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Olympos

Titel: Olympos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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sich in seiner tiefsten, klaffendsten Falte auftut. Schließlich reißt er dem alten Mann die Gedärme heraus und schlürft sie auf wie eine lange Nudel.
    »Macht dir das Spaß?«, fragt Prosperos Kopf, bevor auch er von grauen Fingerdaumen zerquetscht wird und ins Maul des Vie l händigen wandert.
    Die silbernen Tentakel am Strand flackern, die parabolischen Saugnäpfe an ihrem Ende leuchten. Prospero nimmt ein Stück weiter oben auf dem Strand wieder feste Gestalt an.
    »Du bist ein trüber Geist, Setebos. Immer zornig, immer hun g rig, aber ermüdend und trübe.«
    Ich werde dein wahres, physisches Ich schon finden, Prospero. Glaub mir. Auf der Erde, in ihrer Kruste, in den Tiefen ihres Meeres oder in ihrer Umlaufbahn, ich finde die organische Masse, die du einmal warst, und dann fresse ich dich in aller Ruhe auf. Daran besteht kein Zweifel.
    »Trübe«, wiederholt der Magus. Er wirkt müde und traurig. »Welches Schicksal deine Götter aus Lehm und meine Zeks hier auf dem Mars – und meine geliebten Männer und Frauen auf der Erde Iliums – auch erwarten mag, du und ich, wir sehen uns bald wieder. Diesmal auf der Erde. Bald wird unser langer Krieg u n widerruflich zu Ende sein, so oder so.«
    Ja. Das vielhändige Ding spuckt blutige Fetzen in den Sand, dreht sich auf seinen Unterhänden und trippelt ins Meer z u rück, bis von ihm nur noch ein blutiger Blas aus seinem halb unterg e tauchten Blasloch zu sehen ist.
    Prospero seufzt. Er nickt den Voynixen zu, geht zu den näch s ten KGMs hinüber und umarmt eines der kleinen grünen Männchen.
    »So gern ich mit euch sprechen und eure Gedanken hören wü r de, meine Lieben, mein altes Herz erträgt es nicht, heute noch mehr von euch sterben zu sehen. Bis ich also wieder hierher komme – in besseren Zeiten –, bitte ich euch, corragio! Habt Mut! Corragio!«
    Die Voynixe treten vor und schalten den Projektor ab. Der Magus löst sich in Luft auf. Sorgfältig falten die Voynixe die si l bernen Tentakel zusammen, tragen die Projektionsmaschine zur Dampfkarriole und verschwinden damit in deren rot e r leuchtetem Innern. Die Treppe fährt ein. Die Dampfmaschine tuckert lauter.
    Die Karriole dreht schnaufend einen schwerfälligen Kreis auf dem Strand, die Zeks treten schweigend beiseite, und dann ru m pelt die träge Maschine durch das Bran-Loch und ve r schwindet.
    Ein paar Sekunden später schrumpft das Bran-Loch selbst, fa l tet sich in seine elfdimensionale Weltfläche aus reiner farbiger Ene r gie zurück, schrumpft erneut und verschwindet abrupt.
    Eine Zeit lang ist nichts weiter zu hören und zu sehen als die l e thargischen Wellen, die an den roten Strand rollen. Dann löst sich die Zek-Menge auf; die KGMs begeben sich zu ihren Fel u ken und Lastkähnen, setzen die Segel und fahren zu den Steinköpfen z u rück, die sie noch behauen und aufstellen müssen.
     

21
    Noch während sie ihr Pferd antrieb und Athenes Speer zum tödl i chen Wurf hob, erkannte Penthesilea, dass sie zwei Dinge übers e hen hatte, die ihr Schicksal vielleicht besiegeln würden.
    Zunächst einmal wurde ihr – unglaublicherweise – klar, dass Athene ihr nie gesagt (und sie die Göttin auch nie gefragt) ha t te, welche Ferse des Männertöters verwundbar war. Penthesilea hatte angenommen, es wäre die rechte – dieses Bild sah sie vor sich, wenn sie sich vorstellte, wie Peleus das Baby aus dem Himml i schen Feuer zog –, aber Athene hatte keine genaueren Angaben gemacht; sie hatte nur erklärt, eine von Achilles ’ Fersen sei die e i nes Sterblichen.
    Penthesilea hatte durchaus vorhergesehen, wie schwierig es selbst mit Athenes verzaubertem Speer sein würde, die Ferse des Helden zu treffen – sie war der festen Überzeugung, dass Achilles nicht vor ihr weglaufen würde –, und darum hatte sie ihren Am a zonen befohlen, möglichst viele der Achäer hinter Achilles ni e derzumetzeln. Penthesilea hatte vor, den Speer just in dem M o ment nach der Ferse des fußschnellen Männertöters zu werfen, wenn er sich umdrehte, um festzustellen, wer ve r wundet und wer tot war, wie es jeder loyale Anführer tun wü r de. Doch damit diese Strategie aufging, musste sich Penthesilea ihrerseits bei dem A n griff zurückhalten und es ihren Schwestern überlassen, diese a n deren niederzustrecken, sodass Achilles gezwungen war, sich umzudrehen. Es widersprach Penth e sileas kriegerischem Wesen, nicht die Führung zu übernehmen, nicht als Erste in tödlichen Kontakt mit dem Feind zu treten, und obwohl

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