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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Handumdrehen verging und es für den Patienten Zeit wurde, etwas warmen Wein mit Wasser und Zwieback zu sich zu nehmen und dann zu Bett zu gehen.
    Es waren glückliche Tage für Oliver, diese Tage seiner Genesung. Alles wickelte sich so ruhig und friedlich ab, und jeder war so lieb und freundlich zu ihm, daß er sich vorkam wie im Himmel. Als er sich kräftig genug fühlte, um sich selber anziehen zu können, kaufte ihm Mr. Brownlow einen neuen Anzug, eine neue Mütze und ein Paar Stiefel. Seine eigenen alten Sachen durfte Oliver einer Dienerin schenken, die sehr freundlich zu ihm gewesen war, und man sagte ihr, sie solle sie bei einem Juden verkaufen und das Geld für sich behalten. Dies tat sie denn auch, und wie Oliver von seinem Zimmerfenster aus sah, wie der Jude die Sachen in einen Sack packte und damit fortging, fühlte er sich unendlich glücklich bei dem Gedanken, daß sie für immer weg seien und er sie niemals wieder würde tragen müssen. Es waren bloß ärmliche Lumpen gewesen, denn niemals zuvor hatte Oliver einen Anzug gehabt.
    Eines Abends, ungefähr eine Woche später, saßen Oliver und Mrs. Bedwin wiederum plaudernd beisammen, als Mr. Brownlow hinunterschickte und sagen ließ, Oliver möchte doch für ein Weilchen zu ihm ins Studierzimmer kommen.
    »Gott bewahre, Kind, wasch dir schnell die Hände und komm, damit ich dich kämmen kann«, rief Mrs. Bedwin. »O mein Himmel, hätte ich geahnt, daß er dich holen läßt, hätte ich dir einen reinen Kragen gegeben.«
    Oliver gehorchte, und trotzdem Mrs. Bedwin heftig jammerte, daß ihr gar nicht mehr Zeit bliebe, die kleine Krause zu bügeln, die er an seinem Hemdkragen trug, sah er trotzdem so sauber und nett aus, daß sie ihn befriedigt vom Scheitel bis zur Sohle betrachtete, und immer wieder sagte, sie hätte gar nicht geglaubt, daß ihn der neue Anzug so herausputzen würde.
    Auf diese Weise ermutigt, klopfte Oliver an die Tür des Studierzimmers seines Wohltäters. Auf Mr. Brownlows Herein!trat er näher und stand bald darauf in einem ganz mit Büchern angefüllten Zimmer, das nur ein Fenster hatte. Der Tisch war ins Helle gerückt, und davor saß Mr. Brownlow mit einem Buch in der Hand. Als er Oliver erblickte, legte er es beiseite und forderte ihn auf, näher zu kommen und sich niederzusetzen. Oliver gehorchte. Er wunderte sich, woher nur alle die Leute kommen möchten, die so viel Bücher schrieben, und was für unendliche Weisheit es auf Erden geben müßte.
    »Es ist eine recht große Bibliothek, nicht wahr, mein Junge?« fragte Mr. Brownlow, als er Olivers neugierigen Blick auf die Regale bemerkte.
    »Sehr, sehr viel Bücher, Sir«, antwortete Oliver, »so viel hab’ ich noch nie in meinem Leben beisammen gesehen.«
    »Du sollst sie lesen, wenn du brav bist; dann werden sie dir viel besser gefallen als jetzt von außen. In manchen Fällen ist es wenigstens so; allerdings, es gibt auch Bücher, bei denen der Rücken und der Einband weitaus das beste sind.«
    »Das gilt wohl von den dicken Bänden dort, Sir?« fragte Oliver und deutete auf ein paar ungeheure Quartbände, deren Einbände nur so strotzten von goldenen Verzierungen.
    »Nein, nicht doch, so ganz stimmt das nicht«, antwortete der alte Herr und strich Oliver lächelnd mit der Hand über den Kopf. »Es sind da noch andere ebenso dick, wenn auch kleiner, – aber was meinst du, wenn du einmal ein gescheiter Mann würdest und selber Bücher schriebst, wie?«
    »Es würde mich wohl mehr freuen, sie bloß zu lesen, Sir«, sagte Oliver.
    »Was? Du hast also keine Lust, Schriftsteller zu werden?« fragte der alte Herr.
    Eine Weile überlegte Oliver, dann sagte er, am besten wäre es wohl, wenn man Buchhändler wäre.
    Darüber mußte der alte Herr herzlich lachen und meinte, Oliver habe da etwas recht Gescheites gesagt. Der Kleine freute sich, wenn er auch nicht wußte, inwiefern er eigentlich so gescheit gewesen sei.
    »Nun, laß das gut sein«, sagte der alte Herr, »und fürchte dich nicht; wir machen ja keinen Schriftsteller aus dir, solange du noch ein ehrliches Gewerbe lernen kannst, wie zum Beispiel Ziegelbrenner.«
    »Ich danke Ihnen von Herzen, Sir.«
    Wieder mußte der alte Herr herzlich lachen und sagte etwas über natürlichen Instinkt, was Oliver nicht verstand.
    »Aber jetzt«, fuhr Mr. Brownlow freundlich, doch ernsthafter als bisher fort, »aber jetzt gib mal recht acht auf das, was ich dir sagen werde. Ich will rückhaltlos mit dir sprechen, denn ich weiß, daß du mich

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