Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
Welches?“
„ Hier bitte“, sagte der Banker und zeigte auf das Fach mit der Nummer fünfundsiebzig.
„ Sicher?“, fragte Überthür.
„ Was glauben Sie?“
Überthür machte eine Kopfbewegung hin zu dem Techniker, der schon seinen Koffer auf der Ablagetheke in der Mitte des Raumes geöffnet hatte. Sofort machte sich der Mann ans Werk.
Klauk beobachtete dessen schnelle Bewegungen, nach nicht einmal fünfzehn Sekunden stand das schmale Fach offen. Der Banker langte hin, zog die Kassette hervor und stellte sie auf der Theke ab. Die Männer schauten einander an. Überthür griff nach der Kassette.
Der Deckel hob sich und es kamen einige Dokumente zum Vorschein. Doch zuoberst lag eine DVD in einer Hülle. Klauk nahm einen Asservatenbeutel und steckte die DVD hinein.
„ Sofort zur KTU mit dem Teil“, ordnete Überthür an, und an den Banker gewandt, sagte er, „Vielen Dank für ihren Einsatz. Wir werden Sie bei ihrem Chef lobend erwähnen.“ Dann grinste er freudlos.
*
Franziska betrachtete sich kritisch im Rückspiegel. Neben ihr auf dem Beifahrersitz lag ordentlich gefaltet ihre Jacke. Auf dem Rücksitz standen die Tüten mit den Einkäufen, die sie für das Abendessen besorgt hatte. Aus einer der Tüten ragte eine Flasche Bordeaux, die Hell so mochte. Als sie die Flasche in der Hand hielt, stellte sie sich vor, wie es sein würde, wenn sie sich mit dem edlen Tropfen zuprosten und sich dabei tief in die Augen schauen würden.
Sie atmete einmal kräftig durch. In der Hand hielt sie noch das Handy. Sie las erneut die Nachricht, die ihr Hell eben geschrieben hatte.
„ Sorry, Schatz. Es wird länger dauern. Wir haben eine DVD in Demian Roberts Schließfach gefunden. Ergebnis ist wichtig. Kuss O.“
Ohne einen bestimmten Grund durchfuhr sie ein Gedanke. Oder gab es doch einen Grund? Sie erinnerte sich an ein Gespräch, dass sie mit Olivers Sohn Christoph geführt hatte. Der Junge hatte sich als Kind immer beschwert, weil sein Vater nie Zeit für ihn gehabt hatte. Immer sei ihm sein Beruf wichtiger gewesen, als die Familie. Aber das war Schnee von gestern. Hell ging es gesundheitlich schlecht. Vielleicht sogar schlechter, als er es glaubte. Daher wäre das Gespräch am heutigen Abend so wichtig gewesen für Hell.
Sie hatte, nachdem sie am Nachmittag kurz im Büro darüber gesprochen hatten, einen Plan gefasst. Ein Blick in ihren Terminkalender hatte sie auf die Idee gebracht. Mitte Juli würde sie eine Vortragsreise durch Dänemark machen. Dabei könnte Hell sie begleiten. Natürlich nur, wenn er Urlaub nahm. Oder wenn er krankgeschrieben war. Darüber wollte sie mit ihm sprechen. Jetzt musste sie ihre schöne Idee für sich behalten. Sie konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen. Erneut betrachtete sie sich im Rückspiegel. Du bist Psychologin, aber dir selber etwas vorzumachen, dass klappt auch nach vielen Jahren nicht, dachte sie. Immerhin spendete ihr der Gedanke etwas Trost, dass ja morgen noch ein Tag war, an dem sie sich Zeit füreinander nehmen konnten. Sie überlegte kurz, ihn anzurufen. Doch tat sie es nicht.
Schnell startete sie den Motor ihres Volvo und reihte sich in den Verkehr ein.
*
Sogar die Joggerin, die abends um halb sieben ihren Weg durch die Straße nahm, hatte ihn schon gegrüßt. Wendt hatte versucht, ihrem Blick auszuweichen, doch in letzter Sekunde hatte er doch zu ihr herübergeschielt. Und sie hatte ihm zugelächelt.
So bekannt war seine Observation schon in der Straße. Womöglich hielt ihn die hübsche, durchtrainierte Frau mit dem lustig hin und her hüpfenden Pferdeschwanz für einen Privatdetektiv, der irgendwelchen schmutzigen Machenschaften eines Ehemannes aufzudecken hatte. Sollte sie. Er konnte nichts daran ändern. Obwohl, mitten in seiner Seele bedauerte er es auch ein wenig. Denn die junge Frau gefiel ihm sehr.
Jochheim hatte er den Tag über noch nicht zu Gesicht bekommen. Der vor dem Haus geparkte Wagen ließ aber die Vermutung reifen, dass er daheim war. Holz und Berendi waren auf dem Balkon erschienen, Holz hatte sogar eine Weile auf dem Balkon gesessen und gelesen. Mit Sonnenbrille. Sie machten einen auf Normalität.
Wendt ging die Geheimniskrämerei der beiden BKA-Beamten völlig gegen den Strich. Gegen neunzehn Uhr tuckerte er langsam durch die Straße. Er hatte insgeheim noch auf eine neue Begegnung mit Holz und dem Hündchen gehofft. Keiner hatte ihm gesagt, warum dieser Hund plötzlich am Start war. Keiner hatte ihm gesagt, dass er mittlerweile
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