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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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wird.«
    »Wo ist die Stelle?« fragte der Jude hastig.
    »Na: also, wenn Sie über den Rasen weggehen«, flüsterte Sikes.
    »Ja?« fragte der Jude neugierig, daß ihm die Augen fast herausquollen.
    »Hm«, flüsterte Sikes, durch einen heimlichen Wink Nancys zur Vorsicht gemahnt, »was kümmert Sie’s denn, wo’s ist? Sie können’s ohne mich nicht machen, aber doch ist’s am gescheitesten, man verrät Ihnen nichts.«
    »Wie Se wollen, lieber Freind; ganz wie Se wollen«, sagte der Jude. »Sonst brauchen Se niemand als Toby?«
    »Niemand. Bloß noch ein Brecheisen und einen Jungen. Das erste haben wir selber, das zweite müssen Sie uns verschaffen.«
    »En Jungen?« rief der Jude. »Dann is es also bloß eine dünne Tür?«
    »Was geht das Sie an«, knurrte Sikes; »ich brauch einen Jungen, und er darf nicht zu groß sein. – Donnerwetter«, murmelte er nachdenklich, »wenn ich bloß das Bürschchen vom Ned hätte, von dem Schornsteinfeger; der hat seine Buben nie groß werden lassen und hat sie für solche Fälle im Taglohn verdingt. Aber den Alten haben sie natürlich außer Land geschafft, und dann ist der Jugendschutzverein gekommen und hat den Jungen aus dem Geschäft genommen,ihm Lesen und Schreiben beigebracht und ihn schließlich anderweitig in die Lehre gegeben. Aber so machen sie es natürlich immer«, grollte Sikes; »wenn sie Geld genug hätten, würden sie in einem halben Jahr nicht ein halbes Dutzend Buben mehr in London haben, die wir brauchen könnten.«
    »Ja, das stimmt«, klagte der Jude. »Übrigens heern Se, Bill!«
    Er machte Sikes mit einer Kopfbewegung auf Nancy aufmerksam, die noch immer in die Kohlenglut blickte, und gab ihm durch ein Zeichen zu verstehen, er möchte sie hinausschicken. Ungeduldig zuckte Sikes mit den Achseln, als sei dies eine ganz überflüssige Vorsichtsmaßregel, dann aber fügte er sich Fagins Wunsch und befahl Nancy, ihm einen Krug Bier zu holen.
    »Plötzlich willste Bier haben?« fragte Nancy, verschränkte die Arme und blieb ruhig sitzen.
    »Ich sag dir: ich will Bier haben.«
    »Ach Quatsch«, versetzte die Dirne kaltblütig, »sprechen Sie nur weiter, Fagin; ich weiß doch, was er sagen will, Bill. Meinetwegen braucht er sich nicht zu genieren.«
    Der Jude zögerte noch immer, und Sikes sah verwundert von ihm zu Nancy und wieder zurück.
    »Sie werden sich doch nicht an die da kehren, Fagin?« fragte er schließlich. »Wir kennen sie doch wahrhaftig lang genug, daß man ihr trauen kann. Sie müßte doch rein zum Teufel sein! Die hält dicht, was, Nancy?«
    »Det gloob ik ooch«, erwiderte die junge Dame, rückte ihren Stuhl an den Tisch und lümmelte sich auf die Ellbogen.
    »Nancyleben, Gott, ich weiß doch«, schmeichelte der Jude. »Aber –«, wieder machte er eine Pause.
    »Was, aber?«
    »Fürchten tu ich mich, ob sie nicht gleich könnt wieder meschugge werden vor Wut«, sagte der Jude; »so wie neilich abends in der Nacht.«
    Miß Nancy brach in ein schallendes Gelächter aus, goß ein Glas Schnaps hinunter, schüttelte trotzig den Kopf und murrte etwas wie: ach Quatsch, nicht ums Verrecken, und andere Bemerkungen, die bezwecken sollten, die beiden Gentlemen in Sicherheit zu wiegen. Der Jude nickte denn auch zufrieden mit dem Kopf, setzte sich zurecht und ebenso Mr. Sikes.
    »Nu, Fagin?« fragte Nancy höhnisch. »So sagen Se’s doch und drücken Se nich lange rum. Ich weiß doch, Sie denken an Oliver.«
    »Gott, is das ’ne gescheite Schickse; die gescheiteste Schickse, wo ich jemals hab gesehen in meinem ganzen Leben«, sprudelte der Jude und klopfte ihr auf den Rücken. »Natürlich denk ich an Oliver, hi i i!«
    »Was ist’s mit Oliver?« fragte Sikes.
    »Oliver is der richtige für Eich, sag ich Ihnen, lieber Freind«, flüsterte der Jude heiser, legte den Finger an die Nase und grinste entsetzlich.
    »Der!?« rief Sikes.
    »Ja, nimm ihn nur, Bill«, rief Nancy, »ich an deiner Stelle tät’s sicher; vielleicht is er nich so jerissen wie ’n andrer. Aber braucht es doch auch nich zu sein, wenn er dir helfen soll, die Türe aufmachen. Verlaß dir drauf, Bill, auf den is noch der meiste Verlaß.«
    »Stimmt!«
    »Das is es doch, was ich Ihnen sage«, rief Fagin, »wir haben ihn in den letzten paar Wochen gut unter der Fuchtel gehabt, und es is höchste Zeit, daß er selber arbeitet um sein Brot. Übrigens sind die andern auch viel zu groß.«
    »Was die Größe anbelangt, die hätt er schließlich«, meinte Sikes überlegend.
    »Und tun wird

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