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Oliver - Peace of Mind

Oliver - Peace of Mind

Titel: Oliver - Peace of Mind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Schroeter
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Buch,
in dem ich nun lese. Eines seiner Bilder lag achtlos in meiner Armbeuge, als
ich den Eindruck bekomme, etwas Schweres läge darin. Jemand würde in meinem Arm
liegen. Als ich hinsehe, schauen mich die braunen Augen vom Foto aus genau an.
     
    Müde lege ich Brille und Fotoalbum beiseite und trinke noch einen
Schluck, bevor ich ins Bett umziehe. Ich kuschle mich in die Kissen – ich
brauche viele Kissen um mich herum – ziehe mir die Decke bis zum Kinn hoch und
drehe mich auf die Seite.
     
    Es klingt total verrückt, aber halb eingeschlafen und in meine traurigen
Gedanken versunken ist es mir, als schmiege sich eine Energie in
Löffelchenstellung an mich, die alle schwermütigen Gedanken von mir abzieht. Es
fühlt sich gut an. Ich fühle mich gewärmt und geborgen.
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, fühle ich mich erholt, wie schon
lange nicht mehr.

Dezember 1983 und Januar 1984
     
    Es war kalt in jenem Winter, aber es hatte noch nicht geschneit. Ich war
wieder Single und ich war grottenschlecht in der Schule. Ich wusste selbst
nicht warum. Ich konnte mich nicht auf den Stoff konzentrieren, und ich hatte
nachmittags keine Lust zum Lernen. Diese Sache mit Matthias hatte Spuren
hinterlassen. Ich mochte mich nicht mehr. Und Oliver hatte ich dadurch erst
recht vergrault.
     
    Missmutig machte ich mich jeden Morgen auf den Weg zum U-Bahnhof, der
eine Zigarettenlänge von unserer Wohnung entfernt lag. Wenigstens das. Besser
noch: Auf halber Strecke befand sich ein Tabakladen. Wir wohnten also fast an
der Quelle.
     
    Ich hatte Angst, zur Schule zu gehen. Ich befürchtete jeden Morgen,
Matthias könnte am Fenster stehen – er wohnte ja im Erdgeschoss – wenn ich an
seinem Fenster vorbei musste. Er hatte ja Zeit. Er war arbeitslos. Allein der
Gedanke an ihn ließ mich vor Ekel erschaudern. Ich schämte mich so.
    Oliver hatte ich monatelang nicht gesehen, bis er eines Tages mit mir an
der Bushaltestelle stand.
     
    Am U-Bahnhof gab es auch eine Bushaltestelle. Man konnte nach der Schule
entweder – eine Zigarettenlänge lang – zu Fuß nach Hause gehen, oder aber die
Zigarette an der Haltestelle rauchen und dann eine Station mit dem Bus fahren.
Ich war immer zu Fuß gegangen. Aber nun stand da Oliver und ich stellte mich
dazu.
     
    Zum ersten Mal war niemand dabei, wenn wir uns unterhielten. Über
Matthias sprachen wir nicht. Auch später erwähnte er ihn nur dann, wenn wir
stritten. Weil er verletzt war, oder weil er mich verletzen wollte. Das wusste
ich nicht.
    Wir sprachen über Schule. Er ging jetzt auf eine Gewerbeschule, zweimal
pro Woche. Dann hatten wir zur gleichen Zeit Schluss. Dann traf ich ihn an der
Haltestelle. Dann war ich glücklich.
     
    Zumindest an zwei Tagen in der Woche hatte ich nun wieder einen Grund,
gern zur Schule zu gehen. An den anderen Tagen hoffte ich, die Zeit möge
schneller vergehen. Manchmal, wenn es regnete, dann standen wir unter dem Dach
des Kiosks, direkt hinter der Bushaltestelle. Die schmuddeligen Fenster des
Lädchens waren mit den neuesten Zeitschriftenausgaben verhängt. Ich sah, dass
Oliver den Playboy betrachtete. „Sie sieht schön aus“, sagte ich, nachdem ich
seinem Blick gefolgt war. „Klar!“, lachte er. „Ich steh‘ total auf langes
blondes Haar.“
    „Und ihr Busen ist auch viel größer“, dachte ich. Ich war enttäuscht. Ich
hatte zwar auch langes Haar, aber es war goldbraun und weniger voll. Mein
Gesicht fand ich schöner als das der Lady auf dem Cover, aber wie gesagt, der
Busen …
     
    Abermals sah ich meine Chancen in unerreichbare Ferne rücken. Ich war ja
so verliebt in ihn. Hoffentlich merkte er es nicht. Eine Abfuhr war schlimmer
zu ertragen, als weiter nur von ihm zu träumen.
     
    Die Weihnachtsferien kamen und gingen und die ganze Nachbarschaft
böllerte laut ins neue Jahr. Ich stand am Fenster und sah meinem Traumboy dabei
zu. Er wirkte so ausgelassen. „Wenn er mich doch nur ein kleines bisschen so
vermissen würde, wie ich ihn“, dachte ich sehnsüchtig. Aber wie hätte er auch
ahnen können, dass ich verrückt war nach seiner Größe, seinen dunklen Augen,
seinen vollen Lippen, seiner geraden Nase, seinem dichten, dunklen Haar?
     
    Schließlich hatte ich mich noch vor weniger als einem Jahr auf Matthias –
klein, blond, schmächtig, dünnlippig und ohne Zähne – eingelassen. Was sollte
er denn denken? Dass ich wahllos war?
     
    Die Schule hatte wieder begonnen. Oliver stand wieder an der
Bushaltestelle und ich war froh, dass

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