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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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gehört’s. Her damit, sonst schaff ’ ich den Jungen sofort wieder zurück.«
    Der Jude stutzte, und auch Oliver, denn einen Augenblick lang faßte er Hoffnung, der Streit werde damit enden, daß man ihn wieder zurückschaffe.
    »Her damit, verstanden?« schrie Sikes.
    »Weigeschrieen, Gott über die Welt«, jammerte Fagin,»und was sagen denn Sie, Nancyleben? Das is e Gerechtigkeit?«
    »Gerechtigkeit oder nicht«, rief Sikes dazwischen. »Her damit, verstanden? Du glaubst wohl, Nancy und ich haben nichts Gescheiteres zu tun, als unsere Zeit damit zu vertrödeln, daß wir jedem Burschen, der dir in die Binsen geht, nachlaufen, um ihn wieder einzufangen – mit Geld? Alter Hundsknochen.«
    Mit einem Fluch entriß er dem Juden die Banknote, faltete sie zusammen und knöpfte sie in sein Halstuch.
    »Wie, nicht genug?« brummte er dabei. »Die Bücher kannst du dir selber behalten, wenn du sie vielleicht lesen willst; kannst sie übrigens auch verklopfen, was?«
    »Sind das deine Bücher, was, Oliver?« fiel Charley Bates ein, schnitt eine Grimasse und tat, als lese er in einem der Bände. Als er den entsetzten Blick bemerkte, mit dem Oliver ihn ansah, verfiel er wieder in einen Lachkrampf.
    »Die Bücher gehören dem alten Herrn«, jammerte Oliver händeringend. »Dem gütigen und freundlichen alten Herrn, der mich zu sich genommen und mich gepflegt hat, als ich krank und fast schon im Sterben lag. Schicken Sie ihm die Bücher und das Geld. Behalten Sie mich mein ganzes Leben lang hier, aber, bitte bitte, schicken Sie ihm alles wieder zurück. Er wird glauben, ich hätte sie gestohlen; die alte Dame und alle, die so gut zu mir waren, werden denken, ich hätte sie gestohlen. Haben Sie Barmherzigkeit und schicken Sie ihm alles wieder zurück.«
    Dann stürzte er auf den alten Juden zu und rang verzweifelt die Hände.
    »Recht hat das Jüngel«, lobte Fagin und zog seine buschigen roten Augenbrauen zusammen, »recht hat das Jüngel. Recht hast de, Oliver, natürlich werden die denken, daß du’s gestohlen hast, hihihi!« kicherte er und rieb sich dieHände. »Wie das fein zusammenstimmt! Keine bessere Zeit hätten wir treffen können.«
    »Natürlich hätt’ sich’s nicht besser treffen können«, fiel Sikes ein, »hab’s mir gleich gedacht, als ich ihn so mit den Büchern unterm Arm durch Clerkenwell hab’ laufen sehen. Das müssen ein paar nette Schafsköpfe von Betbrüdern sein, die sich wahrscheinlich fürchten, nachzuforschen, damit sie ihn um Gottes willen nicht anklagen müssen. Na, jetzt haben wir ihn wenigstens fest.«
    Verstört hatte Oliver von einem zum anderen geblickt, als traue er seinen Ohren nicht; kaum aber begriff er, um was es sich handelte, da sprang er auf und rannte entsetzt aus der Stube, ein gellendes Geschrei um Hilfe ausstoßend, daß das öde alte Haus bis hinauf zum Giebel widerhallte.
    »Halt den Köter zurück«, schrie Nancy, sprang mit einem Satz zur Tür und drehte den Schlüssel um, während Fagin mit den beiden Jungen hinter Oliver herlief. »Halt den Hund zurück, Bill, er reißt ihn in Stücke.«
    »Geschieht ihm nur recht«, höhnte Sikes. »Losgelassen, oder ich schlag’ dir den Schädel an der Wand ein.«
    »Mir alles gleich, Bill, ich fürcht’ mich nicht«, kreischte die Dirne und rang heftig mit Sikes. »Ehe ich zugebe, daß ihn der Hund zerreißt, lass’ ich mich lieber selbst umbringen.«
    »Loslassen!« schrie Sikes. »Oder ich hetz’ den Hund auf ihn!« Dabei schleuderte er Nancy von sich, daß sie bis in den Winkel der Stube flog, und wollte hinaus. In diesem Augenblick kam jedoch der Jude mit den beiden Jungen zurück und schleppte Oliver hinter sich her.
    »Was gibt’s denn hier schon wieder«, fragte er und sah sich in der Stube um.
    »Das Weib ist toll geworden«, brummte Sikes.
    »Nee, nich doll jeworden«, sagte Nancy leichenblaß und atemlos, »nee, nich doll jeworden, Fagin.«
    »Also, halts Maul, verstanden, Schickse!« rief der Jude mit drohenden Mienen.
    »Nee, ik schweige nich; fällt mir jar nich ein«, antwortete Nancy laut. »Von dir lass’ ich mir schon jar nich befehlen.«
    Fagin schien es nicht für geraten zu halten, bei dem Temperamente der Sorte Menschenkinder, zu denen Nancy gehörte, den Streit fortzusetzen, und wendete sich lieber zu Oliver.
    »Weglaufen hat er wollen, das Jüngel, was?« sagte er und griff nach einem knotigen Stock, der in der Ecke neben dem Kamin stand. »Fortlaufen hat er wollen, was?«
    Oliver gab keine Antwort; er

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