Olivers Versuchung
Spannung aus Quinns Schultern zu weichen. „Du hast recht. Es ist nur . . . wir hätten nie auf diese Reise gehen sollen. Er ist noch nicht so weit, alleine gelassen zu werden.“
„Verhätschle ihn nicht!“, warnte Rose ihn. „Er ist ein erwachsener Mann.“
„Ich bin trotzdem für ihn verantwortlich.“
Ursula beobachtete den Austausch mit Interesse. Das war also Olivers Erschaffer, der Vampir, der ihn verwandelt hatte. Er war ganz anders als die Vampire, denen sie in den letzten drei Jahren begegnet war. Er sah wie ein besorgter Vater aus. Er erinnerte sie an ihren eigenen Vater, wie er Angst gehabt hatte, als sie nach New York gezogen war, um die Universität zu besuchen. Am Anfang hatte er sie täglich aufgerufen, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Vielleicht war diese Erinnerung der Grund, warum sie jetzt Quinns Befürchtungen beruhigen wollte.
„Oliver ging los, um sich zu ernähren. Er wird bald wieder zurück sein.“ Sie behielt die Tatsache, dass er nach dem Mann suchte, dessen Brieftasche sie gestohlen hatte, für sich. Sie konnte dies nicht preisgeben, ohne ihnen andere Dinge zu erklären, die sie nicht mit ihnen teilen wollte. Die Situation war kompliziert genug.
Quinn ließ seine Augen über ihr Gesicht wandern. „Du weißt also, dass er kein Flaschenblut trinkt. Macht dir das Angst?“
Sie zögerte. Als sie Oliver vor einer kurzen Weile mit seinen ausgefahrenen Fangzähnen, scharfen Krallen und roten Augen gesehen hatte, hatte sie wahre Angst verspürt, doch jetzt schien diese Erinnerung so weit entfernt zu sein, dass sie das Gefühl nicht wieder heraufbeschwören konnte. „Ich weiß es nicht“, antwortete sie ehrlich.
„Warum setzen wir uns nicht alle ein bisschen hin? Ich bin von der Reise erschöpft“, gestand Rose und deutete in Richtung des Wohnzimmers.
Da sie keinen Grund hatte, die freundliche Einladung abzulehnen, marschierte Ursula ins Wohnzimmer. Sie musterte die Uhr über dem Kamin. Oliver war schon lange weg. Hatte er mit dem Vampir, dessen Portemonnaie sie gestohlen hatte, Schwierigkeiten gehabt? Sie wusste, sie sollte sich keine Sorgen um ihn machen. Schließlich war er ein Vampir und als Bodyguard ausgebildet. Und er war bewaffnet.
Ein Kribbeln in ihrem Nacken brachte sie dazu, ihren Kopf plötzlich zur Tür zu wenden. Ihr Herz blieb fast stehen: Oliver war wieder da. Er stand zwischen Tür und Rahmen und starrte Rose und Quinn an und schien sie gar nicht einmal zu bemerken.
„Warum seid ihr so schnell zurück?“, fragte er mit schroffer Stimme.
„Begrüßt man heutzutage so Familienmitglieder?“, fragte Rose und stemmte die Hände in die Hüften.
„Natürlich nicht“, lenkte Oliver schnell ein und ging auf sie zu. „Willkommen zu Hause, Rose! Wie war eure Hochzeitsreise?“ Er zog sie in eine schnelle Umarmung, als seine Augen plötzlich auf Ursula fielen.
Als er sich von Rose befreite, nickte er seinem Erschaffer zu. „Ihr seid bestimmt von der Reise müde. Warum geht ihr zwei nicht nach oben und ruht euch aus? Ich bringe eure Koffer rauf.“
Quinn runzelte die Stirn. „Oliver, ich bin älter als du. Also glaube nicht, du kannst mich einfach so abspeisen! Wir sind früher nach Hause gekommen wegen der Sache, die hier vor sich geht.“
Oliver warf Blake einen Blick zu. „Ich hatte die Situation auch ohne Einmischung unter Kontrolle.“
Blake straffte seine Haltung und funkelte zurück. „Das hab ich ja gesehen!“
Quinn hob die Hand, um ihren Streit im Ansatz zu stoppen. „Blake hat uns nicht angerufen. Es war Maya. Sie hat sich gesorgt, weil ihr beide mit Ursula alleine seid.“
Oliver funkelte seinen Erschaffer an. „Ich brauche kein Kindermädchen!“
„Ich auch nicht!“ Blake stimmte sofort seinem Halbbruder zu.
Ursula musste fast lachen. Vor einer Minute waren sich die beiden praktisch noch an die Gurgel gegangen und jetzt standen sie Seite an Seite gegen das Oberhaupt der Familie.
Ursula bemerkte, wie Rose die Augen verdrehte und den Kopf schüttelte. „Kinder“, hörte sie sie murmeln. Dann blickte Rose sie an. „Ursula, warum gehen wir zwei nicht nach oben und lassen die drei alleine, damit sie sich ausraufen können? Mir reicht die Zurschaustellung von Testosteron für heute.“
Zögernd nickte Ursula.
„Außerdem sollte ich lieber meine Kleidung aus dem Gästezimmer nehmen, damit du mehr Platz hast“, fügte sie hinzu.
„Aber ich habe doch in Olivers Zimmer geschlafen“, platzte Ursula heraus, bevor sie
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