Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
Sehen Sie unser Dilemma?“, fragte Klauk.
„ Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich Angst habe. Angst, dass es auch mich erwischt. Verstehen Sie das?“, fragte er flehend. Dann warf er sich zurück und raufte sich die Haare.
„ Ja, das verstehen wir. Aber wir können Sie nicht gegen ein Phantom schützen.“
„ Das ist aber ihre Aufgabe. Ich bin in Gefahr. Mein Freund ist bereits tot. Tun Sie ihren Job und finden den, der das getan hat.“
Hell hatte auf der anderen Seite der Glasscheibe Mühe, der Befragung zu folgen. Ihm schwirrte das im Kopf herum, was ihm Überthür kurz vorher anvertraut hatte. Konnte das überhaupt stimmen? Hell fühlte sich seitdem unbehaglich. Es ging um Oberstaatsanwältin Hansen. Überthür hatte behauptet, dass sie plante, die Dienststelle zu wechseln. Sie hätte ihm berichtet, dass sie sich auf eine Stelle in Darmstadt bewerben würde. Dabei war sie doch erst seit kurzer Zeit in Bonn.
Würde sich sein berufliches Umfeld noch weiter verändern? Ihm war nicht wirklich wohl bei dem Gedanken. Hell brauchte gewohnte Strukturen um sich herum. Veränderung fand er lästig. Bisweilen sogar bedrohlich.
Er sah, wie Klauk und Überthür aufstanden. Die Befragung war scheinbar beendet. Ohne das er die letzten Worte verstanden hätte. Die Türe öffnete sich und die beiden Männer kamen rein.
„ Na, was ist ihr Eindruck?“, fragte Überthür.
„ Das ist kein Mörder. Der schlottert ja vor Angst“, antwortete Hell.
„ Sehe ich auch so“, fügte Klauk an, der den Eindruck hatte, dass sein Eindruck nicht gefragt war.
Überthür lehnte sich gegen die Wand. „Was sollen wir mit ihm machen? Hat er Recht, dass jemand sein Leben bedroht, dann stehen wir ziemlich dämlich da, wenn ihm etwas passiert.“ Er fasste sich ans Kinn.
„ Wir stellen ihn unter Polizeischutz. Das SEK sollte uns einen Beamten abstellen, der mit Miersbach zurück in sein Haus fährt. Und eine Zivilstreife stellen wir vor seine Türe. Das sollte ihn beruhigen“, schlug Hell vor.
„ Ja, so machen wir es. Ich muss gestehen, ich habe mir noch nie so viele Gedanken um einen Fall machen müssen, nachdem man einen potentiellen Täter schon an der Angel hatte. Ein Abschiedsbrief ist auch nicht mehr das, was er einmal war.“ Er lächelte. Wenn Hell sich richtig erinnerte, dann war es das erste Mal, dass er den Staatsanwalt lächeln sah.
„ Das Ende ist nicht immer das Ende“, sagte Hell und machte sich auf den Weg in sein Büro. Überthür regelte die Überwachung Miersbachs. Klauk folgte seinem Chef.
„ Was haben Sie beiden eben besprochen? Es scheint etwas Wichtiges gewesen zu sein, denn plötzlich ist die Stimmung zwischen Ihnen eine komplett andere.“
„ Ich habe ihm einen Witz erzählt und er hat herzlich gelacht“, antwortete Hell. Er setzte sich auf seinen Stuhl und begann seine Akten auf dem Tisch zu ordnen.
„ Ah ja. Ich verstehe“, sagte Klauk, der sich nicht ernst genommen fühlte. Hell warf ihm einen langen Blick zu.
„ Es sind Gerüchte, Sebi. Es macht keinen Sinn, wenn ich sie weitertrage und dann stellt sich alles als Schall und Rauch heraus. Reicht dir das?“
„ Schon“, antwortete Klauk, doch Hell war klar, dass er sich nur fügte.
„ OK, wo stecken Meinhold und Rosin? Trommelst Du sie bitte zusammen? Ich möchte noch ein abschließendes Meeting abhalten, bevor wir für heute Schluss machen“, sagte er, nachdem er auf seine Uhr geschaut hatte. Klauk holte sein Handy aus der Hosentasche und begann, zu telefonieren. Er ging herüber in den Besprechungsraum.
Hell hatte mit Franziska ausgemacht, dass sie am Abend zusammen kochen würden. Was für ein ereignisreicher Tag. Er sollte wenigstens ein ruhiges Ende nehmen. Nachdem er einen kurzen Blick auf die Kaffeemaschine geworfen hatte, entschied er sich, einen weiteren Kaffee zu trinken. Er stand auf. Noch keinen Meter entfernt von seinem Schreibtisch, schrillte das Telefon. Hell zuckte zusammen. Tief in ihm meldete sich wieder die Angst.
Er starrte das Telefon an. Er ließ es drei oder viermal klingeln, bevor er das Mobilteil in die Hand nahm. Selbst Klauk hatte schon von seinem Tisch aus aufgeblickt, weil Hell anscheinend nicht schnell genug reagierte.
Nicht wieder ein Mord. Bitte, dachte er. „Hell“, meldete er sich. Es war Stephanie Beisiegel. Ihre Aufregung versetzte Hell einen Stich.
„ Ich hatte so ein Gefühl“, fing sie an. Das reichte schon um Hell aufmerken zu lassen. In all den Jahren, in der er sie nun
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