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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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was?« fragte Noah und klopfte auf seine Brusttasche.
    »Ohne Handgeld geht’s freilich nicht«, erwiderte Fagin entschieden. »Ohne Handgeld absolut nicht. Zwanzig Pfund.«
    »Zwanzig Pfund, – das ist ’n Mordsbatzen Geld!«
    »Viel? Wenn man so eine Note anderswo nix unterbringen kann?« versetzte Fagin höhnisch. »Es is doch wohl Nummer und Datum drauf vorgemerkt, was? Und die Zahlung ist auf der Bank eingestellt? Is also nix viel wert, die Note, was? Man wird sie werden schicken müssen übers große Wasser, denn auf der Berse bringt man so was nix unter.«
    »Wann kann ich den Herrn treffen?« fragte Noah, betroffen, daß ihn der Jude durchschaut hatte.
    »Morgen früh.«
    »Wo?«
    »Hier.«
    »Hm«, hüstelte Noah, »und die Bezahlung? – Wie steht’s damit? Ich meine den Lohn.«
    »E Leben wie e feiner Mann: Wohnung und Kost frei, Tabak ümsonst und auch der Schnaps frei. Und von alle dem, was Sie verdienen und was verdient das junge Mädel, ist die Hälfte abzuliefern«, erklärte Mr. Fagin.
    Ob Mr. Claypole bei seiner angeborenen Habgier auf diese Bedingungen eingegangen wäre, hätte ihn Fagin nicht in der Hand gehabt, ist sehr zweifelhaft. Aber so fügte er sich und sagte, die Bedingungen paßten ihm soweit.
    »Das Mädel«, bemerkte Fagin, »wird immerhin imstandsein, eppes Tüchtiges zu leisten. Aber an Ihrer Stelle möcht ich mir selber en leichten Verdienst ergreifen.«
    »Was zum Beispiel?« fragte Noah. »Es darf nur nicht über meine Kräfte gehen und allzu gefährlich sein, verstehen Sie?«
    »Ich hab’ Sie doch vorhin reden hören«, sagte Fagin verständnisvoll. »Mei Freind benötigt vor allem en Menschen, der wo gut und tüchtig spionieren kann.«
    »Ich wäre nicht abgeneigt«, versetzte Mr. Claypole zögernd, »aber das zahlt sich doch nicht recht aus.«
    »Freilich, allerdings«, gab der Jude zu und sann scheinbar nach. »Auszahlen tut sich so was allerdings schlecht.«
    »Was meinen Sie also sonst noch?« fragte Noah und faßte ihn ängstlich ins Auge. »Ich meine so etwas hintenherum, was sicher ist und nicht viel gefährlicher, als wenn man zu Hause hockt . . .«
    »Was halten Sie zum Beispiel von den alten Damen?« forschte Fagin. »Es tragt e hibsches Stick Geld ein, wann man ihnen die Taschen wegschneidet und die Paketerlich und dann um die nächste Ecke davonkratzt.«
    »Schreien Sie doch nicht so laut«, sagte Noah und schüttelte den Kopf, »ich glaube nicht, daß das mir läge. Wissen Sie sonst nichts?«
    »Warten Sie mal«, sagte Fagin. »Halt: das Schratzen fleddern.«
    »Schratzenfleddern? Was ist das?« fragte Mr. Claypole.
    »Schratzen«, erklärte Fagin, »das sind die kleinen Kinder, wo man ausschickt mit e halben und e ganzen Schilling zum Einkaufen, und ›Fleddern‹ heißt, ihnen das Geld wegluchsen – die kleinen haltens doch immer in der Hand, sie sind bereit zum Geben – man stoßt sie e bisserle an, dann fallen sie in den Rinnstein, und man bickt sich usw. usw.«
    »Hahaha«, brüllte Claypole, vor Entzücken mit den Beinen strampelnd. »Sehen Sie, das ist das, was mir liegt, bravo.«
    »Weiß ich doch«, triumphierte Fagin. »Und e paar gute Plätze gibt’s, wo zu jeder Stunde im Tag auf die Weise zu verdienen ist – hahaha! Zum Beispiel in Camden Town oder an der Battle Bridge und da herum.«
    Dabei stieß Mr. Fagin Noah Claypole in die Seite, und beide brachen in ein langes Wiehern aus.
    »Da wären wir also in Ordnung«, sagte Noah, als er wieder zu Atem kommen konnte und Charlotte bereits eingetreten war. »Um welche Stunde morgen gehen wir’s an?«
    »Paßt es Ihnen um zehn?« fragte Fagin und setzte, als Noah nickte, hinzu: »Welchen Namen darf ich meinem Freinde nennen?«
    »Mr. Bolter«, stellte sich Noah vor, der sich für solche Fälle bereits etwas ausgedacht hatte, »Mr. Morris Bolter. Das Frauenzimmer da ist Mrs. Bolter.«
    »Gehorschamster Diener, gnädige Frau«, spöttelte Fagin und krümmte sich ehrerbietig, »ich hoffe in recht kurzer Zeit noch weiter die Ehre Ihrer näheren Bekanntschaft zu haben.«
    »Hörst du, Charlotte, was der Herr sagt!« herrschte Noah das Mädchen an.
    »Ja, lieber Noah, ja«, antwortete Mrs. Bolter.
    »Sie nennt mich Noah: so ne Art Kosename«, erklärte Mr. Morris Bolter – vulgo Claypole –, sich an Fagin wendend. »Sie verstehen doch?«
    »Gott! Ich und nicht verstehen!« erwiderte Fagin. »Güte Nacht, güte Nacht.«

DREIUNDVIERZIGSTES KAPITEL
    Der Baldowerer in der Patsche
     
    »Sie sind also selbst

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