Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
nicht ruhig. Sie klang wütend. Weitere Stimmen mischten sich dazwischen.
Es waren viele Mä nner. Mindestens vier oder fünf.
Sein Plan beruhte darauf, einen Aufpasser zu ü berwältigen. Mit fünf würde er nicht fertig werden.
Blitzschnell plante er um.
Die Türe öffnete sich. Hell hatte eine Lichtflut erwartet. Doch es war nur ein schwaches Licht zu sehen. Dafür blitzte das grelle Licht einer Taschenlampe auf. Hell lag mit dem Rücken zur Türe. Mit großer Klarsicht erwartete er, angesprochen zu werden. Der Lichtkegel zuckte über seinen Körper.
„ Er trägt keine Fesseln mehr“, sagte einer der Männer, „Hey, Drecksbulle, bist du wach?“
Hell schwieg. Plö tzlich wurde es taghell im ganzen Raum. Jemand hatte das Licht angeschaltet. Von draußen. Seine Augäpfel zuckten. Nach den Stunden der Finsternis stach die Helligkeit wie ein Blitz in seine Augen.
Er hö rte, wie eine Waffe durchgeladen wurde. Jemand sagte darauf barsch etwas in einer Sprache, die er nicht verstand. Dem Tonfall nach war es Agayer.
Jemand antwortete ebenso barsch. Agayers Stimme wurde dunkel, und bedrohlich. Der andere gab klein bei.
Stille.
Jemand kam in den Raum hinein. Hell hatte versucht etwas zu sehen, doch gewö hnten sich seine Augen nicht so schnell an die veränderten Lichtverhältnisse. Seine Lider waren nur zu einem Spalt geöffnet. Als er den Schatten der Gestalt vor sich auftauchen sah, schloss er sie.
„ Herr Kommissar Hell, ich grüße Sie“, sagte Agayer freundlich, „Sind sie wieder unter uns?“
Keine An twort.
Er stellte sich direkt vor ihn. „ Herr Kommissar, ich sehe es an ihren Augen, dass sie wach sind. Glauben Sie mir, ich habe sehr große Erfahrung mit Gefangenen. Auch mit Verhören. Und ich sehe es Ihnen an.“
Hell sah den zweiten Schatten nicht. Der kam, und trat ihn von hinten in die Nieren. Hell schrie auf. Der Mann sagte etwas zu Agayer. Es klang bestätigend. Agayer wies den Mann erneut zurück.
Hell hob seine Hand, hielt sie sich vor die Augen. Er konnte Agayer nicht direkt ansehen. Der hatte eine der Leuchtstoffröhren direkt hinter sich.
„ Ich wünschte, Sie unter anderen Umständen wiedergesehen zu haben, Herr Agayer“, sagte er gedämpft. Er hustete. Seine Niere tat weh. Der Tritt hatte gesessen.
„ Tja, wie sagt man in ihrer Kultur? Das Leben ist kein Wunschkonzert. Habe ich das richtig zitiert?“
„ Unsere Kultur? Gut, wie differenzierungsfähig sie sind, Herr Agayer. Sind wir uns denn einig, dass in ihrer Kultur Mord auch bestraft wird?“
Es machte ihm Mü he zu sprechen.
„ Ich kann Ihnen nicht folgen, Herr Kommissar“, sagte Agayer.
„ Oh, ich dachte, wir würden uns verstehen. Ich meine, Sie haben Bilen und Cetin erschossen. Daher werden wir sie jagen.“
„ Herr Kommissar, sehr geschickt, muss ich schon sagen. Sie versuchen zu ergründen, ob wir sie jetzt töten werden. Würde ich jetzt gestehen, dass ich diese Männer getötet hätte, dann könnten Sie daraus eventuell schließen können, dass wir sie töten. Aber überlegen Sie. Keiner würde einem Polizisten gegenüber einen Mord gestehen, selbst wenn er den Polizisten in einer solchen Lage vor sich hätte. Aber da ich nichts zu gestehen habe, können sie sich da nicht sicher sein.“
Hell rappelte sich hoch. Er setzte sich auf. „ Sie sind ein intelligenter Mann, der sich keinen Mord an einem Polizisten ans Bein hängt. Bei Cetin und Bilen könnten Sie sich mit Notwehr verteidigen, doch wenn Sie mich töten, dann kommt der lange Arm des Gesetzes. Gnadenlos packt er Sie.“
Agayer zö gerte einen Moment.
„ Schauen wir einmal, Herr Kommissar. Aber es gibt da etwas, was mich viel mehr interessiert. Wieso denken Sie, dass ich Agayer heiße? Mein Name ist Alijev, nicht Agayer.“
„ Herr Agayer, ich habe es in ihren Augen gesehen“, sagte Hell, „Und Sie wissen, dass ich es gesehen habe.“
Agayer kniete sich herunter zu Hell. „Soso, können Sie auch aus einer Kristallkugel lesen? Dann könnte ich einen Job auf dem Wochenmarkt in Baku für sie arrangieren. Das wäre sicher lukrativer, als hier in Deutschland mutmaßliche Verbrecher zu jagen.“
„ Mutmaßliche Verbrecher? Die Tatsache, dass ich hier bin, sie ebenfalls hier sind. Was verrät mir das?“, fragte Hell. Sicher die Frage, die im Raum stand.
„ Sagen wir mal, das ist ein rein informatives Treffen, Herr Kommissar.“
„ Aha, dazu wollten Sie dann auch noch meinen Sohn einladen?“, fragte Hell.
„ Wollen? Woher wissen Sie
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