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Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition)

Titel: Olivia: Manchmal kommt das Glück von ganz allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jowi Schmitz
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merkwürdig, denn meistens war mein Opa eher streng und brummig.
    Ich durfte immer bei ihnen hereinschneien, wenn mein Vater zu viele Haare schneiden musste und meine Mutter gerade an einem Buch schrieb. Jetzt nahm ich mir vor, meine Großeltern in den Ferien anzurufen. Das hatte ich mir schon öfter vorgenommen, bisher hatte ich es aber nicht getan. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte, wenn Opa mich fragte: »Und? Wie ist es bei euch?« Und wenn ich ihm diese Frage stellte, war das auch doof. Außerdem fanden sie meinen Vater verantwortungslos, das habe ich sie selbst sagen hören. Und mein Vater hatte keine Eltern mehr, die ihn unterstützten, er hatte nur noch mich. Er war zwar blöd, aber trotzdem hatte er nur mich.
    Zu Hause durchsuchte ich das ganze Boot nach meinem Badeanzug. Er war gerade mal ein Jahr alt, ein ganz normaler schwarzer Badeanzug mit weißen Sportstreifen. Ich hatte mir noch nie den Kopf darüber zerbrochen, doch plötzlich fragte ich mich, ob er überhaupt schick genug war für ein Schwimmbad in der Stadt. Und schon stellte ich mir Milena in einem kleinen rosa Bikini vor.
    Ich nahm den Badeanzug mit in den Friseursalon, um die Sache mit meinem Vater zu besprechen. Wir hatten die ganze Woche nicht miteinander geredet, aber heute war Freitag. Ich hatte den Milchvorrat schon überprüft und setzte mich in den leeren Zahnarztstuhl, um zu warten, bis er mit seinem letzten Kunden fertig war. Ich meine, ich war zwar sauer auf ihn, aber das hieß noch lange nicht, dass wir keinen Kuchen essen konnten. Streit wollte ich nicht auch noch haben, ich hatte so schon genug Probleme.
    John, so nannte ich ihn zurzeit in Gedanken, nicht Papa. John.
    Wieder war Musa da, als ich in den Salon kam. Meistens musste ich mich »benehmen«, wenn Kunden da waren, doch der türkische Bäcker kam so oft her, dass ich nicht mehr überhöflich zu sein brauchte. »Ich möchte meine Frau überraschen«, sagte er immer mit seinem witzigen Akzent zu meinem Vater.
    Ich nahm an, dass seine Frau ihn alle paar Tage gründlich mit der Lupe untersuchte, wie sollte sie sonst erkennen, womit er sie überraschen wollte?
    »Ich habe nun mal einen kräftigen Bartwuchs«, erklärte mir Musa. Obwohl mein Vater sich immer Musas ganzen Kopf vorknöpfte, ging es dem Bäcker vor allem um seinen Schnauzer. Wenn der perfekt sitze, meinte er, sei seine Frau glücklich.
    Der Zahnarztstuhl hat eine Pumpe, die man mit dem Fuß bedient, dann geht der Stuhl hoch. Ein Hebel an der Seite sorgt dafür, dass er mit einem Seufzer wieder nach unten gleitet.
    Ich pumpte und ließ mich wieder hinunter, pumpte und ließ mich wieder hinunter. Im Spiegel spähte ich verstohlen auf den Schnauzbart von Musa.
    Er hielt die Augen geschlossen, weil mein Vater ihm den Kopf massierte. Ich schnitt mir im Spiegel Grimassen, und als ich genug davon hatte, drehte ich mich im Kreis.
    »Wie steht es mit den Finanzen?« Das fragte Musa mit geschlossenen Augen.
    Er redete gern über Geld, mein Vater nicht. Also führte er meist das Wort, doch diesmal antwortete mein Vater: »Nicht so gut. Aber hier oben«, er deutete mit der Schere in Richtung Decke, »wohnt anscheinend jemand, der sich damit auskennt.«
    Langweilig, dachte ich nur. Bei uns in der Familie machte man sich eben nichts aus Geld. Obwohl sie es nicht leiden konnte, hat meine Mutter sich immer um die Buchhaltung gekümmert. Gleich danach ist sie mit mir nach draußen gegangen. Spazieren. Oder Enten füttern. Ganz egal, Hauptsache, wir waren zusammen. »Es gibt eine Zeit für Geld und allzeit Zeit für Olivia«, hat sie dann gesagt.
    Ich trat gegen den Spiegel. Ganz sanft, aber anscheinend nicht sanft genug, denn mein Vater schickte mich weg.
    Ich ging in den Garten, Tanzschritte üben. Gleich würde es Kuchen geben, und morgen würde ich ins Schwimmbad gehen. Gute Aussichten. Ich machte anderthalb Pirouetten und stellte mich kerzengerade hin.
     
    »Krump?« Mein Vater kam in den Garten, er trocknete sich die Hände ab. Sein Blick war ernst.
    Ich tanzte auf ihn zu.
    »Ich weiß, dass heute Freitag ist.«
    »Kuchen, Kuchen«, sang ich im Takt zu meinen Schritten.
    »Es tut mir furchtbar leid, aber kann ich es heute einmal ausfallen lassen?«
    Ich hörte auf zu tanzen.
    »Ich habe nämlich eine wichtige Verabredung.«
    »Wieso?«
    Er zögerte. »Na ja, wegen Geld. Und so.« Er fummelte an seinem Handtuch herum. Das war es bestimmt, was mein Opa mit »Verantwortung übernehmen« meinte. Nichts für

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