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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schroeter
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Sturm. Er schlug mit der Faust gegen die Tür. Betty hatte
einen Ersatzschlüssel, aber ein Schlüssel steckte von innen im Schloss, sodass
sie nicht öffnen konnte. Sie rief Olivers Handy an und hörte es in der Wohnung
klingeln. Er war also zu Hause. Panik erfasste sie.
     
    „Dave!“, sie schüttelte ihren älteren Sohn. Tränen rannen ihr übers
Gesicht. „Dave, so mach‘ doch irgendwie die Tür auf!“ Er versuchte, sie
einzutreten. Vergeblich! Er warf sich mit seinen ganzen Einmeterachtundneunzig
dagegen. Nichts! Inzwischen schauten verschlafen die ersten Nachbarn aus ihren
Türen. Der Hausmeister wurde gerufen. Der rief den Schlüsseldienst, der
anscheinend auch noch geschlafen hatte, denn er kam ganze anderthalb Stunden
später.
    Es war fast Mittag, als die Tür aufgebrochen war.
     
    Betty stürzte in die kleine Wohnung. Es roch muffig. Der Fernseher lief.
Sie fand ihren Sohn Oliver auf seinem Bett. Vor dem Fernseher. Die Arme nach
oben ausgebreitet, die Füße noch auf dem Boden. Er musste auf dem Bett gesessen
haben und nach hinten weggekippt sein. Vor ihm standen halb volle
Apfelsafttüten. Sie rochen nach Schnaps.
     
    „Der ist total besoffen“, dachte Betty und wollte sich schon aufregen,
als Dave sagte: „Er ist ganz kalt, Mutti. Ich glaube, er ist tot.“
     
    Erst spürte Betty gar nichts. Dann Wut. Dann wollte sie schon lachen:
Nein, ihr Oliver, der war groß und stark und immer so hübsch gewesen. Der starb
nicht. Jedenfalls nicht vor ihr. Sie war alt. Sie hatte ihr Leben lang
geraucht. Sie musste zuerst sterben. So rum gehörte es. Dann brach sie
zusammen.
     
    Die Polizei wurde gerufen und man setzte Betty in die Küche, wo noch die
leeren Gläser auf dem Tisch standen. So saß sie da. Die Polizei untersuchte
alles. Ein Leichenwagen fuhr vor. Olivers Körper wurde in einem viel zu kleinen
Sarg verstaut.
    Erst als die Sargträger im Treppenhaus mit dem Sarg aneckten, kam wieder
Leben in Betty. Sie brüllte die Männer an: „So passen Sie gefälligst auf! Darin
liegt doch mein Kind.“
     
    Als alle fort waren, fragte Dave vorsichtig: „Sag‘ mal, Mutti, welche
Augenfarbe hatte Olli eigentlich?“
    „Aber Dave!“ Betty hatte keine Kraft mehr sich aufzuregen. „Oliver hatte
doch dunkelbraune Augen.“
    „Ja!“, antwortete Dave. „Das dachte ich mir ja auch. Aber heute, als er
so auf dem Bett lag, da waren seine ganzen Augen braun. Ich meine auch das, was
normalerweise weiß ist.“
     
    Betty stutzte: “Aber die Ärzte hatten mir doch damals gesagt, dass seine
Hepatitis C, die er sich mit den Drogen eingefangen hatte, gut verkapselt war.
Ich dachte, er sei geheilt gewesen. Diese scheiß Ärzte! Die sind schuld, dass
mein Sohn jetzt tot ist!“
     
    Zurück zu Hause rief Betty umgehend Olivers Ärztin an. Die, bei der er
sich alle paar Tage sein Methadon abgeholt hatte. Betty schrie in den Hörer:
„Sehen Sie, was sie angerichtet haben. Warum haben sie meinem Sohn nicht
geholfen? Jetzt ist er tot!“ Dann legte sie auf. Besser fühlte sie sich
trotzdem nicht.

Träume
     
    Ich liege auf dem Sofa. Immer wieder sehe ich mir das Fotoalbum an. Es
ist schön geworden. Unglaublich wertvoll für mich. Unbezahlbar. Ich denke an
damals, ich denke an ihn. Er war ein Rebell. Und doch hatte er nie wirklich
etwas verbrochen. Er war groß und manchmal furchteinflößend. Aber er war auch
der Einzige, der meinen Geburtstag nicht vergaß.
     
    Er war wie ein großer schwarzer Araberhengst: majestätisch anzusehen und
doch stets auf der Stelle tänzelnd, suchend, von unsichtbarer Hand getrieben.
     
    Mit links halte ich das Album, als ein sanftes Kribbeln sich an meinem
rechten Arm ausbreitet. Ich unterbreche meine Gedanken und schaue hin. Aber da
ist nur mein Arm.
     
    Ähnliches hatte ich schon vor ein paar Tagen gespürt. Ich las in einem
interessanten Buch über ein Schweizer Medium. Ich war sehr vertieft, denn das
Thema war mir fremd. Dennoch war ich ausgerechnet in diesen Tagen, auf den
jungen Mann aufmerksam geworden. Ich interessierte mich für Wiedergeburt, die
sogenannte Reinkarnation.
    In der Bücherhalle hatte ich eine DVD entliehen, auf der dieser sehr
sympathische Mann ein Interview gab. Er sprach über das Jenseits, und dass er
die Verstorbenen sehen, bzw. fühlen könne. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu,
denn ich dachte zu der Zeit, es gäbe niemanden in meinem Leben, der tot sei.
Ein großer Irrtum.
     
    Als ich von Ollis Sterben erfahren hatte, besorgte ich mir eben dieses

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