Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
ging.
Mitten im Gewusel sah er plötzlich seinen Freund Barni, den Autoschrauber, auf sich zukommen.
«Du, Barni, das passt gerade gar nicht», stöhnte er, während er unablässig weiter kassierte. «Moin, einmal fünf Euro …» Er drückte einem Mädchen einen Stempel auf die Hand.
«Langsam ist Schluss mit lustig, Arne, dass du das nur weißt», schimpfte Barni.
«Pass auf, ich mach dir einen Vorschlag: Du gehst mit den anderen in den Biergarten, und ihr bedient euch heute selbst. Die erste Runde geht auf mich, den Rest schreibt ihr auf einen Deckel.»
Er wusste, dass er seinen Freunden vertrauen konnte.
«Ich setz mich doch nicht in den Biergarten, wenn diese bescheuerte Teeniemusik aus dem Tanzsaal dröhnt», protestierte sein Freund.
Und das aus dem Mund des größten Hardrockers aller Zeiten! Der als Jugendlicher wegen seiner Musik einen regelrechten Krieg gegen seinen Vater geführt hatte. Der war nämlich Leiter der Feuerwehrkapelle gewesen und hatte die Plattensammlung seines Sohnes so abartig gefunden, dass er darüber in zig Leserbriefen im «Inselboten» abgelästert hatte. Wiederholte sich das Gleiche jetzt etwa bei den neuen Alten?
«Ich kann im Augenblick echt nichts machen …»
Er hätte gerade gut eine zweite Kasse gebrauchen können, um den Ansturm zu bewältigen.
«Die Doppelkopfrunde am Mittwoch ist gestrichen», erklärte Barni und stiefelte wütend davon. Arne fühlte sich mies, aber im Moment hatte er keine andere Wahl. Er hatte bereits an die 250 Jugendliche hereingelassen, was in Zahlen ausgedrückt fast 1300 Euro Umsatz bedeutete. Mit Cola und Schokoriegeln verdiente man zwar nicht so viel wie mit Alkohol, aber auch das würde sich läppern!
Eine halbe Stunde später hatte Arne alle abkassiert. Er ging hinein, um am Tresen mitzuhelfen. In der Eingangstür blieb er kurz stehen und sah wie ein Buddha mit sentimentalem Lächeln in den Raum. Fast kam er sich großväterlich vor. Dass er vor gar nicht langer Zeit tatsächlich Großvater geworden war, vergaß er hin und wieder. Zurzeit war seine Tochter Maria mit ihrem Mann Sönke und der kleinen Anna im Urlaub.
Im Prinzip war da noch alles, was es zu seiner Zeit auch gegeben hatte: Wie schon damals trauten sich die Mädchen als Erste auf die Tanzfläche, die Jungs trotteten hinterher und gaben sich dann übertrieben cool, um ihre Unsicherheit zu überspielen. Arne selbst war als Teenager immer sehr schüchtern gewesen, und bei seinen ersten Tanzversuchen hatte er ständig das Gefühl gehabt, sich vollkommen falsch zu bewegen. Mit dreizehn konnte so etwas über Tod oder Leben entscheiden!
Es gab immer noch die kichernden Mädchencliquen, in denen sich die Hässlichen als beste Freundinnen der Schönen andienten. Auf der anderen Seite lungerten die Jungen in Pulks herum. Was ihn freute: Die Coolen und Motzigen schienen nicht unbedingt die besten Chancen zu haben, wahrscheinlich weil die Mädchen die Unsicherheit dahinter spürten. Das Rennen machten eher die Jungen, die schnörkellos ehrlich auf die Mädchen zugingen.
Mit einem Anflug von Wehmut ließ er den Blick über die tanzende Menge kreisen, da entdeckte er plötzlich eine Person, die hier nicht reinpasste: Dort, wo vorher die Wäschemangel war, stand … Susanne Lindner! Was wollte die hier?
Es war ihr erstes Wiedersehen seit der Bootstour. Susanne sah gut aus mit ihren hochgesteckten Haaren. Jetzt setzte sie ihre Sonnenbrille ab und suchte seinen Blick. Es war klar gewesen, dass sie nach der Schaumdisco im Erdbeerparadies nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen würde. Ihre Augen verrieten alles. Sie drängelte sich durch die Teenies durch und winkte ihn zu sich.
«Ich muss dich sprechen, Arne», sagte sie, als er vor ihr stand.
«Moin, Susanne! Lass uns tanzen.» Völlig absurd, aber es war das Erste, was ihm eingefallen war. Er breitete seine Arme aus.
«Ich sagte sprechen !»
Wäre ja auch zu schön gewesen … Er atmete tief ein.
«Aber nur kurz. Du siehst ja, was hier los ist.»
Sie gingen zusammen hinaus auf den Parkplatz, auf dem die hohen Buchen inzwischen lange Schatten warfen.
«Also Folgendes, Arne», sagte sie. «Ich möchte nicht, dass du eine Anzeige bekommst …»
«Ich? Weswegen?»
Hier und da hatte sich Teenies zum Rauchen in die Büsche verdrückt, wollte sie ihm das vorwerfen?
Jetzt kam Jade heraus und stellte sich zu ihnen.
Susanne lächelte sie offen an: «Du bist Jade?»
«Wer will das wissen?», fragte seine
Weitere Kostenlose Bücher