Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
statuieren. Er holte die drei Frauen abends aus der Wohnstätte ab, brachte sie zurück zur Arbeitsstätte. Dort befragte er sie einzeln, sperrte sie einzeln über Nacht in drei Kellerräume.
Ohne etwas zu essen mussten die Frauen am kommenden Tag wieder zwö lf Stunden arbeiten. Abends wurden sie wieder in den Keller gebracht und die ganze Nacht befragt. Ohne Schlaf. Am nächsten Morgen saßen sie wieder an ihren Industriemaschinen. Übermüdet. Hungrig. Das konnte nicht gut gehen. Gegen Mittag brach eine der Frauen zusammen. Sie wurde in den Keller gebracht. In einen verliesartigen Raum. Ohne Licht. Wieder lag sie dort stundenlang auf dem kalten Boden. Ohne ärztliche Versorgung. Ohne Wasser. Gegen Abend wurde sie zu den anderen beiden Frauen in einen benachbarten Raum geschleppt. Badak und zwei weitere Männer waren anwesend.
Man band sie auf Stü hle und wollte wieder von ihnen wissen, mit wem sie Kontakt gehabt hatten. Badak stellte sich vor die Frau, die zusammengebrochen war. Sie schaute ihn aus Augenschlitzen an. Sie war dem Kollaps nahe. Er schüttete ihr einen Eimer Wasser über den Kopf. Sie rang nach Luft. Er schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht. Dann ging er zu der zweiten Frau herüber.
„ Sag mir sofort, mit wem ihr gesprochen habt. Sofort. Ich werde sie sonst töten. Verstehst Du? Ich werde erst sie, dann euch töten.“
Er sprach russisch mit ihnen.
Die beiden Frauen jammerten und beteuerten, sie hätten zu niemandem Kontakt gehabt. Sie hätten nur einmal die Stadt sehen wollen. Sonst nichts. Genau das sagten sie bereits seit der ersten Befragung.
Immer wieder. Die Wahrheit.
Er zog eine kleinkalibrige Waffe aus dem Hosenbund und hielt die Waffe der Frau an die Schläfe. Sie fing an zu schluchzen.
„ Wollt ihr endlich reden?“ Sein Gesicht wurde zu einer Fratze.
Er trat wieder zu der beinahe bewusstlosen Frau hinü ber. Er warf den Stuhl um. Hart schlug sie mit dem Gesicht auf den Boden. Er stellte sich neben sie. Zögerte kurz.
Dann bellte die Waffe einmal auf.
Badak hatte seine Drohung wahr gemacht. Er hatte die Frau hingerichtet. Die anderen zwei fingen an zu schreien.
„ Seid ruhig“, schrie Badak. Das Adrenalin schoss durch seinen Körper. Das war sein erster Mord. Die beiden Frauen kreischten hysterisch. Badak drehte jetzt völlig durch. Er warf beide Stühle um, stellte sich zwischen die Frauen.
„ Ruhe“, brüllte er. Seine Gesichtsmuskulatur zuckte. Sein Mund spitzte sich zu, ohne dass er es steuern konnte.
Die Frauen schrien um ihr Leben.
Einmal links. Einmal rechts. Zweimal bellte die Waffe auf.
Es war Ruhe. Blut lief. Ein feines Rinnsal.
Ufuk Badak hatte soeben drei Menschen erschossen, die mit einem Traum nach Deutschland gelockt worden waren. Sie hatten davon geträumt, sich neue Kleider, schöne Schuhe und ein klein wenig Luxus leisten zu können. Das hatte man ihnen in ihrer Heimat versprochen. Nichts davon hatten sie bisher erleben können. Arbeiten, schlafen. Arbeiten, schlafen. Tagein, tagaus. Ohne Geld. Der Traum schien in weiter Ferne. Sie wollten nur einmal wenigstens die Dinge ansehen, von denen sie nur weiter träumen konnten.
Das war ihr Verhä ngnis. Daher stahlen sie sich von der Arbeit weg.
Weil s ie zweimal mit strahlenden Gesichtern durch die Straßen Bonns gegangen waren, wo sie sich all diese Dinge wenigstens einmal in den Auslagen der Geschäfte ansehen konnten, waren sie nun gestorben.
Keine wollte sich selber verraten. Keine wollte Kontakt zur Polizei aufnehmen. Keine wollte Badak verraten. Drei sinnlose Morde. Drei verratene Seelen. Badak sah das nicht so. Woher er auch immer die Kaltblütigkeit nahm, bleibt sein Geheimnis. Aus der Hosentasche zog er ein Messer. Er schnitt die Fesseln der Frauen durch. Dann verstümmelte er ihre Gesichter. Die beiden Männer wandten sich voller Grauen ab. Auch als Badak den Frauen mit einer Säge die Hände entfernte, griff niemand ein. Das war erst ein paar Tage her. Er hatte es in präsent seinem Kopf.
Macht. Mach t über das Leben.
Dieselbe Macht wollte er jetzt erneut spü ren. Wenn er Agayer tötete.
Badak schielte weiter ü ber den Rand seiner Zeitung. Agayer ging weiter. Badak holte etwas aus seiner inneren Brusttasche und steckte es sich in eine Außentasche. Er folgte ihm. Im Laufen faltete er seine Zeitung zusammen. Er zog den Schalldämpfer wieder aus der Außentasche, zog die Waffe aus dem Holster, und steckte den Dämpfer auf die Waffe. Die verbarg er unter der Zeitung. So hatte er
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