Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
die Stadt nun wieder Farben, nicht mehr nur ein reines, gleißendes Weiß, wie beinahe den ganzen Tag über, doch hielt es Wendt nicht lange in der Cocktailbar aus. Er drängelte seinen Freund, mit ihm in den Biergarten zu wechseln.
„ Wir können uns doch auch nach draußen setzen. Komm, bleiben wir, hier ist es cool, Alter“, sagte Günther Ferré und versuchte noch, Wendt am Arm festzuhalten. Doch der war schon aufgestanden und schob sich Richtung Theke, um die Cocktails zu bezahlen.
„ Kommst Du?“, fragte Wendt, nachdem er wieder an den Tisch trat.
„ Was hast Du für Hummeln im Arsch, sag mal. Hier ist es genauso gut wie in einem Biergarten. Wo Du jetzt deine Chica klarmachst für die Nacht, ist doch Wurscht“, maulte sein Kumpel.
Wendt nahm seinen Blazer vom Stuhl. „Komm jetzt oder bleib hier. Deine Entscheidung.“ Sein Blick ließ wenig Spielraum für Diskussionen.
Sie gingen draußen über den Vorplatz und bogen an der Ecke links ab. Ihnen gegenüber lag der alte Bonner Friedhof. Ferré machte eine Geste dorthin.
„ Mit deiner Laune kannst Du höchstens eine von dort heute klarmachen.“
„ Günther, es geht mir nicht darum eine klarzumachen. Ich brauche Leben um mich herum. Ich sitze seit Tagen stundenlang in einem Scheiß-Auto und observiere einen Scheiß-Stasi-Wichser. Zwölf Stunden und keiner redet mit mir. Keiner redet mit mir! Ich brauche Trubel, sonst drehe ich noch am Rad, kapiert?“
Günther Ferré sah ein, dass er auf verlorenem Posten kämpfte.
„ Bist Du selber schuld, wenn Du das mitmachst. Mach doch Dein Maul auf und beschwer dich. Kannste doch sonst so exzellent“, nörgelte er.
Wendt zuckt mit den Schultern. „Sonst ist nicht jetzt. Jetzt ist eine besondere Situation.“
„ Aha. Und wieso?“
„ Weil die Anweisung von ganz oben kommt. Von der Staatsanwaltschaft“, sagte Wendt.
Ferré runzelte bloß die Stirn.
„ Seit wann ist es dir nicht egal, von wo eine Anweisung kommt?“
„ Red kein Blech. Wenn das von ganz oben kommt, halte ich besser die Klappe. Ist so. Basta.“
Ferré biss sich auf die Lippen und verkniff sich weitere bohrende Fragen. So wie er seinen Freund kannte, war es jetzt besser, zu schweigen.
„ Und wo geht’s jetzt hin?“
„ Das fragen wir besser einen Taxifahrer. Die wissen, wo was los ist“, sagte Wendt und stoppte energisch das nächste Taxi, was ihnen entgegenkam.
*
Die Kaffeemaschine arbeitete im Akkord. Keiner sagte viel, jeder war mit seiner Aufgabe betraut. Seit dem frühen Morgen waren sie auf den Beinen. Jetzt ging es auf zehn Uhr abends zu. Klauk, Rosin und Meinhold saßen mit ihren Tablets um den Besprechungstisch verteilt. Meinhold und Rosin flüsterten. Klauk hörte nicht, was sie sprachen, doch schienen sie nicht einer Meinung zu sein.
Hundemüde und mit Augen wie Schlitze, suchte Klauk nach einer Verbindung zu dem, was Meinhold eben als neue These aufgestellt hatte. Sie hatte vor einer halben Stunde eine Mail aus Algerien erhalten.
„ Ich habe schon überhaupt nicht mehr damit gerechnet, dass die sich überhaupt noch bei mir melden“, hatte sie gesagt und sich dann in den Bericht vertieft. Nach zehn Minuten murmelte sie dann, „Das könnte er sein.“
„ Wer?“, hatte Klauk gefragt und sich über seine Bartstoppeln gestrichen. Meinhold hob ihren Kopf.
„ Unser Killer. Ich hatte wegen eines Bildes bei den algerischen Behörden nachgefragt. Dort hatte es 2012 einen unaufgeklärten Mord gegeben und es wurde vermutet, dass dort ebenfalls eine Bolo-Machete benutzt worden war. Jetzt habe ich das Foto erhalten, zusammen mit einem Bericht des Gerichtsmediziners. Wenn ihr mich fragt, dann ist das zweifelsohne identisch.“
Sie schickte die Mail an ihre Kollegen weiter. Rosin und Klauk stimmten ihr zu, nachdem sie das Foto mit dem Tatortfotos von Königer vergleichen hatten. Meinhold schickte die Mail auch an die KTU mit der Bitte um Prüfung.
Sofort fing sie an, und checkte die Datenbanken nach einem Mörder, der im Dreierpack mordete. Zwischen den einzelnen Taten konnte es einen längeren Zeitraum geben, was es für die Ermittler schwerer machte, einen Zusammenhang zu finden. So schwer, wie bei den drei Morden, die sie bearbeiteten. Wobei es ihr mittlerweile so simpel vorkam, die Zusammenhänge zu sehen. Doch das hatten sie einzig und allein der Qualität der Arbeit von KTU und Gerichtsmedizin zu verdanken.
In ihrem Kopf nistete sich ein Gedanke fest, den sie aber noch nicht klar ausformulieren
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