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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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besonders fest gegen ein Grasbüschel.
    »Mein Vater will sie nicht mehr. Also.«
    »Aha.«
    Wir schaukelten.
    »Meine Mutter hatte einen Freund.«
    »Also«, rutschte es mir heraus. Ganz von selbst.
    Sascha sagte: »Eigentlich logisch, dass mein Vater jetzt auch eine Freundin hat.«
    Ich konnte ihm nur schwer folgen, weil mir lauter andere Gedanken durch den Kopf gingen. »Dein Vater hat eine Freundin?«, fragte ich.
    Sascha holte mehr Schwung.
    Weil die Ketten so laut quietschten, schaute ich nach oben, ob sie nicht brechen würden.
    »Dein Vater hat eine Freundin?« Ich versuchte mit Sascha zusammen hochzukommen, aber das klappte nicht. Immer wenn er nach oben schaukelte, kam ich gerade runter.
    Plötzlich hielt Sascha an.
    »Also«, sagte er.
    Ich bremste so schnell wie möglich ab und nickte, wusste aber nicht, ob er es gesehen hatte, also sagte ich: »Hmmm«.
    Als Sascha nicht reagierte, machte ich noch mal: »Hmmm«. Ich hatte das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben.
    »Ich habe dich nicht ganz verstanden«, versuchte ich es schließlich.
    Sascha stieß sich ab. Ich tat es ihm nach und ließ beim Zurückschwingen wie er den Fuß durch den Sand schleifen. Schließlich hingen wir beide wieder still.
    Ich sagte: »Meine Mutter hat auch einen anderen. Einen stinkreichen Amerikaner. Meine Mutter ist eine berühmte Wissenschaftlerin.«
    Ich spürte, dass Sascha endlich zu mir herübersah.
    »Es hört sich merkwürdig an, ich weiß, aber letztens stand es noch in der Zeitung. Der Ami hat ihr eine Weltraumreise geschenkt. Bald geht es los. Fünf Millionen hat er dafür bezahlt. Sie fliegen mit einem kleinen Shuttle zu einem größeren Raumschiff im All, dem Mutterschiff. Zurzeit trainieren sie gerade. Hast du das nicht gelesen? Es stand wirklich in der Zeitung.« Letzteres stimmte. Da hatte ich gelesen, dass ein Amerikaner fünf Millionen für eine Weltraumreise ausgegeben hatte.
    »Aber wenn deine Mutter Wissenschaftlerin ist, braucht sie für die Reise doch nicht zu bezahlen. Dann darf sie doch bei …«, Sascha überlegte, »bei einer normalen Reise dabei sein, oder?«
    Ich schaute hinunter. An der Innenkante meiner Turnschuhe klebte ein Haufen Sand. »Ach, meine Mutter wollte einfach mit dem Ami zusammen sein, glaube ich. Sie sagt, dass Leute erst richtige Freunde werden, wenn sie zusammen Dinge erleben. Na ja, und zusammen in den Weltraum zu fliegen ist doch ein ziemliches Erlebnis. Sie sagt auch, dass man gar nicht anders kann, als einen anderen zu mögen, wenn man ihn versteht.«
    Bestimmt war ich knallrot geworden. Mir platzte fast der Kopf.
    »Echt jetzt?«
    Warum fragte er das?
    »Meine Mutter ist Schriftstellerin, die muss es wissen.« Bei diesen Worten stieß ich mich mit aller Kraft ab.
    Sascha blieb still sitzen. »Aber hast du nicht gerade gesagt, dass sie Wissenschaftlerin ist?«
    »Sie kann doch beides sein, oder?«
    Zum Glück fing Sascha wieder an zu schaukeln. Die Eisenketten quietschten wie in einem Gruselfilm.
    Wir wurden immer schneller. Am höchsten Punkt war eine kleine Erschütterung spürbar, so hoch flogen wir.
    »Eins … zwei … und drei!«, rief Sascha und wir sprangen beide gleichzeitig ab und purzelten übereinander, und es fühlte sich weich und knochig zugleich an. Ich musste laut lachen und Sascha auch, und wir blieben eine ganze Weile so liegen.
     
    Als ich zurückkam, sah ich meinen blöden Vater durchs Schaufenster des Friseursalons. Er redete immer noch mit dieser Frau, mich hatte er wohl gar nicht vermisst. Heute hielt er einen »verkaufsoffenen Abend« ab, um neue Kunden zu werben. Da er aber gar kein Damenfriseur war, stellte er sich nicht besonders klug an, fand ich.
    In der Küche schmierte ich mir ein paar Brote. Heute war nicht nur Brot da, sondern auch Käse, Erdnussbutter und eine halbe Tüte Chips.
    Ich machte mir Brote mit Chips und ging wieder in den Garten. Am liebsten hätte ich meinem Vater von Sascha erzählt. Davon, dass er einmal ganz allein über Nacht an einen Baum gefesselt gewesen war. Dass sein Vater eine Freundin hatte. Vielleicht hätte ich ihm sogar von meinem Märchen erzählt. Vom Mutterschiff und dem Amerikaner und wie mir das herausgerutscht war. Aber mein Vater hatte sich das Kleid unter den Nagel gerissen.
    Vom Garten aus konnte ich ihn gut sehen, er mich aber nicht, weil ich im Dunkeln stand. Was, wenn er sich auch eine neue Freundin zulegte? Mit seinem dicken Bauch und den kleinen Augen und den ganzen Friseurprodukten im Haar. Und seinem

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