, dass es ja Christoph Hell war, der das erste Ziel der Entführer war. Er würde seine Drogenvergangenheit anführen. Es könnten auch ehemalige Dealer des Sohnes sein können, die noch Geld von ihm erpressen wollten. Sie würden sich querstellen, weil Hell nur ein Zufallsopfer der Entführung war.
Sie hä tten eine völlig neue Ermittlung anleiern müssen. Die Drogenvergangenheit von Christoph Hell bis ins kleinste Detail durchleuchten. Dazu gab es jetzt keine Zeit. Das primäre Ziel war es, Hell zu finden, sekundär die Entführer zu schnappen, dann die Mörder der Frauen zu finden. Nicht zuletzt den zu enttarnen, der Cetin und Bilen erschossen hatte.
Oder schlicht und innig Agayer zu ü berführen, und Badak einzufangen.
Je lä nger er über diese Theorie philosophierte, desto abwegiger kam sie ihm vor. Vielleicht würde es Gauernack auch so gehen. Doch noch war es zu früh ihn zu kontaktieren. Es war noch keine fünf Uhr in der Früh. Gauernack würde zeitig gegen sieben Uhr in seinem Büro sein.
*
Die Stimmen kamen näher. Hell drückte seinen Rücken gegen die Wand neben der Türe. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals hinaus. Noch war es ein Stimmengewirr, doch so langsam konnte er verschiedene Stimmen zuordnen. Eine der Stimmen kam ihm bekannt vor. Sein Herz legte einen Zwischensprint ein. Diese Stimme gehörte Agayer. Definitiv. Er klang ruhig. Eine andere Stimme klang
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