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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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außerordentlich erbittert war, daß er auf der Treppe eine Orangenschale gefunden hatte. Er nahm sich deshalb fest vor, ob der Junge auch gut aussehe oder nicht, seinem alten Freund unter allen Umständen zu widersprechen. Als Mr. Brownlow gestand, er wisse bis jetzt noch nichts Genaueres über Oliver und jede Nachforschung darüber habe er hinausgeschoben, bis der kleine Patient wieder kräftig genug sei, ein Verhör zu bestehen, kicherte Mr. Grimwig boshaft in sich hinein und fragte hämisch, ob denn Mrs. Bedwin auch immer abends das Silberzeug zähle, und er würde sich gar nicht wundern, wenn sie eines schönen Morgens ein paar Suppenlöffel vermissensollte. Wäre er im Unrecht, so wolle er auf der Stelle usw. usw.
    Gut gelaunt hörte Mr. Brownlow, trotzdem er selbst ziemlich aufbrausender Natur war, alles dies an, kannte er doch die Eigenschaft seines alten Freundes. Und als Mr. Grimwig überdies geruhte, den frischen Semmeln seine Anerkennung zuteil werden zu lassen, war die Sache bald in Ordnung, und Oliver, der am Tee teilnahm, fing bald an, sich in Gegenwart des grimmigen alten Herrn wohler zu fühlen, als er es noch vor kurzem für möglich gehalten hätte.
    »Wann gedenken Sie also Oliver Twist ausführlich über sein Leben und seine Abenteuer auszuholen?« fragte Mr. Grimwig, als die Mahlzeit zu Ende war, mit einem Seitenblick zu Oliver.
    »Morgen vormittag, ich werde dann unter vier Augen mit ihm reden. Komm also morgen vormittag um zehn Uhr zu mir herauf, lieber Junge.«
    »Gewiß, Sir«, erwiderte Oliver. Er antwortete nicht ohne Zögern, denn die scharfen Blicke, die Mr. Grimwig auf ihn richtete, verwirrten ihn nicht wenig.
    »Ich will Ihnen etwas sagen«, flüsterte der alte Herr Mr. Brownlow zu, »der Junge kommt morgen vormittag nicht zu Ihnen herauf, ich habe genau gesehen, wie er mit seiner Antwort gezögert hat. Der Bursche hintergeht Sie, lieber Freund.«
    »Gewiß nicht, darauf könnte ich einen Eid leisten«, rief Mr. Brownlow mit Wärme.
    »Wenn er’s nicht tut«, widersprach Mr. Grimwig, »dann will ich auf der Stelle –« Wieder stieß er heftig mit dem Stock auf den Boden.
    »Ich möchte mit meinem Leben dafür einstehen, daß Oliver ein ehrlicher Bursche ist«, sagte Mr. Brownlow und schlug ebenfalls auf den Tisch.
    »Ich hafte mit meinem Kopf dafür, daß er ein hinterlistiger Bursche ist«, fuhr Mr. Grimwig auf und schlug auch seinerseits auf den Tisch.
    »Sie werden ja sehen«, meinte Mr. Brownlow, seinen Zorn unterdrückend.
    »Jawohl, das werden wir sehen«, höhnte Mr. Grimwig mit einem herausfordernden Lächeln.
    In diesem Augenblick brachte Mrs. Bedwin ein kleines Paket Bücher herauf, die Mr. Brownlow am Morgen in demselben Bücherladen gekauft hatte, vor dem ihm das Taschentuch gestohlen worden war. Sie schickte sich sodann an, das Zimmer zu verlassen.
    »Lassen Sie den Laufburschen unten warten, Mrs. Bedwin«, befahl Mr. Brownlow, »er soll wieder einige Bücher mitnehmen.«
    »Er ist schon fort, Sir.«
    »So rufen Sie ihn zurück. Die Sache ist sehr wichtig; die Bücher sind noch nicht bezahlt; er muß sie gleich wieder mitnehmen.«
    Man riß die Haustüre auf, und Oliver rannte hinaus und das Dienstmädchen hinter ihm. Mrs. Bedwin stand auf der Türschwelle und schrie nach dem Laufburschen, aber es war kein solcher mehr zu sehen. Oliver und das Dienstmädchen kamen atemlos zurück, und beide meldeten, man habe den Jungen nicht mehr getroffen.
    »Das ist unangenehm«, sagte Mr. Brownlow, »es läge mir sehr viel daran, daß die Bücher heute noch zurückkommen.«
    »So schicken Sie doch Oliver mit ihnen hin«, riet Mr. Grimwig mit ironischem Lächeln, »er gibt sie pünktlich und unversehrt wieder ab; Sie wissen das doch.«
    »Ja, lassen Sie mich die Bücher besorgen, Sir«, erbot sich Oliver, »ich würde laufen den ganzen Weg hindurch.«
    Der alte Herr wollte schon protestieren, aber da Mr. Grimwig gar so boshaft lächelte, gab er nach, um ihm zu beweisen, daß er Oliver in falschem Verdacht habe.
    »Also gut, du kannst gehen, lieber Junge«, sagte er, »die Bücher liegen auf einem Stuhl neben meinem Schreibtisch, hol sie herunter.«
    Oliver war glücklich, sich nützlich machen zu dürfen, und brachte die Bände hastig unter dem Arm herbeigeschleppt. Dann wartete er, die Mütze in der Hand, was er ausrichten solle.
    »Sage«, befahl Mr. Brownlow, dabei Mr. Grimwig beständig ansehend, »du brächtest diese Bücher zurück und solltest vier Pfund bezahlen, die ich

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