Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
einmal ums Haus ging, sah sie Momme mit seinem Hund Thor auf der Terrasse sitzen. Den starken Wind, der um ihn herumstrich, schien er nicht einmal zu bemerken. Er trug ein langärmliges weißes T-Shirt und Jeans und sah umwerfend aus. Thor kam bellend und schwanzwedelnd auf sie zu, der Hund erkannte sie offensichtlich wieder. Sie streichelte ihn zur Begrüßung, dann wandte sie sich an Momme.
«Moin, Momme.»
«Moin, Jade.»
Er stand auf, sie umarmten sich kurz. Viel zu kurz, wenn man sie fragte. Aber es fragte sie niemand, deswegen blieb sie nach außen hin cool.
«Schaumparty gut überstanden?», fragte sie.
Er blickte an ihr vorbei in die Marsch.
«Meine Tante ist total durchgedreht, als sie gehört hat, dass ich bei euch auflege.»
«Ihr gehört das Island Palace, das weiß ich inzwischen auch.»
«Ich soll das Palace mal übernehmen.»
Sie überlegte.
«Und die Schaummaschine …?»
«… habe ich mir da geliehen.»
«Ohne, dass sie davon wusste?»
«Jep.»
Allein das hatte Susanne Lindner vermutlich zur Weißglut gebracht. Gut so!
«Du, ich habe hier ein altes Tonband gefunden», wechselte sie das Thema. «Kannst du so was auf CD überspielen? Ich glaube, Oma würde sich darüber freuen.»
Momme nahm das Band, ohne es anzusehen, und nickte.
«Kein Problem.»
«Super, danke.»
Sie nahm ihren ganzen Mut für eine Frage zusammen, auch wenn sie die Antwort schon kannte.
«Eigentlich wollte ich dich gerne noch mal fürs Paradies engagieren, samt Schaummaschine, aber wahrscheinlich ist das jetzt keine so gute Idee mehr …»
«Nee.»
«Übers Geld könnte ich noch mal mit Arne reden.»
Momme schüttelte den Kopf. «Susanne braucht mich jetzt täglich im Palace. Ich kann sie nicht hängen lassen.»
Nach dem Tod seiner Eltern gab es außer seiner Tante vermutlich niemanden, der ihm nahestand. Dass er sie nicht vor den Kopf stoßen wollte, konnte sie gut verstehen. Auf der anderen Seite war er erwachsen und konnte selbst entscheiden, wo er sein Geld verdiente.
«Ich will dir nicht zu nahe treten, aber hat man als gefragter DJ nicht das Recht, für mehrere Arbeitgeber zu arbeiten?»
«Klar. Aber ich liebe meine Tante und verdiene bei ihr im Palace gutes Geld. Warum sollte ich noch woanders mitmischen?»
Damit war das Thema für ihn offenbar beendet. Er ging mit ihr in sein Arbeitszimmer, wo er ein monströses Gerät aus einer Ecke zerrte und auf einen Tisch stellte. Sie staunte, dass es auf den Strom, der heutzutage aus der Steckdose kam, überhaupt reagierte. Momme spulte ihr Band auf eine Plastikspule, was noch richtige Handarbeit war. Fasziniert sah sie zu, wie er die klobigen Schalter auf dem Gerät bediente. Er machte das wie nebenbei und mit einer unglaublichen Schnelligkeit. Sie legte die Hand auf seinen Arm.
«So dringend brauche ich es auch wieder nicht.»
Das mit dem Arm war ein Versuch.
«Ach was, kein Ding.»
Er zog seinen Arm vorsichtig weg und schaltete das Gerät ein. Zusammen hörten sie, was kam. Erst rauschte es fürchterlich. Dann waren englische Wortfetzen zu vernehmen, zwei Männer scherzten über Germany , sagten irgendwas über einen gewissen «Bombing-Harris», dann sangen sie mit schaurigem Akzent «Min eilun feer», die Nationalhymne der Insel Föhr, was man kaum verstehen konnte. Es folgte «What shall we do with the drunken sailor» und ein englisches Lied, das sie nicht kannte. Schade, sie hatte gehofft, dass Oma darauf gesungen hätte.
«Muss uralt sein», sagte Momme.
«Auf der Spule steht 1960.»
Sie schnappte sich einen Comic-Band von Tom Breitenfeldt, der auf dem Tisch herumlag: «Der kleine König der großen Tiere». Die quietschvergnügten Cartoons brachten sie sogar in ihrer gedrückten Stimmung zum Grinsen. Währenddessen überspielte Momme das analoge Tonband auf einen digitalen Datenträger. Nach erstaunlich kurzer Zeit kam er mit einer CD wieder.
«Das Band kann ich noch bearbeiten», sagte er. «Dann geht das Rauschen weg, dauert aber ein bisschen.»
«Ich bezahle das natürlich.»
Plötzlich war ihr die ganze Situation peinlich, zumal er offensichtlich kein Interesse an ihr hatte. Was zwischen ihnen beim Tanzen gelaufen war, hatte ihm nichts bedeutet, das hatte sie missverstanden. Vermutlich war er zu allen Frauen so charmant.
«Quatsch.»
«Danke», sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Woraufhin er rot anlief – was ihr sehr gefiel …
«Wie läuft es so bei dir?», fragte er.
«Deine Tante hat gerade unsere Teeniedisco
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