Oma 04 - Omas Erdbeerparadies
Holz geschnitzt, oder was meinst du? Wenn du mal einen Job suchst, ruf mich gerne an. Jederzeit.»
Jade sah ihr verblüfft hinterher. Danach blieb sie noch ein bisschen auf dem Deich sitzen und dachte nach. Irgendetwas musste sie richtig gemacht haben, sonst hätte Susanne Lindner nicht das Gespräch mit ihr gesucht. Also weiter so!
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22.
Dessousladen
Der Menschenauflauf am Sandwall erinnerte bei diesem Sommerwetter wieder einmal an ein Volksfest, die Massen schoben sich eisschleckend vom Südstrand bis zum Hafen. Arne drückte sich vor Svantjes Dessousladen herum und linste durch die Schaufensterscheibe. Ob sie gerade eine Kundin hatte? Als Mann hatte er in ihrem Geschäft eigentlich nichts zu suchen, das war immer das Blöde, wenn er bei ihr vorbeikam und Lust hatte, ein bisschen zu quatschen. Es sei denn, er war zufällig gerade liiert und auf der Suche nach einem Geschenk. Das hatte er tatsächlich einmal probiert, und es war ein totaler Reinfall gewesen. Seine damalige Freundin hatte ihm vorgeworfen, er mache sie mit seinem Wäschepräsent zur Pornodarstellerin, und daraufhin Schluss gemacht. Was wiederum eine seiner Lieblingsthesen bestätigte: Es gab nichts, was Menschen mehr trennte als Humor!
Aber heute sah es gut aus, niemand war im Laden. Also nichts wie rein. Svantje stand im hinteren Teil und war gerade dabei, ein paar Tops zu bügeln, die bei der Lieferung im Karton geknickt worden waren. Selbst das Bügeln sah bei ihr irgendwie stilvoll aus. Sie war halt eine begnadete Tänzerin in jeder Lebenssituation, nicht nur auf der Tanzfläche im Erdbeerparadies.
«Moin, Svantje.»
Irgendwie war ihm immer etwas mulmig in ihrem Laden zumute: Überall an den Wänden hingen die Bilder dieser wunderschönen, leichtbekleideten Models, die ihn so direkt anflirteten, dass es ihn fast nervös machte.
«Moin, Arne, hü gongt et?»
«Das willst du nicht wissen.»
«So schlimm?»
«Ach, das wird schon wieder.»
«Und wie geht es Imke?» Svantje stellte das Bügeleisen zur Seite und fing an, ein paar Seidenstücke an einer Stange zu sortieren.
«Gut, danke.»
«Machst du das Erdbeerparadies eigentlich dicht, wenn du das Geld für die Beatles bekommst?»
Svantje war eine der wenigen, denen er von dem Tonband erzählt hatte.
«Nein, ich würde es umbauen.»
«Mit gläsernem Haifischbecken über der Tanzfläche?»
«Gute Idee. Aber als Erstes würde ich die Gruppen von früher einladen, als sie noch keiner kannte: Otto, Lake, Abi Wallenstein, Middle of the Road und so weiter. Außerdem dürften die Sturmflut-Wölfe so oft spielen, wie sie wollen. Und in der Kneipe würde ich kleine, feine Veranstaltungen machen, Lesungen oder so. Stell dir mal vor, Paul Auster liest im Erdbeerparadies!» Er blickte verträumt auf den himmelblauen Seiden-Morgenmantel, den Svantje in der Hand hielt. «Aber leider bleibt das nur ein Traum. Es ist gelaufen.»
«Wieso das denn?»
«Das Band ist weg. Momme hat seiner blöden Tante davon erzählt, und die hat es sich unter den Nagel gerissen.»
«Du, Arne …»
Svantje fuchtelte mit den Händen in der Luft rum und schien ihm irgendwelche Zeichen zu geben. Was sollte das?
«Weißt du, was sie behauptet?», fuhr er fort. «Ihr bescheuerter Hausmeister Jockel Frahm hätte die Musiker auf dem Band erkannt. Angeblich waren es Kumpels von ihm und nicht die Beatles. Ich glaube ihr kein Wort, die kriegt den Hals einfach nicht voll genug.»
«Arne, lass uns das ein andermal …»
«Ich werde die Lindner verklagen», unterbrach er sie, «und wenn es meine letzte Tat ist!»
Er blickte durch die Schaufensterscheibe aufs Meer, und sofort war seine schlechte Laune verflogen. Das Wasser lief auf und lud zum Baden ein, zumal die Sonne wieder hoch am Himmel stand. Dieser Sommer war wirklich ein Traum.
«Was meinen Sie?», hörte er hinter seinem Rücken eine Frauenstimme zu Svantje sagen. «Passt das, oder soll ich doch noch eins größer probieren?»
Svantje hatte also doch Kundschaft. Er drehte sich um. Und traute seinen Augen nicht. In der Umkleidekabine stand niemand Geringeres als Susanne Lindner, halb vom Vorhang verdeckt!
Es reichte, um ihre crémefarbene Unterwäsche zu erkennen.
Er war vollkommen baff.
«Red ruhig weiter, Arne», sagte Susanne und zog den Vorhang zu.
Was sollte er jetzt tun? Kein Fettnäpfchen konnte größer sein als das, in das er gerade getreten war. Andererseits sollte Susanne ruhig wissen, dass er sauer war.
«Das Band lag bei
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