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Oliver Twist

Oliver Twist

Titel: Oliver Twist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Kneipenfenster. Wie er dort nun spät in der Nacht noch seine Pfeife rauchte, schrie mit einem Mal Conkey Ckickweed: ›Hier ist er, haltet den Dieb!‹
    Jem Spyers stürzte hinaus, und da sah er, wie Chickweed, aus vollem Halse schreiend, die Straße hinunterrannte. Spyers rannte hinterdrein, Chickweed immer voraus. DieLeute drehten sich um, und alle schrien: Diebe! haltet den Dieb! und Chickweed selber brüllte auch und schrie wie ein Besessener.
    Eine Minute lang verlor ihn Spyers, als er um eine Ecke bog, aus dem Gesicht. Wie er selbst um die Ecke herumschießt, sieht er einen Menschen laufen, stürzt sich auf Chickweed und fragt: ›Wo ist der Kerl?‹ ›Den Düwel noch mal‹, rief Chickweed, ›alle Wetter, ich hab ihn verloren.‹
    Es war eine höchst merkwürdige Sache, aber der Gauner war nirgends zu sehen, und so gingen sie denn wieder zurück in die Kneipe. Am nächsten Morgen saß Spyers wieder an seinem alten Fleck und schielte hinter der Gardine einem langen Kerl nach, der ein schwarzes Pflaster über dem Auge trug, – das heißt, er spähte nach einem solchen, falls sich einer dieser Art zeigen sollte. Es taten ihm endlich die Augen so weh, daß er sie für ein paar Augenblicke schloß, und in derselben Minute hörte er Chickweed wieder schreien: ›Hier ist er, hier ist er.‹ Spyers sprang auf, wieder rannte er Chickweed die Straße hinunter nach, und wieder entwischte der Kerl, ohne daß ihn Spyers zu Gesicht bekommen hätte. Das wiederholte sich noch ein paarmal, bis die ganze Nachbarschaft zur Meinung kam, Chickweed sei wahrscheinlich vom Teufel selbst ausgeraubt worden; andre wieder meinten, der arme Chickweed sei aus Gram über seinen Geldverlust meschugge geworden.«
    »Was sagte denn Jem Spyers dazu?« fragte der Doktor, der gleich anfangs bei der Erzählung der Geschichte wieder ins Zimmer getreten war.
    »Jem Spyers«, nahm der Detektiv seine Rede auf, »sagte eine lange Zeit gar nichts, gab auf alles acht, ohne sich etwas anmerken zu lassen; das beweist, wie gut er seine Sache verstand, und eines Morgens, wie sie wieder nach der Schenke gingen, nahm er seine Schnupftabakdose herausund sagte: ›Chickweed, ich hab’s nun heraus, wer der Räuber war.‹
    ›Fein! Hebben Se dat?‹ sagte Chickweed. ›Lieber Spyers, verschaffen Se mir man bloß eben Genugtuung, und ich will zufrieden sterben.‹
    ›Kommen Sie mal her‹, sagte Spyers und bot ihm eine Prise an. ›Ich will’s Ihnen sagen, aber dann: Schluß mit der Sache: Sie selber sind’s gewesen.‹
    Und so war es auch. Chickweed hatte einen Mordsrebach bei der Geschichte gemacht, und wahrscheinlich wäre niemand hinter seine Schliche gekommen, wenn er nicht gar so dick aufgetragen hätte«, schloß Mr. Blathers, setzte sein Weinglas hin und klapperte mit den Handschellen.
    »Eine komische Geschichte – wahrhaftig ja. Hm«, bemerkte der Doktor. »Also: wenn’s beliebt, so können wir jetzt hinaufgehen.«
    »Nur, wenn’s Ihnen beliebt«, erwiderte Mr. Blathers und folgte Mr. Losberne hinauf in Olivers Schlafstube, wobei Ihnen Mr. Giles mit einer Kerze voranleuchtete.
    Oliver war erwacht, fieberte aber noch, denn er verstand sichtlich nicht, was rings um ihn her vorging. Er konnte sich nicht einmal darauf besinnen, wo er sich befand und was mit ihm vorgegangen war.
    »Also, das hier ist der Junge«, sagte Mr. Losberne leise, aber nichtsdestoweniger sehr eindringlich. »Er hat sich offenbar beim Spielen auf der Gasse oder sonstwo eine schwere Verwundung zugezogen. Er kam heute morgen hierher um Hilfe und Beistand, wurde aber auf der Stelle gepackt und mißhandelt, und zwar von dem etwas sonderbaren Herrn, der dort mit der Kerze steht. Er hat das Leben des Kindes schwer gefährdet, wie ich als Fachmann bezeugen kann.«
    Die Firma Blathers und Duff blickte Mr. Giles, auf densich Mr. Losbernes Rede bezog, mißbilligend an, und der verdutzte Mr. Giles machte ein äußerst dummes Gesicht.
    »Sie werden das doch wohl nicht in Abrede stellen, was?« fragte der Doktor und legte Oliver wieder behutsam in die Kissen zurück.
    »Aber es geschah doch alles in der besten Absicht, Sir«, stammelte Giles. »Ich habe geglaubt, es sei der Einbrecherjunge, sonst hätte ich ihn doch nicht gepackt. Ich bin doch kein Unmensch, Sir.«
    »Was für ein Einbrecherjunge, dachten Sie, sei es?« forschte Blathers.
    »Nun, von der Bande, die hier eingebrochen ist«, entschuldigte sich Giles, »die hatten doch einen Jungen bei sich.«
    »Glauben Sie das jetzt auch

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