Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schroeter
Vom Netzwerk:
einmal, was gut und wichtig für mich war.
     
    Ich hatte schon vorher manchmal bei Sandy übernachtet. Ich tat es auch
jetzt noch, denn sie war ja meine Freundin. Und es gab viel zu der Zeit, was
ich mit einer Freundin bequatschen musste. Wo ich doch keine Mutter hatte.
    Aber immer öfter benutzte ich sie nur als Vorwand und verbrachte das
Wochenende stattdessen ein paar Häuser weiter.
     
    Und irgendwann kam es, wie es kommen musste: Papa rief bei Sandy an. Und
Sandy bekam Angst und erzählte ihm, dass ich bei Olli sei. Wutentbrannt rief er
also bei Betty an, die mit ihm eine halbe Stunde lang diskutierte. Es war
nichts zu machen. Ich musste mich wieder anziehen und sofort nach Hause kommen.
Von dem Tag an war Papa bei Betty unten durch. Und seither konnte Papa Betty
nicht mehr ausstehen. Ich weiß, unsere verbliebenen Elternteile wollten nur
unser sogenanntes Bestes. Aber schöner wäre es gewesen, hätten sie unsere junge
Liebe ernst genommen, und uns, jenseits aller Klassen- und Rassenkämpfe,
liebevoll unterstützt.
     
    Verbliebene Elternteile deshalb, weil Oliver, so wie ich nur einen Vater
hatte, er nur eine Mutter hatte. Im Gegensatz zu meiner Mutter zeigte sich sein
Vater immerhin noch gelegentlich. Genau genommen kam er einmal im Monat vorbei,
um seinen Unterhaltszahlungen Folge zu leisten. Dreihundert Deutsche Mark in bar
legte er dann lässig auf den Tisch. Olli war stolz, dass sein Vater das nie
versäumte. Daran konnte man sehen, wie er doch um seinen Sohn bemüht war.
     
    An diesen Tagen war Olli immer aufgeregt. Es war ein echtes Highlight für
ihn, wenn sein Vater kurz Notiz von ihm nahm. Schon jetzt war Olli größer und
auch hübscher als sein Vater. Dafür beherrschte sein Vater eine lässige,
laszive Art zu lächeln, die sein Sohn so gar nicht drauf hatte.
    Der nämlich war immer ehrlich. Gerade heraus sagte er, was ihm passte und
was nicht. Wenn er etwas versprach, dann konnte man sich auch garantiert darauf
verlassen. Ganz Betty eben.
     
    Sein Vater dagegen versprühte seinen Charme, versprach viel und war dann
schon fast wieder verschwunden. Bevor er verschwand, mussten wir allerdings
jedes Mal verschwinden. Hatte er zehn Minuten lang Konversation mit Oliver
gemacht, ihn über Belanglosigkeiten ausgefragt, und ihm natürlich ins Gewissen
geredet, dass er in der Schule fleißiger sein müsse, durften wir abtreten. Denn
eigentlich war Ralf nur gekommen, weil er von Betty für seine
Unterhaltszahlungen anständig entlohnt werden wollte.
     
    Meistens trotteten wir auf den Spielplatz um die Ecke. Dort saßen wir
dann auf der Bank und rauchten oder wir schaukelten. Einmal, als sonst niemand
in der Nähe war, zog Olli mich auch in die Büsche neben dem Spielplatz. Er
musste ständig Neues ausprobieren. Diesmal hatten wir beide nur mäßigen Spaß.
Hinterher waren wir voller Mutterboden, besonders an Händen und Knien.
     
    Manchmal gingen wir auch in den kleinen Supermarkt, wo Olli dann Beefsteakhack
für seine weiße Perserkatze Schnee besorgte. Die war verwöhnt und fraß nur das.
Durch ihr üppiges Fell wirkte sie ganz normal, aber wenn man sie hochhob, war
sie leicht wie eine Schneeflocke. Dann kauften wir noch einen Schokoriegel oder
Chips, die wir dann auf der Bank aßen. Dabei unterhielten wir uns. Nichts Tiefsinniges,
wir waren ja fast noch Kinder. Dennoch war es deutlich sichtbar, dass Olli
darunter litt, von seinem Vater fortgeschickt zu werden.
     
    Er sprach immer gut von seinem Vater. Er war sehr stolz auf ihn. Erzählte
mir von seinen tollen Autos, die dieser hegte und pflegte. Und davon, dass er
beruflich ein erfolgreicher Mann sei. Aber wärmen tat ihn dieser Umstand
offensichtlich nicht.
     
    Ein einziges Mal in den Jahren, in denen ich Teil von Olivers Leben war,
lud sein Vater Ralf uns auf eine Spritztour ein. Er war mit seinem
hochglanzpolierten perlmuttfarbenen Cadillac vorgefahren. Und auch wenn ich nie
der Typ war, der sich von großen Limousinen beeindrucken ließ, bekam ich doch
große Augen. Noch nie zuvor hatte ich in einem dieser großen amerikanischen
Schlachtschiffe gesessen. So etwas kannte ich allenfalls aus Kinofilmen. Das
Auto war riesig, auch von innen. Und was mir besonders in Erinnerung blieb, war
die durchgezogene Sitzbank, die das Auto nicht nur hinten, sondern auch vorn
aufwies.
     
    Wir fuhren durch die Nacht. Wohin, darauf achtete ich nicht. Ich hatte
nur Augen für dieses merkwürdige Automobil und für Olivers vor Stolz glänzende
Augen. Irgendwann

Weitere Kostenlose Bücher