Oliver Hell - Gottes Acker (German Edition)
stark. Sogar durch das Hemd spürte er die klammen Finger des Kollegen. Hell machte eine abwehrende Handbewegung und löste den Griff.
Also kam es doch so wie befürchtet. Hell war sich nicht sicher, ob in den Augen des Kollegen nicht so etwas wie Schadenfreude zu sehen war.
„ Solange es noch nicht ausgesprochen ist, machen wir munter weiter“, antwortete er demonstrativ gutgelaunt.
Nur der Höflichkeit halber blieb er noch stehen. Verwundert über sich selber.
„ Das Gerücht geistert ja schon den ganzen Morgen durch das Haus“, wusste Lessenich zu berichten. Mal wieder typisch, dachte Hell, der kümmert sich wieder mehr um den Flurtratsch, als um seine Fälle.
„ Ach ja? Wir waren heute Morgen auf dem Golfplatz und hatten einen Riesenspaß mit dem Unwetter. Sie verstehen, dass wir da keine Gerüchte verfolgen konnten.“
Hell konnte die Aufregung nicht nachvollziehen. Sicher war es ihm eine Herzensaufgabe herauszufinden, wer hinter dem Mord an Gauernack stand. Ob es wirklich die Stasi war? Aber er hatte genügend Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des BKA. Schließlich hatte er im Fall Agayer miterlebt, wie tief die Fahnder sich in die Materie hineinknieten. Ob nun er persönlich die Lorbeeren einstrich oder ob es die Kollegen vom BKA taten. Wen kümmerte das? In dem Moment fragte er sich, ob seine Abgeklärtheit aus dem schlechten Verhältnis resultierte, was Gauernack und er in den letzten Monaten gehabt hatten. Er vermochte die Frage nicht zu beantworten.
Lessenich fuchtelte mit den Händen vor seinem Gesicht herum. „Das muss unser Fall bleiben. Wenn Sie meine Unterstützung benötigen, dann können Sie auf mich zählen. Die Pfeifen vom BKA sollen woanders Wirbel machen“, sagte er und fasste Hell erneut am Arm.
Die Pfeifen vom BKA haben mehr los als Du, dachte Hell. „Vielen Dank für die Worte“, sagte er, „Aber ich muss nun wirklich los, die PK wartet nicht.“
„ Jaja, viel Erfolg, Kollege.“
Hell wandte sich schnell ab, in der Angst, der Mann könne ihn erneut festlabern. Schon war er in Gedanken bei der PK und er hatte noch kein einziges Wort von Christina Meinhold gehört. Als er den Flur hinaufkam, sah er durch die Glaswände die Kollegen, wie bei einem Kriegsrat, um den großen Besprechungstisch herum sitzen.
Noch nicht ganz in der Türe, entließ er schon eine Reihe von Fragen in den Raum. „Hallo, was ist mit der Vorbereitung? Wendt, alles geregelt? Was macht das Profil, Christina? Lea, was war auf der SD-Karte? Wir haben noch eine knappe halbe Stunde Zeit für das Briefing. Los geht’s!“
Die Antworten der Kollegen überlagerten sich, weil alle gleichzeitig anfingen zu sprechen.
„ Ich bin fertig“, bemerkte Wendt, während Christina direkt anfangen wollte, ihr Profil zu erläutern. Auch Lea fing einen Satz an „Die SD-Karte ist…“
„ Einer nach dem anderen“, lachte Hell und setzte sich.
„ Ich habe alles vorbereitet. Wir brauchen nur noch das Profil von Christina.“
Die schaute in die Runde. „Ich habe einige Dinge, die wir für die PK gebrauchen können, herausgefunden. Ich kann sie sehr kurz erläutern, habe auch ein kleines Handout vorbereitet für euch.“ Sie hielt ein paar Blätter in die Luft. Hell machte eine fordernde Handbewegung und kurz drauf hielt er eines der Blätter in der Hand. Kurz überflog er die Zeilen.
Lea wartete ab. Sie hatte auch nicht viel zu berichten. Die Daten auf der SD-Karte waren verschlüsselt. Die Kollegen in der KTU bissen sich die Zähne aus, die Verschlüsselung zu knacken. Bislang ohne Erfolg.
Hell las das Handout weiter. Doch dann blickte er auf, sein Blick wanderte zu Christina herüber.
Ohne es zu bemerken, tippte Meinhold ungeduldig mit dem Finger auf den Tisch. Aber es reichte völlig aus, um sich Gehör zu verschaffen. Unbewusst. Jetzt starrten alle sie an.
„ Ein Täter ist bei seiner ersten Straftat unerfahren. Er gewinnt an Erfahrung und Vertrauen mit jeder neuen Straftat, schließlich gelingt ihm ein Mord mit wenigen Fehlern oder gar keinen Problemen.
Weil die meisten Mörder ihre Straftaten gründlicher planen als andere Kriminelle, ist die Lernkurve sehr steil. Sie müssen ihr Opfer auswählen, ein Ziel auswählen, wo sie zuschlagen wollen, ein Konzept entwickeln, und sie müssen ihr Opfer entsorgen. Die Logistik, einen Mord zu begehen und die Entsorgung des Körpers kann sehr komplex werden.“
Christina Meinhold bemerkte die Ungeduld in Hells Blick, daher fing sie an, die Allgemeinplätze zu
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